Stellenabbau und schrumpfende Gewinne im deutschen Onlinehandel

Höher, schneller, erfolgreicher – für viele Jahre ging es für deutschen E-Commerce umsatztechnisch nur bergauf, vor allem während der Corona-Pandemie. Doch durch die Pleiten von Zalando oder myToys zeigt sich, dass nicht nur die Zahl der Gewinne teilweise stark fällt, sondern auch die der Arbeitsplätze. Was bedeutet das für die Zukunft des Onlinehandels in Deutschland?

Marktführer Amazon plant die Entlassung von mehr als 18.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – der bis dato größte Personalabbau in der fast 30-jährigen Geschichte des US-amerikanischen Onlinehändlers. Die Otto Group, primär bekannt für die deutschen Handels- und Dienstleistungsunternehmen Otto oder Quelle, schließt das Tochterunternehmen myToys, einen bekannten Spielwaren-Onlinehändler, mitsamt allen 19 Filialen im stationären Einzelhandel. 800 Arbeitnehmer werden hierbei entlassen. Auch beim 2008 gegründeten DAX-Unternehmen Zalando, einem der größten Onlineshops für Schuhe, Kleidung und Kosmetikartikel, fällt der operative Jahresgewinn von 468 auf nur noch 185 Millionen Euro.

Solche und ähnliche Hiobsbotschaften sind in der vergangenen Zeit keine Einzelfälle. Regelmäßig tauchen Meldungen über Insolvenzen und Geschäftsaufgaben selbst großer und bekannter Unternehmen auf, gefühlt werden regelmäßig viele Tausende Menschen im Einzelhandel und in der Online-Shopping-Branche entlassen. Trotz der momentan negativen Stimmung in unsicheren Zeiten bleiben die Prognosen für den Onlinehandel in Deutschland dennoch insgesamt optimistisch.

Das Ende der „goldenen Corona-Zeit“ im deutschen Onlinehandel

Vor allem in den letzten Jahren wurden aufgrund der Corona-Pandemie sowohl international als auch in Deutschland besonders in der E-Commerce-Branche sehr viele neue Stellen geschaffen und ebenso viele Menschen eingestellt. Innerhalb kürzester Zeit, vor allem während der Schließungen im stationären Einzelhandel in den Innenstädten und Einkaufszentren Deutschlands, wurden regelrechte Einstellungsmarathons abgehalten, um den damals entstandenen und enormen Bedarf an neuen Arbeitskräften im Onlinehandel decken zu können.

Doch mit der abklingenden Pandemie, allen damit verbundenen Einschränkungen und einer schwindenden Konsumlaune in Deutschland, ausgelöst durch die äußerst hohe Inflation oder Krisensituationen wie der russische Invasionskrieg in der Ukraine, kehrt auch wieder etwas frühere „Normalität“ in den Handel zurück. Die Folge: Spitzenwerte und Erfolgsgeschichten, wie sie vor allem 2020 noch üblich waren, sind Geschichte. Mit sinkenden Umsatzzahlen werden die 2020 schnell erschaffenen Stellen nun langsam wieder abgebaut, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg – wie etwa im Falle von myToys.

Im Vergleich zum Vorjahr ist der deutsche Onlinehandel ergo um etwa neun Prozent geschrumpft. Eine Besserung der Gesamtsituation beziehungsweise der zahlreichen teilverantwortlichen Krisen ist zum momentanen Zeitpunkt zwar größtenteils noch nicht in Sicht, Handelsexperten gehen aber dennoch davon aus, dass E-Commerce in Deutschland die schlimmste Zeit vorerst überstanden hat. Sie vermuten, dass ein erneuter Aufschwung bevorsteht, auch wenn die Hochzeiten der Corona-Pandemie nachvollziehbarerweise nicht mehr erreicht werden sollen.

Kommende Herausforderungen für den Online- und den stationären Handel

Deutlich düsterer sehen die Perspektiven für große Teile des stationären Einzelhandels aus. Nach den angekündigten Schließungen von myToys und den entsprechenden Filialen in Deutschland oder der im März 2023 beantragten Insolvenz in Form eines Schutzschirmverfahrens der Mode- und Textil-Einzelhandelskette Peek & Cloppenburg mit Sitz in Düsseldorf sind weitere Pleiten und Schließungen äußerst wahrscheinlich.

Stationäre Händler müssen ihre E-Commerce-Bemühungen in Zukunft also noch intensiver und vor allem kundenorientierter betreiben. Um mit der Bequemlichkeit des Bestellens bei den größten und erfolgreichsten Unternehmen des Onlinehandels mithalten zu können, muss der Handel in den Innenstädten und Einkaufszentren zukünftig verstärkt auf individuelle Vorzüge und Mehrwerte setzen, die reine Onlinehändler eben nicht bieten können, zum Beispiel in Form moderner Omnichannel-Strategien.