Greenwashing: Werbung für Klimaneutralität wird transparenter
Im Kampf gegen Greenwashing bei Unternehmen, vor allem im Bereich der Lebensmittelindustrie, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden, dass werbende und mehrdeutige Begriffe wie „klimaneutral“ auf Verpackungen oder in der Werbung künftig nur noch dann benutzt werden dürfen, wenn diese dort auch detailliert erklären, mit welchen Mitteln ein Hersteller Klimaneutralität und mehr Nachhaltigkeit erreichen will.
Unternehmen dürfen den Begriff „klimaneutral“ in ihrer Werbung nur dann nutzen, wenn sie detailliert erklären, was dahintersteckt. Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich gefällt. Der konkrete Fall betraf eine Werbekampagne des Süßwarenherstellers Katjes, der 2021 in einer Fachzeitschrift für Lebensmittel mit dem Schlagwort „klimaneutral“ warb. Auch auf den Weingummi-Verpackungen von Katjes war das Wort zusammen mit einem entsprechenden Logo aufgedruckt.
Die Wettbewerbszentrale, die für fairen Wettbewerb eintritt, sah hierin ein Problem. Laut Reiner Münker, Hauptgeschäftsführer der Wettbewerbszentrale, könnten Verbraucher ohne weitergehende Erklärungen annehmen, dass das Unternehmen alle Treibhausgasemissionen vermieden habe, was nicht der Fall war – ein klares Beispiel für Greenwashing.
„Klimaneutralität“ wird häufig für Greenwashing missbraucht
Der Bundesgerichtshof unterstützte diese Sichtweise. Der Begriff „klimaneutral“ könne unterschiedliche Interpretationen hervorrufen und die Verbraucher somit in die Irre führen, wenn Katjes diesen unkommentiert verwendet. Dies könne bedeuten, dass in den Fabriken von Katjes kein CO2 freigesetzt werde oder dass die Emissionen durch den Kauf von Klimazertifikaten kompensiert würden. Solche Zertifikate werden an Unternehmen vergeben, die Umweltprojekte finanziell unterstützen.
Der BGH betonte die hohen Anforderungen an umweltbezogene Werbebegriffe. „Wer in seiner Werbung einen mehrdeutigen, umweltbezogenen Begriff wie ‚klimaneutral‘ verwendet, muss bereits in der Werbung selbst genau erläutern, was damit gemeint ist, um Irreführungen zu vermeiden“, erklärte der Vorsitzende Richter des Senats, Thomas Koch. Ein einfacher Verweis auf weiterführende Informationen im Internet sei nicht ausreichend, entschied das Gericht.
Katjes zeigte sich überrascht von der Entscheidung, nachdem das Unternehmen in den Vorinstanzen gewonnen hatte. In einer schriftlichen Stellungnahme kündigte Katjes an, seine Klimaschutz-Bemühungen künftig deutlicher zu kommunizieren. Für die Verbraucher bedeutet dies, dass Werbebegriffe wie „klimaneutral“ weiterhin verwendet werden dürfen, allerdings müssen sie nun mit präziseren Informationen versehen sein.
Urteil mit möglicherweise weitreichenden Konsequenzen für zahlreiche Branchen
Die Wettbewerbszentrale begrüßte das Urteil. Münker betonte, dass die Entscheidung weitreichende Auswirkungen haben werde. Es gehe nicht nur um die Lebensmittelindustrie, sondern branchenübergreifend um alle Unternehmen, so Münker weiter.
Die Konsequenzen dieser Entscheidung sind höchstwahrscheinlich weitreichend. Nicht nur die Lebensmittelindustrie, sondern alle Unternehmen, die mit dem Begriff der Klimaneutralität werben möchten, sind betroffen. Angesichts der bevorstehenden Änderungen der EU-Vorschriften, die in etwa zwei Jahren in Kraft treten sollen, dürfte sich die Rechtslage weiter verschärfen. Dann wird Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ nur noch erlaubt sein, wenn die Produktion tatsächlich CO2-neutral ist.