VW erhöht Vorstandsgehälter

Während Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes gegen eine weitgehend unnachgiebige Arbeitgeberfront verbissen um den zumindest teilweisen Ausgleich ihrer Inflationsverluste kämpfen, gibt sich die Vorstandsebene beim Mobilitätsgiganten Volkswagen finanziell die Kante: Die jährliche Obergrenze für Vorstandschef-Gehälter soll von zwölf auf fünfzehn Millionen Euro klettern. 

Die geplante Honorarsteigerung erblickte in Form eines Vorschlags an die Aktionäre das Licht der Welt. Die komfortable Anhebung der Chefgehälter soll auf der Hauptversammlung am 10. Mai in Berlin zur Absegnung bereitstehen. Auch die übrigen Vorstandsmitglieder dürfen sich auf einen warmen Geldregen freuen. Ihre Gehälter sollen von 7 auf 8,5 Millionen Euro anwachsen.

Vorstandsbeschluss zu unpassender Zeit

„Der Aufsichtsrat hat beschlossen, das Vergütungssystem für die Vorstandsmitglieder der Volkswagen AG mit Wirkung zum 1. Januar 2023 anzupassen“, heißt es in der Einladung zur Hauptversammlung. Die Hoffnung der Chefetage, dass die massive Erhöhung der Vergütungen wie oft zuvor einfach durchgewunken wird, könnte sich dieses Mal möglicherweise nicht erfüllen. Zu stürmisch gestaltet sich derzeit das soziale Umfeld angesichts hoher Teuerungs- und Inflationsraten.

Nicht erst seit der Diesel-Abgasaffaire im Jahr 2013 steht das Unternehmen in der Kritik, seine Vorstandsgehälter nicht leistungsbezogen zu gestalten. Dem hält VW regelmäßig sein Hauptargument entgegen: Man müsse im Kampf um fähige Führungskräfte international konkurrenzfähig bleiben. Warum für dieses Ziel bereits im Unternehmen befindliche Topmanager trotz Fehlleistungen honoriert werden müssen, lässt der Autoproduzent allerdings unbeantwortet.

Hoher Anteil variabler Gehaltsanteile

Traditionell ist das Fixgehalt von VW-Vorständen sehr gering. Der Löwenanteil des im Endeffekt ausgezahlten Betrags stammt aus variablen Größen wie beispielsweise dem geschäftlichen Erfolg. Hier kommen zwei Parameter zur Anwendung: der Erfolg im aktuellen Jahr und ein Langzeitbonus, der auch die drei Vorjahre berücksichtigt. Branchenbeobachter sehen hier den Kern des Problems: Ausgehend von aktuellen und zurückliegenden Entwicklungen scheint sich die Führungsebene bei der Bewertung ihrer Topmanager von der realen Welt teilweise abgekoppelt zu haben.

Das Bewertungssystem bei Volkswagen hat beispielsweise dem früheren Konzernchef Martin Winterkorn Jahresgehälter bis zu 17 Millionen Euro beschert. Doch die Ermittlung der entsprechenden Erfolgsboni ist zwiespältig, besonders beim Langzeitbonus. Der Vergleich zwischen den einzelnen Jahren gestaltet sich in der Regel schwierig: Es gibt verschiedene Kategorien, Abschläge und Stufen, die in die Berechnung einfließen und das Ergebnis zu einem gewissen Teil zur reinen Interpretationssache machen.

Mehr Gehalt bei sinkenden Verkaufszahlen

Volkswagen begründet die bessere Honorierung seiner Chefetage mit gestiegenen Gewinnen in den letzten Jahren. Allerdings scheinen diese nicht hauptsächlich aus dem operativen Geschäft, sondern aus Sondereffekten zu stammen. Dafür spricht, dass der Konzern im gleichen Zeitraum sinkende Verkaufszahlen verzeichnen musste. Ob ein derartiges Szenario Anlass für eine kräftige Anhebung der Topgehälter sein kann, sei dahingestellt.

Mit einigen kosmetischen Maßnahmen möchte VW seinen Aktionären die geplante Anhebung der Vorstandsgehälter schmackhaft machen. So sollen verschiedene Zielwerte deutlich angehoben werden, beispielsweise für den Gewinn pro Aktie. Auch soll es für die VW-Topetage keine außerordentlichen Sonderboni mehr geben. Doch die wurden schon seit Jahren nicht mehr gezahlt – der Dämpfungseffekt hält sich also in Grenzen.

Für Vorstandschef Oliver Blume, der seine Position im September 2022 von Vorgänger Herbert Diess übernahm, sieht die Gehaltssituation allerdings jetzt schon mehr als erfreulich aus. Der Vergütungsbericht weist für ihn für die ersten sieben Monate fast 7,4 Millionen Euro aus.

Auch das Ausscheiden aus dem Autokonzern ist eine lukrative Angelegenheit. Herbert Diess erhielt für die letzten acht Monate im Amt 7,9 Millionen Euro, gefolgt von einer Abfindung in Höhe von 3,9 Millionen Euro nach dem Ausscheiden aus dem Vorstand. Ob der Manager auf seinem neuen Aufsichtsratsposten bei Infineon Jahresgehälter in gleicher Höhe erzielen kann, bleibt abzuwarten.