Threads: Twitter will Meta verklagen

Dass Metas neuer Kurznachrichtendienst Threads vom Konkurrenten Twitter nicht mit Freude aufgenommen wird, war abzusehen. Wie tief die Angst bei der Mutter aller Kurznachrichtendienste und ihrem neuen Chef Elon Musk sitzt, belegt die Klageandrohung, die die Twitter-Führungsetage nur Stunden nach dem offiziellen Start von Threads veröffentlicht hat.

Den Persönlichkeitsprofilen der beiden Firmenchefs entsprechend soll die Sache nun also strittig ausgetragen werden – nicht durch den angekündigten Käfigkampf Mark Zuckerberg gegen Elon Musk, sondern vor Gericht. Unterdessen tut Twitter alles, um das eigene Angebot durch Nutzungseinschränkungen und Preiserhöhungen bei den Kunden unbeliebt zu machen.

Twitter wittert Geheimnisverrat

Beim Aufbau des neuen, an Instagram gekoppelten Dienstes habe Meta sich “systematisch, willentlich und rechtswidrig Geschäftsgeheimnisse und andere immaterielle Güter von Twitter” angeeignet, heißt es in der Verlautbarung der Anwälte. Die Drohschrift kumuliert in einer eher ziellosen Forderung: Meta solle diese Praktiken unverzüglich beenden – wobei nicht näher formuliert ist, welche Praktiken im Detail gemeint sind.

Originellerweise gründet Twitter seine Behauptungen auf Umstände, die das Unternehmen selbst geschaffen hat. So unterstellt Twitter dem Zuckerberg-Konzern, ehemalige Twitter-Mitarbeiter rekrutiert zu haben, um an deren streng geheimes Wissen zu gelangen. In der Tat haben zahlreiche ehemalige Twitter-Mitarbeiter zu Meta gewechselt, nachdem große Teile der Belegschaft nach der Übernahme durch Elon Musk freigesetzt worden waren.

Die Twitter-Chefetage weist darauf hin, dass ihre ehemaligen Mitarbeiter weiterhin Stillschweigeabkommen und anderen vertraglichen Verpflichtungen unterlägen. Außerdem seien viele von ihnen noch im Besitz sensibler Dokumente und “elektronischer Geräte aus dem Eigentum Twitters”, womit wohl Firmen-Smartphones gemeint sind. Problematisch ist in diesem Zusammenhang allerdings die Behauptung Twitters, die entlassenen Mitarbeiter würden ihr Wissen nun aktiv in die Entwicklung und den Betrieb von Threads einbringen.

Noch keine Reaktion von Meta

Meta hat sich zu den Vorwürfen noch nicht offiziell geäußert. Ein nicht namentlich genannter Meta-Insider weist die Anschuldigungen pauschal zurück, das allerdings vorerst nur inoffiziell.

“Niemand im Programmierteam von Threads ist ehemaliger Twitter-Mitarbeiter”, so der Informant gegenüber dem Nachrichtenportal Semafor. Meta betont, bei der Entwicklung nur allgemein zugängliches Wissen und eigene Programmierleistungen verwendet zu haben.

Schwierige Rechtsposition für Twitter

Eine Klage von Twitter gegen Meta wegen Threads wäre nicht die erste juristische Auseinandersetzung zwischen den beiden Internetgiganten. Schon in der Vergangenheit gab es Streit um Patente, Datenschutz und Markenrechte. Eine Klage wegen Verletzung von Geschäftsgeheimnissen wäre jedoch eine neue Eskalationsstufe im Kampf um die Vorherrschaft im Social-Media-Bereich.

Die Erfolgsaussichten einer solchen Klage sind schwer einzuschätzen. Es kommt darauf an, ob Twitter beweisen kann, dass Meta tatsächlich Geschäftsgeheimnisse oder andere Rechte auf immaterielle Güter verletzt hat und ob diese einen wirtschaftlichen Wert haben. Außerdem müsste Twitter darlegen, welchen Schaden es dadurch erlitten hat oder noch erleiden könnte.

Die Unschuldsvermutung – eine Hürde für Twitter

Insbesondere Twitters Forderung nach vorlaufender Beweissicherung bei Meta dürfte wenig Chancen auf Erfolg haben. Letztendlich beruht dieser Wunsch auf der Annahme, ein Beschuldigter müsse beweisen, etwas nicht getan zu haben – eine in modernen demokratischen Rechtssystemen mehr als problematische Position.

Käme es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, wäre Metas Verteidigungsstrategie wohl die der pauschalen Zurückweisung aller Unterstellungen. Ausgehend von ähnlichen Prozessverläufen würde Meta wohl darauf hinweisen, nur allgemeines Wissen und branchenübliche Praktiken übernommen zu haben, so dass es sich bei Threads um eine unabhängige Entwicklung handelt.

Wie auch immer die Chancen stehen – eine Klage würde vermutlich einen langwierigen und kostspieligen Rechtsstreit nach sich ziehen, der beide Seiten viel Zeit und Geld kosten würde. Bei rational denken Unternehmensführern wären die Chancen groß, angesichts der unklaren Verhältnisse eine Verhandlungslösung zu suchen. Ob das bei Persönlichkeiten, die untereinander Käfigkämpfe austragen, auch so ist, bleibt abzuwarten.

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