Neuralink erhält keine Genehmigung für Humanexperimente

Dass Technologie-Guru Elon Musk Innovation gerne einmal vor Sicherheit stellt, zeigt sich unter anderem bei den autonomen Fahrfunktionen von Tesla-Autos, denen mehrere Unfälle mit Todesfolge nachgesagt werden. Beim Gehirnchip-Implantat von Musks Neurotech-Firma Neuralink scheint Ähnliches vor sich zu gehen. Ihrem Antrag, am 7. März mit Versuchen am Menschen zu starten, erteilte die Genehmigungsbehörde FDA erneut eine deutliche Absage.

Nach Elon Musks Robotertraum Optimus scheint nun auch der Gehirnchip eine der Technologieblasen zu werden, mit denen sich der exaltierte Unternehmer zu früh an die Öffentlichkeit gewagt hat. Die Vision ist durchaus faszinierend: Ein ins Gehirn implantierter Chip soll Krankheiten bekämpfen und die Denkfähigkeit derart steigern, dass sie mit Künstlicher Intelligenz konkurrieren kann. Im derzeitigen Stadium sei das Projekt allerdings noch viel zu riskant für den Versuch am Menschen, findet die Food and Drug Administration, die in den USA für die Zulassung von Medizinprodukten zuständig ist.

Bericht spricht von dutzenden Problemen

Mit dem anvisierten Meilenstein – dem Humanversuch – wird es bei Neuralink in absehbarer Zeit nun wohl nichts werden. Ein interner Bericht spricht von dutzenden Problemen, die der Chip in der realen Anwendung verursacht. Beim Einsatz am Menschen ist das Risiko ernster Hirnschäden wohl noch zu hoch.

Dabei waren die Erwartungen des Tech-Pioniers an den Chip so hoch: Menschen mit Rückenmarksverletzungen und Querschnittslähmungen sollen auf ihren Rollstuhl verzichten und wieder laufen können. Blinde sollen ihre Sehkraft zurückerhalten. Und gesunde Menschen können ihre geistige und körperliche Leistungsfähigkeit mit Hilfe des Gehirnimplantats auf Höchstleistung trimmen – Neuro-Tuning sozusagen. Selbst von Telepathie zwischen Neuralink-Anwendern ist die Rede. Doch daraus wird wohl in nächster Zeit nichts werden.

Die FDA stellt der Projektbeschreibung laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters erhebliche Sicherheitsbedenken entgegen. Die Behörde beruft sich auf Stellungnahmen ehemaliger Neuralink-Mitarbeiter, die von erheblichen technischen Schwierigkeiten berichten. Das größte Problem scheint dabei die in den Chip eingebaute Lithium-Batterie darzustellen.

FDA: Das Produkt nicht zu Ende gedacht

Die Einwände der FDA lassen darauf schließen, dass die Behörde zu großen Enthusiasmus bei zu geringem Sicherheitsbewusstsein befürchtet. So bestehe neben den Risiken der Batterie auch die Gefahr, dass die mikroskopisch feinen Drähte des Chips in andere Gehirnregionen wandern und dort Schäden verursachen.

Ein anderes Problem scheint aus der Frage zu erwachsen, wie mit dem Chip am Ende der Nutzungszeit oder bei einem gewollten Betriebsende durch den Anwender zu verfahren ist. Neuralink hat bisher kein sicheres Verfahren vorgestellt, wie sich der Chip gefahrlos wieder entfernen lässt, ohne Schäden am Gehirngewebe zu verursachen.

Keine endgültige Absage, aber ein deutlich erschwertes Verfahren

Die Verweigerung der FDA für den jetzt geplanten Start von Humantests bedeutet nicht das endgültige Aus für den Gehirnchip. Aber leichter wird es für Neuralink dadurch auch nicht gerade. Erfahrungsgemäß legt die Behörde nach einer Absage die Latte für folgende Zulassungsanträge erheblich höher. Elon Musks Neurotech-Unternehmen wird markante Fortschritte bei den inkriminierten Fragen vorweisen müssen, soll es jemals grünes Licht für Human-Experimente geben.

Dabei ist die FDA gegenüber Humanversuchen nicht grundsätzlich ablehnend eingestellt. Innerhalb der letzten drei Jahre hat die Behörde rund zwei Dritteln aller Anträge ihren Segen gegeben. Nach der zweiten Prüfung stieg die Genehmigungsquote sogar auf 85 Prozent. Daraus lässt sich schließen, dass Elon Musks Gehirnprojekt wohl mit einer sehr heißen Nadel gestrickt wurde – zu heiß für die Food and Drug Administration.