Insolvenzwelle in der Schuhbranche

Nach dem Insolvenzantrag der Osnabrücker Schuhhandelskette Reno folgt nun auch die Unternehmensmutter HR Group. Auch sie meldete Insolvenz an und kommt unter die Obhut des Sanierungsexperten Christian Gerloff. Auch ein anderes traditionsreiches Unternehmen im Schuhhandel ist in schwieriges Fahrwasser geraten.

Auf Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück übernimmt laut Recherchen der WirtschaftsWoche Christian Gerloff die Funktion des Insolvenzverwalters bei mehreren Firmen der Gruppe, darunter die Hamm Reno Group GmbH und die Mayer Systempartner GmbH. Damit musste eine der größten Schuhhandels-Unternehmensgruppen Europas als Folge der jüngsten konjunkturellen Turbulenzen das Handtuch werfen.

Schuldzuweisungen statt Lösungssuche

Mittlerweile ist zwischen den früheren Eigentümern und Reno ein Streit darüber ausgebrochen, wer für den aktuellen Niedergang verantwortlich ist. Käufer cm.sports gibt dem früheren Eigentümer der Reno-Kette die Schuld: Er habe nicht genügend Neuware geliefert, wie es im Übergabevertrag vereinbart war, was nach Ansicht des neuen Inhabers zum Niedergang der Handelskette wesentlich beigetragen habe. Man habe sich nicht an beim Verkauf vereinbarte Liefer- und Dienstleistungsverträge gehalten, so cm.sports.

Beim Verkauf der Kette im September 2022 seien zwischen der HR Group und cm-sports eine Reihe von Dienstleistungsverträgen abgeschlossen worden, um den Übergang für den Käufer so reibungslos wie möglich zu gestalten. Vor allem bei der Belieferung mit Neuware und bei der IT-Funktionalität sollten dadurch Ausfälle und Störungen vermieden werden, so ein Sprecher der HR Group.

Die Praxis sah allerdings anders aus. Nach Berichten von Mitarbeitern in mehreren Reno-Filialen kam dort viel zu wenig neue Ware an. Der Grund dafür könnte allerdings hausgemacht sein: Offenbar bestehen offene Forderungen gegenüber Reno in der Gesamthöhe von mehreren Millionen Euro, wie die HR Group erklärt. Nach der Übernahme durch cm.sport seien die Rückstände nicht ausgeglichen worden, was wohl eine Erklärung für den ausbleibenden Schuh-Nachschub ist.

Insolvenz als gezieltes Manöver?

Firmeninsider berichten, dass sich Reno auffällig rasch in Richtung Insolvenz bewegt hatte, nachdem cm.sports die Schuhhandelskette erworben hatte. Durch den Verkauf des Einzelhandels-Filialisten wollte die HR Group zu ihren Wurzeln zurückkehren und sich wieder verstärkt auf den Großhandel konzentrieren. Offenbar kam der Schritt zu spät – auch HR konnte sich dem Abwärtstrend nicht mehr entziehen.

Sprecher der HR Group weisen allerdings jede Schuld an der misslichen Lage und der daraus entstandenen Insolvenz von sich. Man habe sich an die Verträge gehalten, die klar und eindeutig formuliert seien. So habe die Gruppe das Recht, weitere Warenlieferungen zu stoppen, wenn es innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht zur Bezahlung bereits gelieferter Ware komme.

Allerdings hat die dadurch ausgelöste Schieflage bei Reno auch wirtschaftliche Auswirkungen auf die Unternehmensmutter – auch nach dem Einstieg des cm.sports-Investors Christian Müller. So wird HR wohl die nicht bezahlte Ware abschreiben müssen – eine der Ursachen für die nun anstehende Insolvenz.

Eine komplette Branche in unruhigem Fahrwasser

In den letzten Monaten kam es wiederholt zu Problemlagen im Schuh-Einzelhandel. So musste auch die Schuhhandelskette Görtz Ende 2022 Insolvenz anmelden, wurde dann allerdings zumindest vorerst von einem Investor gerettet. Auch das Traditions-Schuhhaus Salamander musste sich unter ein Schutzschirm-Insolvenzverfahren begeben, um seine Konsolidierung zu betreiben. Mutterkonzern Ara hatte für seine Tochter diesen Schritt eingeleitet, um das Traditionsunternehmen zu erhalten.

Ob es zu weiteren Insolvenzen in der Schuhbranche kommen wird, hängt vor allem von der konjunkturellen Entwicklung ab. Offenbar gehören Schuhe zu den Konsumgütern, die Verbraucher bevorzugt hintanstellen, wenn es zu wirtschaftlichen Engpässen kommt.

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