Inflation international – Wo die Preissteigerungen am höchsten ausfallen

Mit einer Inflation von etwa 8 Prozent erreicht Deutschland einen neuen und traurigen Rekord – seit der Wiedervereinigung waren Preissteigerungen und die Entwertung des Geldes nicht mehr so hoch wie in den vergangenen zwölf Monaten. Ein Ende ist nicht in Sicht – Experten rechnen in Kürze mit einer Inflation von 10 Prozent und mehr. Ein schwacher Trost: Im internationalen Ländervergleich ist die Situation in Deutschland noch harmlos.

Laut Economic Experts Survey des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo) und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik hat eine Umfrage mit über 100 Ländern ergeben, dass die weltweite Inflationsrate im Jahr 2022 durchschnittlich bei 7,7 Prozent liegt. Deutschland liegt damit mit etwa 7,9 Prozent also ziemlich genau im Mittelwert. Doch international schwanken die Raten für die momentane Inflation teils extrem. Selbst dreistellige Werte sind in einigen Ländern zu beobachten.

Steigende Energiekosten treiben die Inflation weiter nach oben

Mit einer Verteuerung von 35,6 Prozent ist Energie das Element, welches die Inflation in Deutschland am deutlichsten nach oben treibt. Zwischen August 2021 und August 2022 sind auch die Preise für Lebensmittel um 16,6 Prozent angestiegen. Trotz dieser Rekordwerte – eine Inflation von etwa acht Prozent gab es seit der Wiedervereinigung Deutschlands noch nie – liegt die BRD immer noch leicht unter dem Durchschnitt der 19 Länder, welche den Euro als Währung führen. In diesen liegt die Inflation durchschnittlich bei etwas über 9 Prozent. Das stellt seit der Einführung des Euro ebenfalls einen Negativrekord dar. Zu den Hauptursachen gehören, so Experten, der Angriffskrieg auf die Ukraine und ausbleibende Gaslieferungen aus Russland.

Trotz der teils massiven Preiserhöhungen bei Energie (38,6 Prozent) oder Lebensmittel, Tabak und Alkoholika (10,6 Prozent) im europäischen Raum sind nicht alle Euro-Länder gleich schwer von der steigenden Inflation betroffen. In Frankreich (6,6 Prozent) oder Malta (7,0 Prozent) fällt diese etwa geringer aus als in anderen Ländern. Besonders hart getroffen hat es hingegen Spitzenreiter Estland mit einer Inflation von 25,2 Prozent, Lettland mit 21,4 Prozent sowie Litauen mit 21,1 Prozent.

Dass die Preissteigerungen in den baltischen Staaten so hoch ausfallen, liegt unter anderem daran, dass diese von landwirtschaftlichen Importen, zum Beispiel Dünger, aus Russland, Belarus und der Ukraine besonders abhängig sind. Da diese aus den genannten Ländern momentan nicht mehr möglich sind, müssen die Staaten auf wesentlich kostspieligere Alternativen aus Finnland und Schweden setzen.

Europäische Länder, welche jedoch nicht zum Euro-Raum gehören, sind ebenfalls stark betroffen. In Tschechien liegt die Inflationsrate mit 17,2 Prozent auf dem höchsten Wert seit fast 30 Jahren, in Polen beträgt diese immerhin noch 16 Prozent. Auch Großbritannien musste einen Wert von etwa zehn Prozent vermelden.

Besonders kritisch sieht die Lage allerdings in der Türkei aus. Die Preissteigerungen fallen hier so extrem aus wie seit einem knappen Vierteljahrhundert nicht mehr. Mit einem Wert von mehr als 80 Prozent fällt die Inflation hier am höchsten aus. Die Preise für Treibstoff und Transporte sind allein im August 2022 um 117 Prozent gestiegen. Lebensmittel, Getränke, Haushaltsgeräte oder Möbel sind mehr als 90 Prozent teurer als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Erschwerend wirkt sich zudem der besonders schwächelnde Kurs der türkischen Währung Lira aus, welche seit 2021 mehr als 70 Prozent ihres Wertes eingebüßt hat.

Hyperinflation – Absurde Ausnahmesituation oder mögliches Szenario in Europa?

Doch im Vergleich zu anderen, entfernteren Ländern der Welt sind diese Werte geradezu unspektakulär. Auf dem globalen Inflationspodest steht Simbabwe momentan ganz oben – aufgrund nationaler Probleme mit wechselnden Währungen und der Schwäche der 2019 wiedereingeführten Landeswährung, dem Simbabwe-Dollar, liegt die Inflationsrate dort bei 285 Prozent.

Auch im Libanon, der gerade die größte Wirtschaftskrise seiner Geschichte erlebt, sieht die momentane Situation nicht viel besser aus. Dort lag die Inflation im August 2022 bei etwa 168 Prozent. Das libanesische Pfund hat an 90 Prozent seines Wertes eingebüßt, zudem sind die Lebensmittelkosten um 500 Prozent gestiegen. Ein essenzieller Grund dafür ist der anhaltende Krieg im benachbarten Syrien, durch welchen unter anderem wichtige Einnahmen durch den Tourismus weggefallen sind.

Negativer Spitzenreiter in Lateinamerika ist nach wie vor Venezuela. Noch vor Argentinien mit einem Wert von 78,5 Prozent liegt das Land mit einer Inflation von 114 Prozent klar an der Spitze der Preiserhöhungen für Energie, Lebensmittel und Dienstleistungen. Interessanterweise liegt Venezuela mit diesem Wert immer noch auf dem Weg der Besserung – noch 2020 lag die Inflationsrate dort nach Angaben der Zentralbank BCV bei 2959 Prozent.