Halbleiterriese TSMC meldet Zweifel an neuem Werk in Dresden an

Für die geplante Gigafabrik in Dresden sei längst noch nicht alles in trockenen Tüchern, so Mark Liu, seines Zeichens Verwaltungsratschef der weltgrößten Halbleiterproduktstionsstätte in Taiwan. Vor allem auf drei Gebieten gebe es noch Klärungsbedarf, so der TSMC-Chef. Angesichts der Gesamtsituation auf dem Chipmarkt und Lage bei TSMC selbst drängt sich allerdings der Verdacht auf, es könne sich hauptsächlich um Verhandlungstaktik handeln.

So sei zu befürchten, dass es bei den Lieferketten in Deutschland zu empfindlichen Unterbrechungen kommen könne, so Mark Liu. Da Lieferketten – besonders im Bereich Hochtechnologie – in der Regel international angelegt sind, stellt sich die Frage, welche Form von Problemen der TSMC-Chef wohl innerhalb Deutschlands befürchten könnte, insbesondere angesichts der Tatsache, dass länderübergreifende Lieferketten meist wieder einwandfrei funktionieren.

Fachkräftemangel als Standortnachteil

Mehr Substanz haben da schon Mark Lius Bedenken bezüglich der Verfügbarkeit von Fachkräften. Der Unternehmenschef befürchtet, das nötige Personal nicht innerhalb Deutschlands rekrutieren zu können. Tatsächlich ist der Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften ein Problem, dass Deutschlands Wirtschaft vor große Herausforderungen stellt.

Allerdings bietet Mark Liu auch eine Lösung für dieses Problem an: Deutsche Studenten könnten Ausbildungsgänge an Universitäten und Hochschulen in Taiwan belegen, um so den Fachkräftemangel im Bereich Chiptechnologie zu lindern. Sollte dieser Plan umsetzbar sein, dürften sich damit Engpässe nicht nur bei TSMC beheben lassen.

Hohe Erwartungen an staatliche Förderung

Unterschwellig bedrohlich sind die Bemerkungen des TSMC-Chefs zur Frage der staatlichen Förderungen für die Ansiedlung in Dresden. Man wisse noch nicht, wie hoch sie ausfallen würde, so Mark Liu, aber das sei noch nicht einmal die Hauptsache. “Wir hoffen, dass keine Bedingungen daran geknüpft werden”, sagt der Verwaltungsratschef und macht damit deutlich, dass das Unternehmen einen deutlichen Kotau seitens der Bundesregierung voraussetzt.

Angesichts der im März angekündigten Machbarkeitsstudie zur geplanten Dresdner Fabrik gewinnt die Aussage zur staatlichen Förderung zusätzliches Gewicht. Offenbar geht es darum, Druck auf die Politik auszuüben, die händeringend nach Möglichkeiten sucht, durch nationale Produktionsstätten die Abhängigkeit von den Lieferquellen in Fernost zu verringern.

Gesichtswahrender Rückzug als taktische Reserve?

Der forsche Auftritt bei den Überlegungen zur Niederlassung in Dresden könnte allerdings auch mit Problemen im eigenen Haus zusammenhängen. Wegen der aktuell schwachen Nachfrage geht TSMC für 2023 nur noch von Investitionen am unteren Ende des geplanten Volumens aus.

Das Dresdner Werk entstammt offenbar noch einer Phase optimistischerer Prognosen. Statt der ursprünglich anvisierten Investitionssumme von 36 Milliarden US-Dollar wird es 2023 wohl nur noch für 32 Milliarden reichen. Ob sich die Einsparungen auch auf die Niederlassung in Dresden beziehen könnten, ist bislang unklar. Möglicherweise hält sich TSMC über die hohe Erwartungshaltung den Weg zu einem gesichtswahrenden Rückzug offen, sollte sich die Situation nicht in absehbarer Zeit bessern.

TSMC zeigt sich verhalten optimistisch

Offenbar präsentiert sich die Situation auf dem Halbleitermarkt auch für die TSMC-Führungsetage derzeit noch unübersichtlich. Für das erste Halbjahr erwartet das Unternehmen einen Umsatzrückgang um etwa zehn Prozent. Auch der Erlös aus dem Gesamtjahr wird wohl spürbar einbrechen. Ob die verkündete Erwartung eines starken Wachstums im Folgejahr nur Zweckoptimismus oder das Ergebnis fundierter Analysen ist, lässt sich aus den gemachten Aussagen nicht ableiten.

Insbesondere die anhaltend trübe Laune bei den Verbrauchern macht Halbleiterherstellern seit einigen Monaten zu schaffen. Dazu kommt die unerwartet schwache Erholung in Chinas Wirtschaft nach dem offiziell verlautbarten Ende der Corona-Krise.

Dennoch sieht man bei TSMC ein deutliches Licht am Ende des Tunnels. Wenn die Computer- und Smartphonehersteller im zweiten Halbjahr ihre Überhänge bei den Elektronikbauteilen in ihren Produkten verwendet haben, soll es mit der Nachfrage nach Chips wieder deutlich bergauf gehen. Trifft das zu, kann es für das Werk in Dresden das ersehnte Happy-End geben.

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