Gustav Klimts “Dame mit Fächer” erzielt europäischen Rekordpreis
Ob der asiatische Flair des Gemäldes der Grund dafür ist, dass ein Bieter aus Hongkong den höchsten bei einer europäischen Auktion gezahlten Preis bot, ist nicht bekannt. Tatsächlich ging das Bild “Die Dame mit Fächer” für umgerechnet 99,2 Millionen Euro an einen Sammler in der ehemaligen britischen Kronkolonie. Das sei ein Europarekord, verkündet das Auktionshaus Sotheby’s, das die Versteigerung in London durchgeführt hat. Die beauftragte Bieterin ist für das berühmte Haus keine Unbekannte.
Die rund zehn Minuten andauernde Bieterschlacht fand in gewissem Sinn unter guten Bekannten statt. Der Bedeutung des Kunstwerks angemessen leitete keine Geringere als Helena Newman die Auktion, ihres Zeichens Vorsitzende von Sotheby’s und Leiterin der internationalen Sparte Impressionist and Modern Art. Den Zuschlag erteilte sie schließlich Patty Wong, die im Auftrag des Sammlers im Saal anwesend war. Damit ersteigerte eine Ex-Kollegin das Kunstwerk: Patty Wong war rund 30 Jahre Mitarbeiterin bei Sotheby’s, bis sie sich Ende des letzten Jahres als Kunstberaterin selbständig machte.
Zweite Rekordversteigerung bei Sotheby’s
Das Gemälde “Dame mit Fächer” des österreichischen Künstlers Gustav Klimt hat nicht nur den Rekord für den höchsten Verkaufspreis in Europa eingestellt – vor der Skulptur “L’homme qui marche I” des Schweizer Künstlers Alberto Giacometti, die ebenfalls in London und ebenfalls durch Sotheby’s für umgerechnet 75,6 Millionen Euro versteigert wurde.
Gleichzeitig gab es mit umgerechnet 95,4 Millionen Euro für die Fächer-Dame auch das international höchste Gebot, das jemals für ein Klimt-Gemälde abgegeben wurde. Damit bestätigt sich Europa erneut als einer der wichtigsten Orte für den weltweiten Kunsthandel.
Das letzte Porträt des österreichischen Künstlers
Gustav Klimt (1862 – 1918) war der berühmteste Vertreter das Jugendstils und Gründer der Künstlervereinigung Wiener Secession. Nur noch wenige seiner Gemälde sind derzeit in Privatbesitz. “Die Dame mit Fächer” ist eines von zwei Gemälden, die sich beim Tod des Künstlers noch in seinem Atelier befanden und daher als unvollendet gelten.
Wen die Dame mit dem Fächer darstellt, ist unbekannt, da es sich nicht um eine Auftragsarbeit handelt, wie bei vielen anderen Portraits des Künstlers. Der asiatische Einfluss des Gemäldes geht auf den Hang des Jugendstils zu fernöstlicher Ornamentalistik zurück. Doch auch Gustav Klimt selbst war ein bekannter Liebhaber japanischer und chinesischer Kunst. In seinem Heim und im Atelier war er oft in einem Kimono anzutreffen.
Die Rekordversteigerung der Dame mit Fächer präsentiert den Kunstmarkt in Europa trotz der Corona-Pandemie und des Brexits in Höchstform. Die Nachfrage nach hochwertigen Werken ist weiterhin stark, vor allem aus Asien. Das Auktionshaus Sotheby’s sprach angesichts der jüngsten Auktion von einem “historischen Moment” und einem “Meilenstein” für die europäische Kunstgeschichte. Das Gemälde sei ein Meisterwerk und ein “Zeugnis von Gustav Klimts künstlerischer Genialität”.
Mangel an Klimt-Kunstwerken
Die Tatsache, dass sich nur wenige Bilder von Gustav Klimt in Privatbesitz befinden, hat sowohl für Sammler als auch für das allgemeine Publikum Vorteile. Der Großteil der Werke des ikonischen Malers befindet sich in Museen und öffentlichen Sammlungen, was sie für die Allgemeinheit zugänglich macht. Für Sammler ist die geringe Zahl der verfügbaren Objekte ebenfalls ein starker Anreiz, denn das macht Werterhalt und hohe Wertsteigerungssraten möglich.
Der jüngste Verkauf in London und der neue Europarekord stellen nicht den Höhepunkt bei den Verkaufserlösen für Klimt-Gemälde dar. Das zeigt sich insbesondere bei Privatverkäufen abseits der bekannten Auktionshäuser. So ging das Portrait der Adele Bloch Bauer für 135 Millionen Dollar an die Neue Galerie in New York. Der Verkauf des Werks “Wasserschlangen II” soll Gerüchten zufolge sogar rund 200 Millionen Dollar erbracht haben.