Große Pläne bei Pfizer

Stimmen die Recherchen des Wall Street Journal, plant Pharmariese Pfizer einen Mammut-Deal. Offenbar laufen bereits Verhandlungen über die Übernahme des Biotech-Unternehmens Seagen. Die Firma hat vor allem mit der Entwicklung neuartiger Krebstherapien auf der Basis monoklonaler Antikörper von sich reden gemacht.

Noch befinden sich die Gespräche in eine frühen Stadium, sind aber nach Insiderberichten über die Sondierungsphase hinaus. Sollte es zu einer Übernahme kommen, steht der letzten Börsenbewertung zufolge ein Übernahmepreis von weit über 30 Milliarden Dollar im Raum. Offenbar befeuert bereits das Gerücht die Börsenphantasie: Der Kurs der Seagen-Aktie legte unmittelbar nach Veröffentlichung der Meldung um satte elf Prozent zu.

Großübernahme als Konjunkturindikator

Kommt es zu dem Deal, wäre das bereits die zweite große Übernahme in kurzer Zeit. Damit verfestigt sich ein Trend, den Marktbeobachter bereits seit einiger Zeit kommen sehen: die Belebung des Pharmasektors durch markante Fusionen und Übernahmen.

Wirtschaftsprüfer PwC sieht eine deutliche Erholungsphase nach dem Rückgang im Vorjahr. Alleine 2023 sollen über Fusionen und Übernahmen rund 225 bis 275 Milliarden Dollar den Eigentümer wechseln – das ist in etwa der Wert vor dem Rückschlag im Jahr 2022. Auch die Dealgrößen sollen sich wieder an früheren Werten orientieren. PwC rechnet mit Transaktionssummen bis 40 Milliarden Dollar.

Den Hauptanteil bei Übernahmen und Fusionen sieht der Wirtschaftsprüfer allerdings eher im mittleren Transaktionsbereich. So hat das Münchner Biotech-Unternehmen Amgen im Dezember die Übernahme des irischen Pharmaunternehmens Horizon zu 28 Milliarden Dollar auf den Weg gebracht.

Seagen: die Braut, die sich nun doch traut

In der Biotech-Branche gilt Seagen schon seit längerer Zeit als einer der aussichtsreichsten Übernahmekandidaten. Das Unternehmen hat bereits einige Übernahme- und Fusionsangebote abgelehnt, darunter eine Offerte des Pharmariesen Merck & Co. Offenbar konnten sich die Partner nicht über die Aussteuer – sprich: den Übernahmepreis – einigen.

Mit Pfizer hat sich nun ein äußerst potenter Bräutigam an das aufstrebende Unternehmen herangewagt. Gemeinsam mit Biontech hat das Unternehmen mit seinem COVID-Impfstoff über 90 Milliarden Dollar Umsatz erzielt und seine Marktposition spürbar gefestigt. Dadurch stehen genügend Mittel zur Verfügung, um Seagen ein Angebot zu unterbreiten, dass sich nur schwer ablehnen lässt.

Neue Marktpositionierung bei Pfizer

Die Übernahme von Seagen ist für Pfizer vor allem eine Investition in die Zukunft, denn die positive Entwicklung der beiden vergangenen Jahre wird sich in dieser Form nicht fortsetzen. So muss Pfizer am Ende der Pandemie mit einem starken Rückgang bei den Erlösen aus dem Verkauf seines Corona-Impfstoffs rechnen. Auch steht das Ende der Laufzeit bei einigen strategisch wichtigen Patenten bevor.

Diesen drohenden Rückschlägen will Pfizer durch die Positionierung in anderen aussichtsreichen Produktfeldern entgegenwirken. Über den Erwerb von Seagen bekommt der Pharmariese einen Fuß in das lukrative Geschäft mit innovativen Krebstherapien mittels Antikörper-Konjugaten. Seagen hat bereits für vier derartige Wirkstoffe die Zulassung und konnte damit 2022 rund zwei Milliarden Dollar Umsatz erzielen.

Das ist Wasser auf die Mühlen des Pharmaunternehmens, das sich vorgenommen hat, bis 2030 durch Zukäufe 25 Milliarden zusätzlichen Umsatz zu generieren. Pfizer ist dabei bereits seit zwei Jahren auf einem guten Weg: Durch die Übernahme der Biotech-Unternehmen Arena, Biohaven, Global Blood Therapeutics und Reviral hat der Pharmariese eigenen Angaben zufolge bereits rund 10,5 Milliarden Dollar Mehrumsatz erzielt. Der Erwerb von Seagen wäre ein weiterer wichtiger Schritt hin zum großen Ziel.

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