Erster AfD-Landrat: Keine gute Nachricht für Deutschlands Wirtschaft

Robert Sesselmann, Rechtsanwalt und Landtagsabgeordneter in Thüringen, leitet möglicherweise eine politische Zeitenwende in Deutschland ein – die erste nach Ende des Zweiten Weltkriegs: Er ist der erste Landrat, der von der AfD kommt. Beobachter befürchten den Beginn eines Trends, der sich vor allem in den östlichen Bundesländern fortsetzen könnte – mit katastrophalen Auswirkungen auch auf die Wirtschaft der Bundesrepublik. Eine Abwägung.

Nach der Stichwahl im Kreis Sonneberg kommt Robert Sesselmann auf ein Wahlergebnis von 52,8 Prozent – selbst für Thüringen ein alarmierender Wert. Auch, wenn ein Großteil der Wähler den AfD-Politiker wegen des Unmuts über die Regierungspolitik gewählt hat, nicht aus Überzeugung über die politischen Ziele der rechtsextremen Partei, sind die Signale dieser Wahl an die Welt nicht geeignet, Deutschlands Ansehen zu stärken – und mit ihm die Chancen für den nationalen Außenhandel.

Druck auf den Euro

Die AfD lehnt auch heute noch den Euro als gemeinsame Währung ab und fordert eine Rückkehr zur D-Mark oder eine geordnete Auflösung der Eurozone. Sie ist gegen die Rettungspakete für überschuldete Mitgliedstaaten und plädiert für einen Austritt Deutschlands aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Der Euro schwäche Deutschland wirtschaftlich und untergrabe die Souveränität des Landes – so die offizielle Position der AfD.

Die Vorteile, die der Euro für Deutschland gebracht hat, blenden die Rechtspopulisten aus. Dass die gemeinsame Währung den Handel innerhalb der EU erleichtert, die Transaktionskosten senkt und die Preisstabilität fördert – für AfD-Ideologen kein Thema. Auch die auf dem Euro basierende verbesserte Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt, basierend auf einem relativ schwachen Wechselkurs, scheint der AfD kein Lob wert zu sein. Stattdessen die Forderung nach dem Austritt aus dem Euro-Verbund – ein Schritt, der nichts weiter bringen würde als erhebliche wirtschaftliche Turbulenzen, Unsicherheiten und Kosten, sowohl für Deutschland als auch für seine Handelspartner.

Freihandel als Universallösung

Die AfD befürwortet den Abbau von Handelsbarrieren und die Liberalisierung des Welthandels. Sie ist gegen protektionistische Maßnahmen und staatliche Eingriffe in den Markt, begleitet von mehr bilateralen Abkommen. Nach Auffassung der AfD führt Freihandel zu mehr Wohlstand, Innovation und Beschäftigung, ungeachtet aller gegenteiligen Erkenntnisse und Erfahrungen.

Dass sich der Freihandel desaströs auf zahlreiche Sektoren und Regionen der deutschen Wirtschaft auswirkt, scheint den Wirtschaftsreferenten der rechtsextremen Partei wenig auszumachen. Der durch Freihandel intensivierte Wettbewerbsdruck führt unweigerlich zu destruktivem Strukturwandel, Arbeitsplatzverlusten und sozialer Ungleichheit. Dazu käme die erzwungene Anpassung an internationale Standards und Regeln, die nicht selten im Widerspruch zu deutschen Interessen oder Werten stehen. Dass Freihandel zudem Umwelt- und Menschenrechtsprobleme verschärfen kann, scheint für die AfD-Polikologen in den Bereich hinnehmbarer Kollateralschäden zu gehören.

AfD und Sozialstaat – ein Feindbild

Man wolle dem Volk den Staat zurückgeben – das ist eine der zentralen Propagandaparolen der Rechtspopulisten. Die gelebte Wirklichkeit würde allerdings grundsätzlich anders aussehen, hätte die AfD Regierungsverantwortung. Die Partei setzt sich für eine radikale Deregulierung und Entbürokratisierung der deutschen Wirtschaft ein. Sie will die öffentlichen Ausgaben kürzen, die Steuern senken und die Subventionen reduzieren. Sie will auch die Sozialversicherungssysteme reformieren und die Leistungen begrenzen. Das führe zu mehr Effizienz, Eigenverantwortung und Wachstum – behauptet die AfD.

Die Wirklichkeit sieht anders aus. Radikale Deregulierung steht in direktem Widerspruch zur sozialen Funktion eines demokratischen Sozialstaats wie Deutschland. Denn der Sozialstaat hat nicht nur die Aufgabe, Armut und soziale Ausgrenzung zu bekämpfen – er soll auch den sozialen Zusammenhalt und die politische Stabilität fördern.

Selbst für die wirtschaftliche Entwicklung ist der Sozialstaat zuständig, indem er Bildung, Gesundheit und soziale Sicherheit gewährleistet, begleitet von Solidarität zwischen den Generationen und den gesellschaftlichen Gruppen – eine Position, die für eine antidemokratische Partei nicht von Belang ist. Schließlich geht es den rechten Strategen vor allem um die Anhäufung von Macht in den eigenen Händen und die Auflösung demokratischer Strukturen – wie schon einmal in der Geschichte Deutschlands.