Eine schwere Geburt: Teil-Legalisierung von Cannabis gebilligt

Es war bis zum Schluss ein Tanz auf Messers Schneide: Nach jahrelangen Konflikten, Verzögerungen und Kompromissen hat der Bundesrat das kontrovers diskutierte und vielfach schon aus Prinzip abgelehnte neue Gesetz zur Legalisierung von Cannabis gebilligt. Somit kann es letztlich zum 1. April 2024 offiziell in Kraft treten. Während Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) und Dr. Marco Buschmann (FDP) die Entwicklung begrüßen und die Notwendigkeit einer neuen Drogenpolitik begrüßen, stellen sich die rechtskonservativen Parteien CDU/CSU – aber auch Teile der SPD – nach wie vor quer.

Trotz teils massivem Gegenwind in den vergangenen Monaten und einem zwischenzeitlich drohenden Scheitern der seit längerer Zeit von der Bundesregierung geplanten Cannabis-Legalisierung wurde diese am 22. März 2024 doch noch seitens des Bundesrates gebilligt. Damit haben die Bundesländer den Weg für eine Legalisierung nun endgültig freigemacht, zumindest in Teilen.

Zur zwischenzeitlich befürchteten Anrufung des Vermittlungsausschusses kam es mangels Mehrheit nicht mehr. Bayern, das Saarland und Baden-Württemberg wollten das Gesetz blockieren und zu zeitaufwändigen Nachverhandlungen in das Kompromissfindungsgremium des Bundestags und des Bundesrates schicken. Weitere Bundesländer haben nach wie vor Bedenken, denn diese müssen die Einhaltung der neuen Regeln des Legalisierungsgesetzes organisieren, umsetzen und auch kontrollieren.

Die Teil-Legalisierung von Cannabis in der Übersicht

Ausschließlich volljährige Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland dürfen ab dem 1. April 2024 bis zu 25 Gramm Cannabis für den Eigenbedarf legal mit sich führen. Im eigenen Zuhause dürfen maximal 50 Gramm gelagert werden. Auch der Eigenanbau von zeitgleich maximal drei Cannabis-Pflanzen wird von nun an erlaubt. Der Konsum von Cannabis im öffentlichen Areal wird zumindest zu Teilen gestattet, sofern dieser nicht in der Nähe und der Sichtweite von Kindergärten, Schulen, Sportplätzen oder vergleichbaren Orten und Gebäuden stattfindet. Ab 20:00 ist der offene Konsum auch in Fußgängerzonen erlaubt.

Ab Juli 2024 ist zudem der Betrieb der sogenannten „Cannabis-Clubs“ vorgesehen, welche zunächst für den legalen Anbau und Verkauf zuständig sein werden. Was hier allerdings wie ein bizarrer Widerspruch erscheint: Mitgliedern dieser Clubs ist der gemeinschaftliche Konsum von Cannabis vor Ort nicht erlaubt und kann nach wie vor strafrechtlich verfolgt werden.

Lauterbach, Lindner und Buschmann begrüßen das neue Gesetz und ein Ende der gescheiterten Drogenpolitik

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verkündete auf X nicht nur offiziell „Soo, Bubatz bald legal“, sondern begrüßte die Teil-Legalisierung auch als verantwortbar, wenn man mithilfe einer kontrollierten Abgabe Konsumenten vor Kriminalität schützen und aus dem illegalen Schwarzmarkt holen wolle. Das neue Gesetz führe nicht ins Chaos, so Lindner weiter. Allerdings stünde nicht das „Recht auf Rausch“ im Mittelpunkt der Teil-Legalisierung – Cannabis sei weiterhin nicht ungefährlich, weshalb es einen verantwortungsbewussten Umgang außerhalb der Grauzone Schwarzmarkt brauche.

Auch Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD), amtierender Bundesgesundheitsminister, begrüßte den neuen Gesetzentwurf als richtige und richtungsweisende Entscheidung. Er hofft auf einen signifikanten Rückgang des Cannabis-Verkaufs auf dem Schwarzmarkt und bezeichnete die Cannabis-Politik der vergangenen Jahre als gescheitert. Nach einer Verdopplung der Zahl der Drogentoten und des Konsums bei Minderjährigen war es Zeit für neue Angebote und die Legalisierung von Cannabis, trotz Lauterbachs persönlicher Ablehnung eines solchen Konzepts noch vor einigen Jahren.

Ganz ähnlich sieht es auch der Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Er betonte ebenfalls, dass der vollständig repressive Umgang mit Cannabis in der Vergangenheit klar gescheitert sei. Mit den neuen Regelungen wolle man Realismus und Prävention miteinander verbinden und bald auch die Justiz spürbar entlasten.

Teils massive Kritik von CDU/CSU – und aus den eigenen Reihen

Vor allem die von der Union aus CDU/CSU geführten Bundesländer warnen nach wie vor ausdrücklich vor der anstehenden Teil-Legalisierung von Cannabis. Diese sei ein Irrweg und würde die Länder vor einen kaum zu bewältigenden Mehraufwand in Sachen Verwaltung und Vollzug stellen.

Während eine Ablehnung seitens der Opposition vorhersehbar war, erscheint die Kritik in den eigenen Reihen von Seiten der SPD wesentlich überraschender. So äußerten etwa Dietmar Woidke, Ministerpräsident von Brandenburg, und auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil teils deutliche Kritik an der jetzigen Form der Teil-Legalisierung. Beide bezeichneten das neue Gesetz als dringend überarbeitungsbedürftig. Man solle öffentliche Diskussionen zu diesem Thema sehr ernst nehmen und das Gesetz zeitnah entsprechend korrigieren, so Weil.

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