Die Vier-Tage-Woche: Erfolge treffen auf Skepsis
Trotz immer mehr Studien und praxisorientierten Testphasen mit insgesamt größtenteils positiven Erfahrungen und Erkenntnissen wird eine Vier-Tage-Woche, besonders in Deutschland, nach wie vor kontrovers diskutiert. Zahlreiche Arbeitnehmer und die Gewerkschaften stimmen eher für ihre Einführung, doch viele Arbeitgeber fürchten um ihren Wohlstand und sehen noch andere mögliche Probleme für Wirtschaft sowie Industrie.
Mit der Umsetzung der Vier-Tage-Woche in diversen unterschiedlichen Varianten, also einer Umverteilung von Arbeitsstunden oder der schlichten Kürzung von Arbeitszeit bei gleichbleibendem Lohn, wird in zahlreichen Ländern der Welt schon seit längerer Zeit experimentiert, darunter auch im „Land der Arbeit“ Deutschland.
Sozialforscher haben in den vergangenen Jahren immer häufiger beobachtet, dass zahlreiche Beschäftigte in Vollzeit insgesamt eher etwas weniger arbeiten würden. Die Gründe dafür sind mannigfaltig und oftmals individuell, eine wesentlich bessere Work-Life-Balance, bei welcher ein deutliches Ungleichgewicht zwischen Arbeits- und „Lebenszeit“ spürbar verringert werden könnte, wird allerdings überproportional häufig erwähnt.
Der unter deutschen Arbeitnehmenden immer deutlicher wachsende Wunsch nach mehr Stunden pro Woche für die eigene Familie oder Freizeit und Erholung wird grundsätzlich auch von den Gewerkschaften geteilt und unterstützt. Eine generelle Verkürzung der Arbeitszeit sei für die meisten Gewerkschaften zwar eher ein langfristiges Projekt, könne aber gerade in bestimmten Branchen ein regelrechter „Gamechanger“ werden, etwa in der deutschen Stahlindustrie. Laut IG Metall könnten zahlreiche Jobs in dieser Branche, gerade in Zeiten des immer kritischeren Fachkräftemangels, damit wieder wesentlich attraktiver werden.
Generell verspricht sich gerade die Stahlindustrie langfristig auch signifikante Produktivitätsgewinne durch die Einführung einer Vier-Tage-Woche. Man müsse allerdings darauf achten, dass diese Gewinne dabei auch den eigentlichen Arbeitnehmern zugute kämen – und eben nicht nur den Arbeitgebern. Genau diese sehen die Projektideen und das Streben nach einer verkürzten Arbeitswoche mit mehr freier Zeit für Arbeitnehmer allerdings noch größtenteils kritisch. Um das bisherige Arbeitsniveau halten zu können, müssten Arbeiterinnen und Arbeiter das gleiche Pensum in einer um 20 Prozent verkürzten Zeitspanne stemmen.
Eine reine Verkürzung der Arbeitszeiten lehne man ab, auch um den jetzigen Wohlstand von Unternehmen und Managern nicht zu gefährden.
Persönliche Zeit wird mindestens ebenso wichtig wie ein hohes Einkommen
Doch nicht alle Arbeitgeber, vom kleinen Familienbetrieb bis hin zum Großkonzern, stehen der Einführung von vier Arbeitstagen pro Woche mit Skepsis und Furcht um den eigenen Reichtum gegenüber. Viele Unternehmen hätten im Rahmen zahlreicher Testphasen in der vergangenen Zeit überraschend positive Erfahrung gemacht, vor allem mit weniger gestressten und insgesamt motivierteren Mitarbeitenden, die auch an weniger Tagen krankheitsbedingt fehlten.
Unterstützt werden die konstruktiven und optimistisch stimmenden Erkenntnisse vor allem von einer neuen Studie aus Großbritannien. Für sechs Monate haben dort mehr als 60 Unternehmen eine Arbeitswoche mit nur vier statt der üblichen fünf Tage getestet. In den meisten Fällen wurde der Lohn der Mitarbeitenden dabei voll weiterbezahlt. Die Erkenntnisse des großangelegten Experiments waren eindeutig positiv.
So konnte entgegen Skepsis seitens einiger Arbeitgeber die Produktivität leicht gesteigert werden, weil die Menschen effizienter arbeiten konnten. Insgesamt waren Arbeitnehmer nach der Testphase glücklicher, weitaus weniger gestresst und daher im Ganzen sowohl ausgeglichener als auch gesünder – in diesem Halbjahr konnte die Zahl der Fehltage um signifikante 63 Prozent verringert werden. Das Experiment mit der Vier-Tage-Arbeitswoche wurde daher von 56 der 61 teilnehmenden Unternehmen aufgrund der positiven Auswirkungen auf Mitarbeiterzufriedenheit und Produktivität auch nach Ablauf der Testphase fortgeführt.
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