Die soziale Herausforderung: Der „Care Pay Gap“ und die Ungleichheiten im Sozialsektor
Inmitten der dringenden Bedürfnisse unserer Gesellschaft stehen die Berufe des Sozialsektors. Doch während sie einen zentralen Beitrag leisten, um das Wohlergehen unserer Mitmenschen zu sichern, zeigen aktuelle Studien, dass diese Berufe finanziell und arbeitszeitlich deutlich schlechter gestellt sind als andere.
Der soziale Sektor in Deutschland umfasst eine breite Palette von Tätigkeiten, darunter Kinderbetreuung und -erziehung, Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege sowie Sozialarbeit und Sonderpädagogik. Diese Berufe sind von grundlegender Bedeutung für das Funktionieren unserer Gesellschaft und die Unterstützung von Menschen in verschiedenen Lebensphasen und Lebenssituationen.
Trotz des steigenden Bedarfs an sozialen Dienstleistungen in den letzten Jahren sind die Arbeitsbedingungen oft belastend. Ein Grund dafür ist der hohe Anteil an Teilzeitbeschäftigung, Schichtarbeit und wechselnden Arbeitszeiten, die in diesem Sektor weit verbreitet sind. Laut einer neuen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und des Deutschen Roten Kreuzes verdienen Beschäftigte im sozialen Sektor im Durchschnitt 17 Prozent weniger als in anderen Sektoren.
Personalengpässe und Fluktuation
Die Studie verdeutlicht zudem die wachsenden Personalprobleme im Sozialsektor. Betriebe haben zunehmend Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu rekrutieren und zu halten. Zwischen 2010 und 2022 stieg der Anteil der Betriebe, die mit solchen Problemen konfrontiert sind, von 41 auf 77 Prozent. Hohe Fluktuation und viele Fehlzeiten prägen ebenfalls diesen Sektor. Die Zahl der Personalabgänge ist im Vergleich zu 2009 deutlich angestiegen, wobei über die Hälfte der Abgänge auf Kündigungen durch die Beschäftigten zurückzuführen ist.
Der „Care Pay Gap“ und die finanzielle Benachteiligung
Ein besonders brisantes Thema ist der sogenannte „Care Pay Gap“. Dieser Begriff bezieht sich auf die finanzielle Benachteiligung von Beschäftigten im sozialen Sektor im Vergleich zu anderen Branchen. Die Lohnlücke beträgt 17 Prozent und spiegelt die geringere Wertschätzung der Arbeit in diesem Bereich wider. Insbesondere Frauen sind von dieser Ungleichheit betroffen, da sie einen Großteil der Beschäftigten im Sozialsektor ausmachen. Der „Care Pay Gap“ lässt sich teilweise auch durch die bestehende Lohnlücke zwischen Männern und Frauen erklären.
Bekannt ist bisher vor allem der Gender Pay Gap, die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. Laut Statistischem Bundesamt lag der Bruttostundenlohn der Frauen im vergangenen Jahr unverändert 18 Prozent unter dem der Männer. Knapp zwei Drittel der Lohnlücke erklärt das Statistikamt mit höheren Teilzeitquoten bei den Frauen und geringeren Gehältern in frauentypischen Berufen. Der um diese Faktoren bereinigte Gender Pay Gap beträgt noch rund 6 Prozent des Brutto-Stundenlohns.
Politische Handlungsfelder und Zukunftsaussichten
Die Frage nach der angemessenen Wertschätzung des Sozialsektors wirft auch politische Fragen auf. Das Deutsche Rote Kreuz fordert eine verstärkte finanzielle Unterstützung für diesen Bereich und betont die Rolle politischer Entscheidungsträger, um die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung im Sozialsektor zu verbessern. Die zentrale Frage bleibt: Wie viel ist die soziale Arbeit unserer Gesellschaft wert und welche Investitionen sind gerechtfertigt? Es liegt an den politischen Entscheidungsträgern, Antworten auf diese drängenden Fragen zu finden und den Sozialsektor angemessen zu würdigen.