Deutscher Bahnverkehr: Einführung des Deutschlandtakts auf 2070 verschoben

Die Einführung des 2018 vorgestellten Deutschlandtakts auf den deutschen Schienen, der einschneidenden und bundesweiten Umsetzung eines neuen Taktfahrplans nach Schweizer Vorbild, sollte nach ursprünglichen Planungen 2030 erfolgen. Staatsekretär Michael Theurer von der FDP, zuständig für den Schienenverkehr in der Bundesrepublik Deutschland, kündigte nun indirekt eine Verschiebung um vier Jahrzehnte auf das Jahr 2070 an. Eine nationale Verkehrswende scheint damit in weite Ferne zu rücken.

Der amtierende Verkehrs-Staatssekretär Michael Theurer (FDP) sieht die Einführung des 2018 vom damaligen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer vorgestellten Deutschlandtakts nicht mehr wie ursprünglich angedacht um das Jahr 2030, sondern erst 2070 vollständig umgesetzt. Passend zu den signifikanten Verspätungsproblemen des deutschen Zugverkehrs in den vergangenen Jahrzehnten würde dies eine Verzögerung von vierzig Jahren darstellen.

Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP bezeichnete Theurer die extreme Verzögerung um vier Jahrzehnte allerdings nicht als Verschiebung des Großprojekts. Es sei, so der FDP-Staatssekretär, völlig klar gewesen, dass ein solches Jahrhundertprojekt mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen würde; der neue Deutschlandtakt komme wie ursprünglich konzipiert in Etappen. Stattdessen setze man sich im Gegenzug sogar stark für eine Beschleunigung der Einführung des neuen Taktes ein.

Vorbild Schweizer Pünktlichkeit: Der Deutschlandtakt für den nationalen Bahnverkehr

Nach dem direkten Vorbild des Schweizer Taktes sollte der Bahnverkehr mit dem geplanten Deutschlandtakt auf einen bundesweiten Taktfahrplan umgestellt werden. Bei diesem fahren Züge zur selben Minuten in jeder Stunde in jede Fahrtrichtung los. Regional- und Fernzüge sollen zudem wesentlich besser aufeinander abgestimmt und miteinander vernetzt werden. Für Fahrgäste sollen Abfahrtszeiten der Züge damit wesentlich besser planbar, überschaubarer und vor allem auch pünktlich werden. Zudem soll die Umstellung Umstiege zwischen Zügen wesentlich einfacher machen.

Mit diesem Projekt wollte der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer zum Jahr 2030 nicht nur wesentlich mehr Güter auf Schienen transportieren lassen, sondern auch die Zahl der Zugfahrgäste verdoppeln. Auch Service und Fahrtqualität sollten damit signifikant verbessert werden. Experten beurteilten das Jahr 2030 als Zielsetzung für ein so umfassendes Projekt schon damals als kaum zu stemmen, innerhalb von zehn bis zwanzig Jahren aber als insgesamt umsetzbar. Theurers Aussagen rücken einen solchen möglichen Zeitrahmen nun um mehrere Jahrzehnte in die Zukunft.

„Der nachfolgende Deutschlandtakt verzögert sich um etwa 350.400 Stunden.“

Laut Ampel-Koalitionsvertrag war es die ursprüngliche Intention der amtierenden Bundesregierung, bis 2030 doppelt so viele Personen auf Schienen transportieren zu können und auch den Schienengüterverkehr um ein Viertel zu erhöhen. Generell sollte in Deutschland in Zukunft mehr in das Schienennetz als in Straßen und Autobahnen investiert werden, auch wenn dieser Aspekt nach wie vor zu einigen Konflikten innerhalb der Regierungskoalition führt, vor allem zwischen den Grünen und der FDP.

Der Deutschlandtakt sei, so das Verkehrsministerium der BRD, ein fortlaufendes Projekt, welches sich stetig weiterentwickle und auch an die Modernisierung des deutschen Schienennetzes angepasst werde. In den kommenden Jahre sollen etwa das Großprojekt Stuttgart 21 sowie die Bahnverbindung Wendlingen-Ulm fertiggestellt werden. Auch die Generalsanierung der Riedbahn soll in zwei bis drei Jahren beendet werden. Durch die Vollendung der Projekte soll ein 30-Minuten-Takt zwischen Großstädten wie Köln, Frankfurt, Mannheim, Nürnberg und München ermöglicht werden.

Die zumindest indirekte Verzögerung wurde bereits harsch kritisiert, vor allem von Seiten diverser Interessenverbände und auch der politischen Opposition in Form der CDU. Die Kommentare reichten von „Fassungslosigkeit“, dem „Eingestehen des Scheiterns der Ampel“ und einem „Desaster für die Zukunft des deutschen Schienenverkehrs“, sollte der geplante Deutschlandtakt wirklich um vier Jahrzehnte verschoben werden. Man erwarte von Bundesverkehrsminister Volker Wissing stattdessen noch 2023 ein verbindliches Konzept zur stufenweisen Umsetzung des Deutschlandtaktes.

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