Deutsche Industrie mit unerwartet starkem Auftragszuwachs
Entgegen der von Ökonomen prognostizierten Stagnation konnte die Industrie in Deutschland im Dezember 2023 ihr stärkstes Auftragsplus seit Mitte 2020 verbuchen. Verantwortlich dafür waren vor allem außergewöhnlich viele Großaufträge, besonders im Bereich der in letzter Zeit dezent in Verruf geratenen Flugzeugproduktion.
Das Statistische Bundesamt verkündete Anfang Februar, dass man zwischen Dezember 2023 und Januar 2024 eine Zunahme der Aufträge in der deutschen Industrie um insgesamt 8,9 Prozent nachweisen konnte. Das sei der signifikanteste Zuwachs seit Juni 2020 und der damals immer weiter um sich greifenden weltweiten Corona-Pandemie.
Laut Statistischem Bundesamt kam es kurz vor dem Jahreswechsel zu unerwartet vielen Großaufträgen in diversen Industriesektoren, vor allem aber in der Flugzeugbranche. Ohne die zahlreich in Deutschland bestellten Flugzeuge wäre die deutsche Industrie im genannten Zeitraum nicht um fast 9 Prozent gewachsen, sondern sogar um etwa 2,2 Prozent geschrumpft.
Signifikant gestiegene Auftragszahlen bei Flugzeugen, Zügen und Schiffen
Aus dem internationalen Ausland getätigte Bestellungen nahmen im letzten Monat des vergangenen Jahres 2023 um 8,5 Prozent zu, die direkt aus Deutschland stammenden Aufträge sogar um 9,4 Prozent. Neben den bereits erwähnten Flugzeugen konnte die Industrie des Fahrzeugbaus auch in Bezug auf Züge oder Schiffe zulegen: Zwischen November und Dezember 2023 haben sich die Auftragseingänge in der Branche mit rund 111 Prozent sogar mehr als verdoppelt.
Spürbar positiv auf das Wachstum der deutschen Industrie wirkten sich auch deutlich mehr Großaufträge in der Produktion von elektrischer Ausrüstung (+38,7 Prozent) und von Metallerzeugnissen (+18 Prozent) aus.
Keine Wende in Sicht: Nach wie vor deutliche Rückgänge in der Chemie, dem Automobil- und Maschinenbau
Trotz dieser auch von Ökonomen nicht erwarteten Zunahme in den genannten Industriesektoren kämpfen andere bedeutende Branchen nach wie vor mit sinkenden Auftragszahlen. Diese gingen vor allem in der Automobilindustrie, dem Maschinenbau und der Chemiebranche um 14,7, 5,3 respektive 3,7 Prozent zurück.
Aktuellen Branchenumfragen des ifo-Instituts zufolge, dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V., klagten rund 37 Prozent aller deutschen Industrie-Unternehmen über zu wenige neue Aufträge. Im Januar 2023, nur zwölf Monate zuvor, lag dieser Wert noch bei rund 21 Prozent. Erschwerend kommt hinzu, dass auch die Auftragsbestände, welche vor allem während der Corona-Jahre teilweise enorm gewachsen sind und anschließend nach und nach abgearbeitet werden mussten, langsam, aber sicher schrumpfen.
Trotz der gewaltigen Zunahme in Hinblick auf die Auftragszahlen des deutschen Fahrzeugbaugewerbes bleiben Ökonomen nach wie vor zurückhaltend und sehen keine Kehrtwende. Vielmehr unterstreiche die „Abhängigkeit“ von solchen Großaufträgen die momentanen Schwächen der deutschen Industrie. Statt einer Wende erwarte man für das gesamte Jahr 2024 sogar einen weiteren Rückgang der Auftragszahlen, wenn man den langfristigen Trend und die negative Entwicklung der vergangenen zwei Jahre berücksichtige.