Das Ende des Nebenkostenprivilegs: Was Mieter und Anbieter erwartet
Zum 1. Juli 2024 endet eine Ära in Deutschland: Das sogenannte Nebenkostenprivileg, welches es Vermietern erlaubte, die Kosten für TV-Anschlüsse über die Betriebskosten auf die Mieter umzulegen, wird abgeschafft. Diese Regelung war vier Jahrzehnte lang in Kraft und ermöglichte es Mietern, ihre Fernsehgebühren bequem über die Nebenkostenabrechnung zu begleichen. Dies hatte den Vorteil, dass die monatlichen Kosten niedrig waren, da alle Mieter eines Hauses beteiligt waren und somit ein Mengenrabatt erzielt wurde. Mit der Abschaffung dieser Regelung müssen Mieter nun selbst aktiv werden und eigene Verträge abschließen, um weiterhin fernsehen zu können.
Auswirkungen auf die Mieter
Mit dem Ende des Nebenkostenprivilegs stehen Millionen Mieter unter Zugzwang. Ab Juli können Vermieter die TV-Kosten nicht mehr auf die Mieter umlegen. Mieter, die bisher das Fernsehsignal über die Nebenkosten bezahlt haben, müssen nun eigene Verträge abschließen. Alternativen zu den klassischen Kabelbetreibern wie Vodafone und Tele Columbus bieten sich in Form von Online-Diensten wie Magenta TV, Waipu und Zattoo an. Auch der Empfang über Antenne oder Satellit ist möglich, wobei letzteres oft die Genehmigung des Vermieters für die Installation einer Satellitenschüssel voraussetzt.
Droht ein schwarzer Bildschirm?
Für Mieter, die die Frist ignorieren, besteht die Gefahr, dass der Bildschirm schwarz bleibt. Allerdings wird dies nicht abrupt geschehen. Anbieter wie Vodafone betonen, dass sie die Kunden mehrfach über die bevorstehende Änderung informieren werden. Laut Deutschlandchef Marcel de Groot wird das Fernsehsignal nicht sofort abgestellt, jedoch werden Anschlüsse von Mietern, die keinen neuen Vertrag abschließen, nach mehrfacher Kontaktaufnahme abgeklemmt.
Das Ende des Nebenkostenprivilegs bringt Bewegung in den TV-Markt. Unternehmen wie die Deutsche Telekom, Waipu und Zattoo sehen hierin eine Chance, während Platzhirsch Vodafone mit Einbußen zu kämpfen hat. Im ersten Quartal 2024 verlor Vodafone rund 650.000 TV-Kunden, was die Zahl der TV-Kunden auf 11,8 Millionen reduzierte. Zwei Drittel dieser Verluste sind auf Mieter zurückzuführen, die vom Nebenkostenprivileg betroffen sind.
Preisänderungen und Verbraucherschutz
Für viele Mieter wird das Fernsehen künftig etwas teurer. Bisher lagen die Kosten für Kabel-TV bei Vodafone zwischen sieben und neun Euro pro Monat. Zukünftig werden es etwa acht bis zehn Euro sein, wenn ein neuer Rahmenvertrag zustande kommt. Ohne Rahmenvertrag steigt der Preis auf etwa 13 Euro pro Monat. Streaming-Dienste wie Zattoo und Waipu bieten günstigere Tarife an, allerdings sind für diese ein separater Internetvertrag nötig.
Verbraucherschützer begrüßen die Abschaffung des Nebenkostenprivilegs grundsätzlich, da sie den Mietern Wahlfreiheit bei der Fernsehnutzung gibt. Sie warnen jedoch vor unseriösen Vertrieblern, die versuchen, Mieter zur schnellen Vertragsunterzeichnung zu drängen. Es ist wichtig, dass Mieter sich ausreichend informieren und nicht überstürzt handeln.
Die Sicht der Anbieter
Vodafone und Tele Columbus versuchen, die Veränderung positiv zu nutzen und ihre Kunden mit neuen Verträgen zu binden. Sie bieten Kombinationen von Internet- und TV-Verträgen an, die für Verbraucher günstiger sein können. Vodafone verfolgt zudem einen neuen Ansatz: Kunden, die einen Internetvertrag abschließen, erhalten das Basis-Kabel-TV kostenlos dazu.
Die Deutsche Telekom konnte im ersten Quartal 2024 rund 126.000 neue Kunden für Magenta TV gewinnen und kommt damit auf etwa 4,4 Millionen Kunden. Dies zeigt, dass auch andere Anbieter von der Abschaffung des Nebenkostenprivilegs profitieren.
Für Vodafone ist die größte Herausforderung, dass viele Mieter, die bisher über die Nebenkosten für das Fernsehen zahlten, keine direkte Vertragsbeziehung mit dem Unternehmen haben. Diese Mieter zu erreichen und zu informieren, ist eine logistische Aufgabe. Ab dem 1. Juli werden Techniker gezielt Anschlüsse abklemmen, wo keine neuen Verträge abgeschlossen wurden.
Marc Albers, kommissarischer Privatkunden-Chef bei Vodafone, betont, dass man Kunden weiterhin die Möglichkeit geben wird, Verträge abzuschließen, auch über den 1. Juli hinaus. Ziel ist es, möglichst wenige Kunden zu verlieren und die Abschaltungen auf ein Minimum zu reduzieren.
Die Abschaffung des Nebenkostenprivilegs markiert einen Wandel für den deutschen TV-Markt. Millionen Mieter müssen aktiv werden und eigene Verträge abschließen, um weiterhin fernsehen zu können. Für Anbieter bedeutet dies einerseits die Gefahr von Kundenverlusten, andererseits aber auch die Chance, neue Vertragsmodelle und Kundenbindungen zu etablieren. In dieser Übergangszeit ist es entscheidend, dass Mieter gut informiert sind und sich rechtzeitig um neue Verträge kümmern, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten.