Credit Suisse in der Krise: Der letzte Akt

Dem öffentlichen Termin am gestrigen Dienstag sahen die Führungspersonen der einst glanzvollen Schweizer Großbank Credit Suisse wohl nicht mit freudiger Erwartung entgegen. Bei der letzten Hauptversammlung räumte die Chefetage schwere Fehler ein – und wurde entsprechend heftig abgestraft. Trotzdem wurden alle Mitglieder des Verwaltungsrat wiedergewählt – das allerdings nur mit knapper Mehrheit und ohne Bezüge. 

Die Wiederwahl von Verwaltungsratschef Ulrich Körner und der übrigen Verwaltungsräte lässt sich schwerlich als Vertrauensbeweis werten. Der Grund für die Wahl ist eher pragmatischer Natur: Die Bank benötigt einen funktionierenden Vorstand für die Überführung der vorhandenen Unternehmensstrukturen in die UBS. Was die Aktionäre wirklich von der Geschäftsleitung halten, wurde gleich zu Anfang der Hauptversammlung deutlich: Den Einzug von CEO Ulrich Körner in den Veranstaltungssaal des Zürcher Hallenstadions begleiteten die Anwesenden mit lauten Buhrufen und Pfiffen.

Entschuldigungen und Lohnverzicht

„Wir haben bis zuletzt hart um eine Lösung gekämpft. Aber am Ende gab es nur zwei Möglichkeiten: Deal oder Insolvenz. Die Fusion musste durch“, erklärte Ulrich Körner den verärgerten Aktionären. Man habe bis zuletzt versucht, das Ruder herumzureißen, doch alle Bemühungen seien vergeblich gewesen.

Schließlich rang sich der Bankchef doch noch zu einem Eingeständnis eigener Fehler durch, wenn auch nur in Nebensätzen: “Dass wir den über Jahre hinweg angestauten Vertrauensverlust nicht mehr aufhalten konnten, dass wir Sie alle enttäuscht haben, dafür bitte ich um Entschuldigung.“

Doch für Entschuldigungen ist es längst zu spät. Mit der Notfusion endet die 167-jährige glanzvolle Geschichte einer der angesehensten Banken weltweit. Die Credit Suisse geht zum Schnäppchenpreis von 3,25 Milliarden Dollar an die UBS, wodurch ein systemrelevantes Bankenmonster entsteht, das das Potential für die nächste Finanzkrise praktisch in seine Erbanlagen eingefügt hat.

Angstgesteuerter Schritt in die falsche Richtung?

Aus den richtigen Gründen das Falsche tun – so bewerten viele Analysten die Panikreaktion nach dem Straucheln der Credit Suisse, die zu der überstürzten Fusion geführt hat. Der Grund für die schnelle Übernahme war nach einhelliger Meinung die Furcht vor einer neuen Finanzkrise. Angesichts des Scheiterns mehrerer amerikanischer Banken befürchteten die Schweizer Nationalbank und die Regierenden eine weltweite Panik, wenn nun auch noch der Crash einer Schweizer Banken-Institution dazukommt.

Doch der Schritt, der aus dieser Angst hervorging, intensiviert gerade die Gefahr, vor der er eigentlich schützen sollte. Eine aktuelle Krise mag durch die Fusion vielleicht abgewendet worden sein. Doch das Potential für neue Krisenlagen ist durch die Schaffung einer Großbank dieses Ausmaßes massiv gestiegen. Ein Ende mit Schrecken wäre auf lange Sicht möglicherweise die überlegtere Handlungsweise gewesen.

Der langsame Abstieg der Credit Suisse

Die Schweizer Traditionsbank blickt auf einen langen Abstieg zurück: vom Fels in der Brandung der internationalen Geldmärkte bis hin zur übernahmereifen Unternehmensruine. Vor allem Inkompetenz und Gier haben zum Absturz geführt, meint zumindest Stimmrechtsberater Ethos. Ähnlich sieht das das amerikanische Finanzberatungsunternehmen Institutional Shareholder Services. Dessen Analysten bemängeln beim Bankmanagement schlechte Führung und mangelnde Aufsicht.

Was am Ende bleibt, ist eine zerknirschte Führungsetage, die sich selbst die Boni für die Geschäftsleitung streicht. Doch das ist den Aktionären nicht genug. In einem unerwarteten Votum stimmten sie für die Streichung aller Vergütungen bis zur Übergabe an die UBS. Und das nicht nur für Vorstand Ulrich Körner, sondern für den gesamten Verwaltungsrat. Der reagiert trotzig: „Wir werden uns überlegen, wie wir nun vorgehen“, kommentiert der Vorstandschef das Abstimmungsergebnis. Nach Einsicht klingt das nicht gerade.

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