Christine Lagarde: Kampf gegen Inflation auf europäischer Ebene

Entschlossene Gegenmaßnahmen gegen die hohe Inflation in den EU-Mitgliedsstaaten kündigte EZB-Präsidentin Christine Lagarde jüngst in einem Interview mit der spanischen Mediengruppe Vocento an. “Alles, was nötig ist”, wird die Europäische Zentralbank EZB tun, um den Preis- und Kostenauftrieb in Europa wieder in den Griff zu bekommen. Für das strategische Ziel nannte die Währungshüterin eine konkrete Adresse: Es gehe darum, wieder zur ursprünglichen Inflationsrate von zwei Prozent zurückzukehren.

In dem am Sonntag veröffentlichten Interview kündigte Christine Lagarde auch gleich den nächsten Schritt ihrer Anti-Inflations-Kampagne an: Mitte des Monats soll es zu einem weiteren Zinsschritt kommen, diesmal um einen halben Prozentpunkt. Wie hoch die EZB-Präsidentin die Inflationsbekämpfung einstuft, zeigt sich insbesondere an der Höhe des Zinsschritts. Zahlreiche Experten waren für die nächste Erhöhung von einem viertel Prozentpunkt ausgegangen.

Zinsanhebung hat auch präventiven Charakter

Getreu der Kommunikationspolitik der Europäischen Zentralbank ist der angekündigte Zinsschritt keine feste Zusage. Dass es zu der Zinserhöhung um 0,5 Prozent kommt, sei “sehr, sehr wahrscheinlich”, so die EZB-Präsidentin. Offenbar stuft die Bank die Inflationsgefahr unverändert hoch ein, obwohl die Teuerungsrate letztens sogar geringfügig auf 8,5 Prozent gesunken war.

Die EZB hat allerdings vor allem die Kernrate der Inflation im Blick – und die ist aktuell drei Monate in Folge angestiegen. Unter Kernrate ist die Inflation zu verstehen, aus der volatile Verbraucherpreise herausgerechnet werden, beispielsweise für Energie und Lebensmittel.

Entgegen der Gesamtinflation liegt die Kernrate derzeit auf ihrem Allzeithoch bei 5,6 Prozent. Christine Lagarde versucht in ihrem Interview eine Relativierung: “Die Kerninflation wird kurzfristig hoch sein.” Soll heißen: Mit einem Rückgang ist bald zu rechnen – weitere Zinsschritte der EZB vorausgesetzt.

Lagarde sieht Fortschritte, doch der Weg ist noch weit

Der aktuell anstehende Zinsschritt um ein halbes Prozent war von Christine Lagarde bereits zuvor angekündigt worden. Dennoch waren zahlreiche Beobachter davon ausgegangen, dass es nur zu einem geringeren Anstieg kommen werde. Die EZB-Präsidentin sieht sich in ihrer Strategie allerdings durch die Entwicklung der Teuerungsrate in den letzten Monaten bestätigt und folgt weiterhin ihrem Kurs, durch deutlich sichtbare Signale eine Trendumkehr auf den Weg zu bringen.

Dass der aktuelle Zinsschritt keine einsame Entscheidung der Präsidentin ist, belegen gemeinsame Stellungnahmen weiterer Mitglieder der EZB-Führungsebene, unter ihnen Bundesbank-Präsident Joachim Nagel. So seien weitere Zinsanhebungen nach der im März anstehenden Maßnahme durchaus denkbar – schließlich gehe es um das große Ziel: die Rückkehr zur Zwei-Prozent-Inflation.

Zinsziel hängt von äußeren Einflüssen ab

Welche Zielmarke die aktuelle Zinsanhebungspolitik der EZB hat, ließ Christine Lagarde in ihrem Interview unerwähnt. Stattdessen gab es die üblichen Allgemeinplätze: Man habe noch eine Menge Arbeit vor sich und könne trotz einiger Fortschritte noch keinen Sieg ausrufen. Soll wohl heißen: Die Zins-Endmarke ist auch der EZB noch nicht bekannt und hängt von der weiteren Entwicklung ab.

Dann allerdings wird die EZB-Chefin wieder konkreter. “Wir möchten die Wirtschaft nicht abwürgen. Unser Ziel ist, die Inflation zu bändigen.” Vor allem bei der Preisentwicklung sieht Christine Lagarde das Licht am Ende des Tunnels. Der immense Preisauftrieb der letzten Zeit werde nach Ansicht der EZB-Präsidentin bereits in diesem Jahr spürbar nachlassen, begleitet von einer Steigerung des Wirtschaftswachstums.

Widerstandsfähiger werde sich allerdings die Kerninflation präsentieren, mit deren Anhalten auf hohem Niveau noch einige Zeit zu rechnen sei. Mehr dazu kündigt die EZB für ihre März-Sitzung an. Insbesondere die Frage, ob die früheren Projektionen der EZB Bestand haben – 0,5 Prozent Anstieg der Wirtschaftsleistung in diesem Jahr und 1,5 Prozent im nächsten – wird wohl eines der zentralen Themen der EZB-Sitzung am 16. März sein.