Auf dem Arbeitsmarkt herrscht Unruhe: Stagnation und steigende Arbeitslosigkeit

Das vergangene Jahr war für die deutsche Volkswirtschaft keine Erfolgsgeschichte. Nach Schätzungen sank das Bruttoinlandsprodukt um 0,3 Prozent, und die Aussichten für 2024 sind wenig vielversprechend. Die kurzfristigen Konjunkturaussichten sind düster, und Ökonomen prognostizieren bestenfalls ein Miniwachstum von 0,3 Prozent. Eine deutliche Abweichung von der früheren Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit, die zuvor von Robustheit am Jahresende sprach.

Sukzessiver Anstieg der Arbeitslosigkeit

Anders als in früheren Rezessionen steigt die Arbeitslosigkeit nicht sprunghaft, sondern sukzessive an. Im Dezember 2023 verzeichnete die Bundesagentur für Arbeit einen Anstieg von 183.000 Arbeitslosen im Vergleich zum Vorjahresmonat, und insgesamt waren 2,637 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet.

Besorgniserregend ist die Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit. Die BA-Chefin Andrea Nahles spricht von einer Zweiteilung des Marktes, wobei die Nachfrage nach qualifiziertem Personal hoch bleibt. Allerdings suchen 61 Prozent der Arbeitssuchenden nach Helferjobs, die nur etwa 20 Prozent der offenen Stellen ausmachen. Die Zahl derjenigen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, stieg im Dezember auf über 927.000 Personen.

Nicht nur der Arbeitsmarkt ist betroffen; auch die Staatsfinanzen geraten unter Druck. Im Dezember 2023 erhielten nur 833.000 Personen Arbeitslosengeld, während 3,92 Millionen als „erwerbsfähige Leistungsberechtigte in der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ gelten. Steigende Arbeitslosigkeit bedeutet nicht nur Kosten für den Staat, sondern auch einen Rückgang der Staatseinnahmen durch fehlende Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge.

Konjunkturprognosen und die Hoffnung auf eine Wende

Die Konjunkturaussichten sind weiterhin trüb, und das Bundeswirtschaftsministerium gibt zu, dass eine konjunkturelle Trendwende im ersten Quartal noch nicht in Sicht ist. Die Sorgen vor steigender Arbeitslosigkeit belasten den privaten Konsum, was wiederum den erhofften Aufschwung behindert. Die Hoffnung ruht auf den Konjunkturerwartungen, die laut ZEW leicht angestiegen sind, vor allem aufgrund der Erwartung einer Zinssenkung durch die EZB im ersten Halbjahr.

Wohnungsbau in der Krise

Während die deutsche Wirtschaft mit steigender Arbeitslosigkeit kämpft, steht die Bauindustrie in Thüringen vor eigenen Herausforderungen. Der Wohnungsbau befindet sich in einer Krise, und von Januar bis Oktober 2023 sank der Umsatz in diesem Bereich um alarmierende 13,4 Prozent. Projekte werden gestoppt oder nur noch fertiggestellt, und die düstere Prognose für den Wohnungsbau zeigt wenig Hoffnung auf eine schnelle Erholung.

Trotz der Herausforderungen im Wohnungsbau gibt es in der Bauindustrie Hoffnung auf Stabilität. Die Branche setzt auf Infrastrukturinvestitionen von Land und Kommunen, insbesondere in Straßen-, Schienen- und Energieprojekte. Die öffentliche Hand wird als entscheidender Auftraggeber angesehen, der für eine Grundauslastung in der Bauwirtschaft sorgen kann.

Die Bauindustrie erwartet von der Politik nicht nur stabile Investitionshaushalte, sondern auch einen Abbau von Bürokratie. Trotz vieler Reden über Bürokratieabbau sieht die Branche einen zunehmenden „Papierkrieg“, der die Unternehmen behindert. Thüringens Wirtschaftsstaatssekretärin Barbara Schönig betont jedoch, dass die öffentliche Hand ein verlässlicher Partner bleibt und jährlich über 350 Millionen Euro für den Hochbau sowie die Städte- und Schulbauförderung bereitstellt.

Herausforderungen für die niedersächsische Wirtschaft

Die Industrie- und Handelskammer Niedersachsen (IHKN) berichtet, dass die Wirtschaft im vierten Quartal 2023 kaum eine Erholung zeigt. Etwa jedes vierte Unternehmen sieht seine Geschäftslage als schlecht an. Gründe für die Stagnation sind die Inflation, Personalmangel und eine unsichere politische Lage. Der IHK-Konjunkturklimaindikator stieg im vierten Quartal im Vergleich zum Vorjahr nur um zwei Punkte.

Die Umfrage zeigt, dass die mangelnde Kaufkraft der Kunden weiterhin eine Schwachstelle ist. Der Einzelhandel verzeichnete schwache Umsätze, und trotz Inflationsausgleichsprämien erreichte die Konsumneigung im Einzelhandel einen neuen Tiefpunkt. Die Umsatzerwartungen im Import-/Exporthandel verbesserten sich nur auf niedrigem Niveau.

Hoffnung auf die zweite Jahreshälfte

Die Erwartungen für die zweite Jahreshälfte sind etwas optimistischer, besonders durch Tarifsteigerungen, die zu einem leicht zunehmenden Konsum führen könnten. Die Hauptgeschäftsführerin der IHKN, Maike Bielfeldt, fordert jedoch strukturelle Reformen, darunter den Ausbau von Energieangeboten, die Vereinfachung der Fachkräfte-Einwanderung und eine Steuerreform, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Insgesamt zeigt sich, dass die wirtschaftliche Stagnation nicht auf einen einzelnen Sektor beschränkt ist, sondern verschiedene Bereiche betrifft und strukturelle Herausforderungen erfordert.

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