Historischer Tiefstand bei Baulandkäufen in Deutschland: Ein düsteres Vorzeichen für den Wohnungsbau

Im Jahr 2023 erreichten die Baulandkäufe in Deutschland einen historischen Tiefstand, der weitreichende Konsequenzen für den Wohnungsmarkt hat. Gestiegene Zinsen und hohe Baukosten schrecken potenzielle Käufer ab, was zu einem dramatischen Rückgang der Transaktionen und einem entsprechenden Einbruch des Flächen- und Geldumsatzes führt. Dieser Trend zeigt deutliche Signale für die Zukunft des Wohnungsbaus, insbesondere in städtischen Gebieten, wo die Nachfrage nach Wohnraum ungebrochen hoch ist.

Eine Studie des Hamburger Gewos-Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung zeigt, dass 2023 bundesweit nur noch rund 46.700 Kauffälle von baureifem Wohnbauland registriert wurden, was einem Rückgang von 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dies ist der niedrigste Wert seit mindestens 1995. Der Flächenumsatz brach um fast 40 Prozent auf rund 4.400 Hektar ein, während der Geldumsatz um mehr als 45 Prozent auf 8,9 Milliarden Euro sank.

Ursachen: Hohe Bauzinsen und steigende Baukosten

Die Hauptursachen für diesen Rückgang sind gestiegene Zinsen und hohe Baukosten. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte seit Juli 2022 die Zinsen mehrfach erhöht, was die Bauzinsen auf über 4 Prozent ansteigen ließ. Obwohl die Bauzinsen inzwischen wieder leicht gesunken sind, bleiben sie für viele potenzielle Bauherren und Investoren zu hoch. Diese Entwicklung wurde durch eine mehrjährige Nullzinsphase der EZB verschärft, die nun ein abruptes Ende fand.

Die gesunkenen Baulandkäufe haben weitreichende Auswirkungen auf den Wohnungsbau. Experten warnen, dass die heute nicht verkauften Flächen die nicht erteilten Genehmigungen von morgen und die nicht gebauten Wohnungen von übermorgen sind. Die Zahl der Baugenehmigungen, ein wichtiger Indikator für den Neubau, sank ebenfalls deutlich. Im Mai 2024 wurden laut dem Statistischen Bundesamt 17.800 Wohnungen genehmigt, knapp ein Viertel weniger als im Vorjahresmonat. In den ersten fünf Monaten des Jahres wurde der Bau von rund 89.000 Wohnungen bewilligt, was einem Rückgang von 21,5 Prozent entspricht.

Schwierigkeiten bei der Zielerreichung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hatte sich im Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu schaffen. Dieses Ziel rückt jedoch immer weiter in die Ferne. Im Jahr 2023 wurden laut Statistischem Bundesamt lediglich 294.400 Wohnungen fertiggestellt, nur geringfügig weniger als im Vorjahr (295.300), aber deutlich weniger als notwendig. Die schwache Baukonjunktur und der Rückgang der Baugenehmigungen werden sich erst zeitverzögert in den Fertigstellungszahlen niederschlagen, sodass die Branche für dieses Jahr mit etwa 250.000 neuen Wohnungen rechnet.

Kritik und Forderungen der Bauindustrie

Die Bauindustrie fordert daher dringende Maßnahmen zur Belebung des Wohnungsbaus. Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, betonte, dass die Bundesregierung zwar viele Maßnahmen ergriffen habe, um die Baukonjunktur anzukurbeln, aber es bedürfe eines radikalen Einschnitts bei kostentreibenden Vorgaben, um eine wirkliche Veränderung zu bewirken. Auch Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, kritisierte die hohen Bauzinsen und die überambitionierten energetischen Anforderungen. Er begrüßte jedoch den politischen Vorstoß zur Vereinfachung des Wohnungsbaus durch das geplante Gebäudetyp-E-Gesetz.

Die Gewos-Studie deutet darauf hin, dass die niedrigen Verkaufszahlen von baureifem Wohnbauland und werdendem Bauland auf eine längerfristig niedrige Neubautätigkeit in Deutschland hinweisen. Gemessen am Höhepunkt des Immobilienbooms im Jahr 2021 sind die Verkäufe von Wohnbauland um 54 Prozent eingebrochen, der Flächen- und Geldumsatz nahm jeweils um rund 60 Prozent ab. Diese Zahlen sind ein alarmierendes Signal für die zukünftige Entwicklung des Wohnungsmarktes.

Herausforderungen und Lösungsansätze

Neben den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind auch regulatorische Hürden eine Herausforderung für den Wohnungsbau. Die hohen energetischen Anforderungen und andere kostentreibende Vorgaben erschweren den Bauprozess zusätzlich. Eine Vereinfachung der gesetzlichen Vorgaben könnte hier Abhilfe schaffen und den Bauprozess beschleunigen. Zudem könnte eine verstärkte Förderung von Bauprojekten und eine Reduzierung der Bauzinsen durch staatliche Eingriffe den Markt wiederbeleben.

Der historische Tiefstand bei den Baulandkäufen in Deutschland im Jahr 2023 ist ein alarmierendes Signal für den Wohnungsmarkt. Die gestiegenen Zinsen und hohen Baukosten schrecken potenzielle Käufer ab und führen zu einem drastischen Rückgang der Transaktionen. Dies hat weitreichende Auswirkungen auf den Wohnungsbau, insbesondere in städtischen Gebieten, wo die Nachfrage nach Wohnraum weiterhin hoch ist. Ohne tiefgreifende Änderungen in der Baupolitik und eine Senkung der Baukosten und -zinsen wird es schwer sein, die dringend benötigten neuen Wohnungen zu schaffen und den Wohnungsmangel zu bekämpfen. Die Bundesregierung und die Bauindustrie müssen gemeinsam nach Lösungen suchen, um die Baukonjunktur wieder zu beleben und den Wohnungsmarkt langfristig zu stabilisieren.

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