Die Fußball-EM 2024: Ein wirtschaftlicher Segen für Deutschland?

Die bevorstehende Fußball-Europameisterschaft 2024 verspricht nicht nur spannende Spiele, sondern auch bedeutende wirtschaftliche Impulse für Deutschland, insbesondere im Tourismussektor. Verschiedene Studien und Experteneinschätzungen beleuchten die erwarteten Auswirkungen dieses sportlichen Großereignisses.

Eine aktuelle Studie des Ifo-Instituts prognostiziert, dass die Fußball-Europameisterschaft 2024 einen kurzfristigen wirtschaftlichen Aufschwung für die deutsche Tourismusbranche bringen wird. Die Münchner Ökonomen schätzen, dass internationale Gäste der deutschen Wirtschaft eine zusätzliche Milliarde Euro einbringen könnten, was etwa 0,1 Prozent der Wirtschaftsleistung im laufenden zweiten Quartal des Jahres entspricht. Gerome Wolf, Ifo-Forscher, erklärt: „Dieser Effekt wird jedoch nur von kurzer Dauer sein, da die Dienstleistungsexporte nach Ende der EM durch die Heimkehr der Touristen im dritten Quartal wieder sinken und insgesamt stabil bleiben dürften.“

Die Vergleichszahlen aus der Vergangenheit unterstützen diese Prognose. Während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland stiegen die Ankünfte und Übernachtungen ausländischer Gäste um etwa 25 Prozent. Für die EM 2024 wird mit rund 600.000 zusätzlichen ausländischen Touristen und 1,5 Millionen zusätzlichen Übernachtungen gerechnet. Dies wird zu höheren Übernachtungspreisen und gesteigerten Umsätzen im Gastgewerbe führen, was im laufenden Quartal einen zusätzlichen Wachstumsimpuls von 1,3 Prozent der preisbereinigten Dienstleistungsexporte bedeutet.

Binnenwirtschaftliche Effekte

Während die unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteile für den Tourismus offensichtlich sind, bleiben die gesamtwirtschaftlichen Effekte solcher Großveranstaltungen überschaubar. Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser betont, dass die inländischen Konsumentinnen und Konsumenten zwar während der Spiele mehr im Gastgewerbe und Lebensmitteleinzelhandel ausgeben, jedoch gleichzeitig ihre Ausgaben an anderer Stelle reduzieren. „Der private Konsum bleibt insgesamt wohl unberührt“, so Wollmershäuser.

Anderslautende Einschätzungen gibt es von der Bundesbank und dem Bundeswirtschaftsministerium, die von einer kurzfristigen Belebung des privaten Konsums ausgehen. Fachleute betonen zudem, dass der Verlauf des Turniers und die Performance der deutschen Nationalmannschaft einen maßgeblichen Einfluss auf die wirtschaftlichen Effekte haben werden.

München als zentraler Austragungsort

München wird eine zentrale Rolle bei der EM 2024 spielen und hofft auf eine Wiederholung des „Sommermärchens“ von 2006. Die Stadt wird sechs Spiele bis zum 15. Juli ausrichten, was sich direkt auf die Übernachtungspreise auswirkt. Ein schottischer Fan, der für das Eröffnungsspiel angereist ist, berichtet von Hotelpreisen bis zu 400 Euro pro Nacht, während andere von 150 Euro am Stadtrand sprechen. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, bestätigt, dass München zur EM-Zeit nahezu ausgebucht ist und mit einem Umsatzplus rechnet.

Die Erwartungen an die EM sind hoch: Der Flughafen München rechnet mit etwa 600.000 zusätzlichen Fluggästen, und auf Buchungsplattformen wie Booking.com ist die Nachfrage nach Übernachtungen um 20 Prozent gestiegen. Auch die Anzahl der Fans in den Fanzonen und bei Public-Viewing-Events wird erheblich sein, was zusätzlich zur Belebung des lokalen Gastgewerbes beiträgt.

Preisdynamik und regionale Unterschiede

Die EM 2024 treibt die Übernachtungspreise in München und anderen Austragungsorten in die Höhe. Im Luxussegment sind Preissteigerungen von bis zu 200 Prozent zu verzeichnen, während auch Ferienwohnungen und -häuser eine Preiserhöhung von rund 80 Prozent erfahren. Diese Preisentwicklung zeigt sich auch in kleineren Städten wie Landshut oder Ingolstadt, wo die Preise jedoch deutlich unter denen in München liegen.

Die große Frage bleibt, ob genügend Touristen bereit sind, die hohen Preise zu zahlen. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Buchungslage während des Turniers noch erheblich ändern kann, abhängig von der Ticketvergabe und den Spielergebnissen.

Langfristige Effekte und touristische Strategie

Neben den kurzfristigen wirtschaftlichen Effekten haben Großereignisse wie die EM auch langfristige Auswirkungen auf den Tourismus. Die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) erwartet mehr als drei Millionen zusätzliche internationale Übernachtungen durch EM-Teilnehmer und -Gäste. Petra Hedorfer, Vorsitzende des Vorstands der DZT, betont die Bedeutung der EM für die internationale Vermarktung Deutschlands. Laut einer aktuellen Umfrage wollen 92 Prozent der internationalen Gäste länger im Land bleiben und nicht nur die Spiele besuchen, was zusätzliche wirtschaftliche Impulse verspricht.

Tourismus Oberbayern e.V. (TOM e.V.) hebt hervor, dass sportliche Großereignisse wie die EM eine Balance zwischen Wachstum und Belastung der Infrastruktur erfordern. Nachhaltige Anreiseoptionen, ein gut ausgebauter ÖPNV und intelligente Besucherlenkung sind entscheidend, um die Auswirkungen auf Natur und Anwohner zu minimieren.

Oberbayern setzt auf innovative Konzepte wie den Ausflugsticker, der es Besuchern ermöglicht, stark besuchte Ausflugsziele zu meiden. In München selbst spielen Nachhaltigkeitsthemen eine zentrale Rolle, von der Planung der Fan-Zonen bis zur Förderung umweltfreundlicher Maßnahmen.

Kurzfristig sind positive Effekte durch erhöhte Besucherzahlen und gesteigerte Umsätze im Gastgewerbe zu erwarten. Langfristig könnte die EM dazu beitragen, das Image Deutschlands als attraktive Tourismusdestination weiter zu stärken.

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