Die Deutsche Bahn: Ein neues Baukonzept für stabile Fahrpläne

Die Deutsche Bahn steht seit Jahren vor der Herausforderung, das überlastete und vielerorts veraltete Schienennetz instand zu halten. Baustellen und notwendige Instandhaltungsmaßnahmen führen dabei immer wieder zu erheblichen Verspätungen und Zugausfällen, was sowohl bei Fahrgästen als auch bei Güterverkehrsunternehmen für Unmut sorgt. Mit einem innovativen Baukonzept will die Bahn nun Abhilfe schaffen und die Verlässlichkeit ihrer Fahrpläne deutlich verbessern.

Um den zunehmenden Verfall des Schienennetzes zumindest teilweise zu bremsen, wurden in den letzten Jahren immer mehr Bauarbeiten durchgeführt. Diese Maßnahmen, ob groß oder klein, bremsen den Personen- und Güterverkehr regelmäßig aus. „Wir werden weiter auf diesem hohen Niveau bauen, deshalb müssen wir jetzt fundamental anders an die Sache rangehen“, erklärt Philipp Nagl, Chef der neuen Bahn-Infrastrukturtochter InfraGo.

Bislang wurden notwendige Baumaßnahmen bei InfraGo angemeldet und zeitnah umgesetzt, was häufig kurzfristige Anpassungen der Fahrpläne erforderte. Diese kurzfristigen Änderungen führten oft zu Verwirrung und Frustration bei den Fahrgästen. Zudem wurden Bauarbeiten oft über Monate oder gar Jahre gestreckt, was die Unannehmlichkeiten für die Nutzer des Schienennetzes weiter verlängerte.

Das neue Baukonzept

Die Bahn will das Bauen künftig anders organisieren und Bauarbeiten innerhalb fester Zeitfenster, sogenannter Container, bündeln. Diese Zeitfenster sollen sowohl für große Investitionsmaßnahmen als auch für kleine Instandhaltungsarbeiten regelmäßig eingerichtet werden. Für kleinere Wartungsarbeiten, wie die Überprüfung von Signalen oder Weichen, sind Zeitfenster in einem mehrwöchigen Rhythmus geplant. Größere Maßnahmen sollen in längeren, aber festen Zeiträumen pro Jahr durchgeführt werden.

Durch dieses neue System wird der Fahrplan nicht mehr durch kurzfristige Baumaßnahmen beeinflusst, sondern kann frühzeitig um die feststehenden Zeitfenster herum geplant werden. „Durch das neue Prinzip halbiert sich mittelfristig der Fahrplan-Anpassungsbedarf, den wir im Jahresverlauf haben“, betont Nagl. Wer bauen will, muss eines der festgelegten Zeitfenster nutzen, was eine verlässliche und planbare Fahrplangestaltung ermöglicht.

Koordination und Baufreiheit

Ein weiteres Schlüsselelement des neuen Konzepts ist die bessere Abstimmung der verschiedenen Gewerke und das Bündeln von Baumaßnahmen. Nach Abschluss der Arbeiten in einem Zeitfenster bleibt der betroffene Abschnitt für eine festgelegte Zeit baufrei. Bei großen Baumaßnahmen kann es fünf bis sieben Jahre dauern, bis auf derselben Strecke wieder gebaut wird. „Je kürzer oder länger das Baufenster, umso kürzer beziehungsweise länger die anschließende Baufreiheit“, erläutert Nagl. Ziel ist es, alle notwendigen Arbeiten innerhalb einer einzigen Sperrphase zu erledigen, um die Strecke danach für längere Zeit störungsfrei betreiben zu können.

Umsetzung und Vorbilder

Das neue Baukonzept soll bei kleineren Maßnahmen bereits ab Mitte Juli 2024 umgesetzt werden. Für große Investitionen plant die Deutsche Bahn, das neue Vorgehen bis spätestens 2027 vollständig umzusetzen. Die Inspiration für dieses Konzept kam von den Plänen zur Generalsanierung der Riedbahn, einer hochfrequentierten Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim.

Diese Strecke ist der erste von insgesamt 40 wichtigen Bahnkorridoren, die in den kommenden Jahren umfassend saniert werden sollen. Während der Sanierung wird die Strecke mehrere Monate lang voll gesperrt, und alle notwendigen Baumaßnahmen sollen in dieser Zeit durchgeführt werden. „Wir haben gemerkt, wie viel Bündelung möglich ist“, sagt Nagl. Am kommenden Montag beginnt die fünfmonatige Vollsperrung der Riedbahn, die als Test für das neue Baukonzept dient.

Ein großes Problem bisheriger Bauarbeiten war die Kurzfristigkeit der Maßnahmen. Kleinere Reparaturen und Instandhaltungen wurden oft so spontan durchgeführt, dass Fahrpläne kaum vorhersehbar angepasst werden konnten. Diese Unsicherheit führte zu erheblichem Unmut bei den Fahrgästen. Mit den neuen festen Zeitfenstern wird diese Problematik nun angegangen. Die langfristige Planung soll sowohl die Verlässlichkeit erhöhen als auch die Transparenz für die Fahrgäste verbessern.

Vorteile des neuen Konzepts

Die Deutsche Bahn verspricht sich von dem neuen Baukonzept zahlreiche Vorteile. Zum einen wird die Planungssicherheit für Fahrgäste und Güterverkehrsunternehmen erhöht. Zum anderen können durch die Bündelung der Maßnahmen und die festgelegten Zeitfenster Ressourcen effizienter genutzt werden. Dies könnte langfristig auch zu einer Kostensenkung bei den Bauarbeiten führen.

Durch die längeren baufreien Intervalle nach Abschluss eines Bauprojekts kann die Strecke ohne weitere Unterbrechungen genutzt werden, was die Attraktivität des Bahnfahrens insgesamt steigern dürfte. Außerdem kann die Bahn ihre Kapazitäten besser planen und Engpässe vermeiden.

Die Deutsche Bahn unternimmt einen grundlegenden Wandel in ihrer Bauplanung, um den Verfall des Schienennetzes zu stoppen und die Verlässlichkeit der Fahrpläne zu erhöhen. Mit festgelegten Bauzeitfenstern und einer besseren Koordination der Maßnahmen soll die Häufigkeit und Dauer von Verspätungen und Zugausfällen reduziert werden. Die Umsetzung des neuen Baukonzepts verspricht mehr Planungssicherheit und eine effizientere Nutzung der Ressourcen.

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