Humanika: Svetoslav Markov über die Personalsituation in der Pflege

„Wir schaffen unseren Humanika Mitarbeitenden deutlich bessere Arbeitsbedingungen“

Mit Blick auf den demografischen Wandel bedarf es eine qualitativ hochwertige und professionelle Versorgung in der Pflege und Betreuung. Der Pflegenotstand ist allerdings bereits Realität, Personalmangel und Kostendruck stehen dafür exemplarisch. Der Geschäftsführer der Humanika Unternehmensgruppe aus Düsseldorf, Svetoslav Markov, gilt als Pionier und Vordenker für zeitgemäße und zukunftsfähige Konzepte in der Pflege – darin inkludiert; die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Humanika Mitarbeitenden.

Herr Markov, die Zahl an in der Pflegebranche tätigen Beschäftigten ist zuletzt zwar gestiegen, allerdings kann der Bedarf an Pflegekräften nach wie vor nicht gedeckelt werden – Personalnotstand ist also ein großes Thema in der Gesundheitsbranche. Wie bewerten Sie die Situation in Deutschland?

Die Situation ist sehr ernst und wird sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Die „Zuwanderung an Fachpersonal“ wird auch nicht die alleinige Lösung sein. Ich denke, dass wir den Pflegeberuf insgesamt attraktiver gestalten müssen. Das Stichwort hierzu ist: Die Branche aber auch die Politik sollte aufhören, an veralteten Modellen krampfhaft festzuhalten und damit beginnen, neue Ideen sowie Ansätze auszuprobieren.

Neue Ansätze sind also gefragt – dazu suchen Sie stets den Austausch mit Politik, Kommunen und Verbänden. Gibt es Unterstützung aus diesen Reihen?

Aus verschiedenen Gesprächen kann ich berichten, dass bei nicht wenigen Kollegen und Marktteilnehmern die finanzielle Lage sehr bedenklich ist und viele auch ernsthaft übers Aufhören nachdenken.

Die Verbände sind bemüht die Ernsthaftigkeit zu adressieren, Prozesse zu beschleunigen und schnell eine auskömmliche Refinanzierung mit den Kassen zu verhandeln – aber trotz aller Bemühungen kommt es dabei auch zum Stillstand.

Die meisten Kommunen haben den Ernst der Lage erkannt und versuchen, soweit es Ihnen möglich ist, eine Lösung zu finden. Aber auch hier sind neue Ansätze mit Vorbehalten konfrontiert.

Viele der Kollegen und auch wir bei Humanika fühlen uns von der Politik aktuell im Stich gelassen. Man kann auch sagen, dass sich die Politik in einer Schockstarre befindet und nichts entscheidet beziehungsweise sich nicht den Themen ernsthaft annehmen möchte, welche sie losgetreten hat. Wir brauchen dringend entbürokratisierte Prozesse zu den Anerkennungsverfahren für ausländische Fachkräfte, die Schaffung neuer Finanzierungsstrukturen für das Gesundheitswesen insgesamt und eine vernünftige Refinanzierung der jetzt gestiegenen und weiter steigenden Kosten – vor allem im Personalbereich.

Das klingt nach Stagnation anstatt nach Progress?

Neue Denkweisen, und in unserem Beispiel neue Wohnmodelle, umzusetzen, sind mit sehr viel Zeit, Investitionen und Mühen verbunden.

Ich stelle aber auch fest, dass die Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Verbänden und Politik besser werden, da unser Unternehmen mittlerweile einige solcher Konzepte respektive Projekte erfolgreich umgesetzt hat. Dadurch werden neue Vorschläge von uns ernsthafter und mit weniger Bedenken diskutiert. Das ist schon eine sehr positive Entwicklung.

Als Beispiel nennen kann ich ein Modell, das wir erarbeitet haben: Dabei möchten wir stationäre Einrichtungen – primär solche, die insolvent sind – ambulantisieren. Dieses Vorgehen versetzt die Kommunen und Städten in die Lage, die benötigten Plätze zu erhalten und den Bewohnern zu ermöglichen, ihr Leben in gewohnter Umgebung zu führen. Wir als Dienstleister können den Menschen ein viel flexibleres Wohnmodell ermöglichen und somit auch die Attraktivität der Wohnanlage als auch die Auslastung der Immobilien steigern. Gleichzeitig inkludieren wir unser Arbeitsumfeldkonzept, mit dem wir den Mitarbeitenden deutlich bessere Arbeitsbedingungen schaffen und bieten.

Wie beschreiben Sie die Personallage in Ihrer Unternehmensgruppe? Wie steuert Humanika mit seinen innovativen Ansätzen dem entgegen?

Die Lage bei uns ist insgesamt positiv. Auch wir sind mit Herausforderungen konfrontiert, haben aber vor gut zehn Jahren angefangen, uns beispielsweise mit der personalen Thematik sowie den zukünftigen Prognosen zu beschäftigen. Daraus resultierend legen wir konzeptionell den Schwerpunkt auf die Schaffung eines wertschätzenden Arbeitsplatzes, ohne Stress und Hektik für unsere Mitarbeitenden. Diese und weitere Vorgehensweisen finden sich heute in unserem Humanika Lebenskonzept wieder.
Wir beobachten und analysieren den Markt regelmäßig und versuchen mögliche Trends frühzeitig zu erkennen und unsere Konzeptionen darauf auszurichten.

Bei Humanika legen wir konzeptionell den Schwerpunkt auf die Schaffung eines wertschätzenden Arbeitsplatzes.

Können Sie ein solches Konzeptbeispiel nennen?

Ein Relaunch unseres jetzigen Konzeptes wird sehr bald zur Einführung kommen. Es ist auf die zukünftige Marktentwicklung abgestimmt und wird vielfältige neue Denkweisen zu bereits gesetzten Settings beinhalten. Mehr Infos hierzu darf ich leider zum aktuellen Zeitpunkt nicht preisgeben.

Seit der Corona-Pandemie haben Pflegekräfte mehr Aufmerksamkeit erhalten, zumindest temporär. Hat sich aus Ihrer Erfahrung etwas verändert?

Durch die erhöhte mediale Aufmerksamkeit hat sich einiges verändert. Ich empfinde, dass viele Menschen für sich erkannt haben, dass auf die Art und Weise wie sie gearbeitet haben, so nicht mehr weiterarbeiten möchten. Damit meine ich das permanente Einspringen, Stress und Hektik. Konkret spreche ich also die Überforderung der Pflegekräfte in ihrem Berufsumfeld an.

Die darauffolgende Entlohnungsdebatte empfand ich als etwas überzogen, da immer nur einseitig die Botschaften gesandt wurden und am Ende die Unternehmer als „Sklaventreiber“ dargestellt und die Investoren als gierige Haie abgestempelt wurden. Mir ist bis dato kein Fall bekannt, wo jemand zur Arbeit gezwungen wurde.

Mir ist aber wichtig klarzustellen, dass ich eine bessere Entlohnung der Pflegekräfte absolut befürworte! Denn es ist ein sehr wichtiges Signal für alle bereits in diesem Berufsfeld tätigen Menschen, aber auch ein starkes Signal, um die Attraktivität für Berufseinsteiger oder für Menschen, die sich umorientieren möchten, zu erhöhen.

Aber auch hier finde ich es mindestens genauso wichtig, mehr auf die Arbeitsbedingungen einzugehen als ausschließlich auf die monetären Aspekte. Die Arbeitsbedingungen wurden nämlich in dieser Debatte sehr schnell unter den Teppich gekehrt. Für viele Pflegebeschäftigte hat sich diesbezüglich im Alltag wenig verändert.

Pflegefachkraft in ambulanter Wohngruppe
Optimale Arbeitsbedingungen: Genügend Zeit für Pflege, ohne Stress oder Hektik

Bleiben wir bei den Arbeitsbedingungen: Stationäre und klassische Einrichtungen sind sich der Kritik ausgesetzt, zu wenig Zeit für Patienten respektive für die Bewohner zu haben. Wie bewerten Sie die Gegebenheiten in der klassischen Pflege? Und wie unterscheidet sich davon das Humanika-Konzept?

Mit dem Markteintritt der Babyboomer Generation ändern sich auch die Anforderungen an das Wohnen, auch bei denjenigen mit Unterstützungsbedarf. Die Betreiber selbst können nicht viel daran verändern, weil – wie ich eben schon erwähnte – die gesetzlichen, veralteten Prozesse und Strukturen vieles vorgeben. Wenn man sich den Entstehungszeitpunkt dieser Diskussionen anschaut, wird man schnell erkennen, dass diese erst vor sehr wenigen Jahren aufgekommen sind.

Die Zielgruppe ändert sich, somit auch die Anforderungen und Bedürfnisse. Modelle des Alten- und Pflegeheimes, wie wir sie heute kennen, sind vor rund 30 Jahren entstanden und es hat sich an den Abläufen und Angeboten in diesem Setting kaum etwas verändert. Es ist sehr verständlich, dass für zahlreiche Menschen die herkömmlichen Angebote kaum ansprechend sind und diese mittlerweile mit dem Image einer „Endstation“ versehen ist.

Meine Wortwahl mag vielleicht etwas hart klingen, aber ich spreche die Realität an. Niemand geht gerne in eine solche Einrichtung, wenn die Person eine Alternative wählen kann. Und wir bieten solche Alternativen dazu an.

Können Sie diese Alternative kurz umreißen?

Das Humanika Modell unterscheidet sich in drei zentralen Bereichen. Erstens: Alle Unterstützungsleistungen wie Pflege, Betreuung oder Haushaltshilfen sind jederzeit frei zu- und wieder abwählbar. 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Sicherheit für alle Pflegegrade. Zweitens: Architektonisch modern und zeitgemäß eingerichtete Gebäude inklusive digitaler Infrastruktur sowie Ausstattung für mehr Lebensqualität. Und drittens: Best-Price-Performance. Das Humanika Konzept ist also das bessere Lebensangebot im Vergleich zum stationären Setting. Kurzum; unser Angebot trifft den Nerv der Zeit – und unsere Mitarbeitenden leisten dazu einen wichtigen Beitrag.

Welche Rückmeldungen erhalten Sie aus den eigenen Reihen? Was ist der Beweggrund, dass Ihre Mitarbeitenden sich für Humanika als Arbeitgeber entschieden haben?

Wie ich bereits gesagt habe, leben wir in einer Zeit des Wandels, und nicht nur die Anforderungen an das Wohnen ändern sich, sondern auch die Art und Weise, wie wir arbeiten wollen, verändert sich. Corona hat alles nur noch beschleunigt.

Wir schaffen moderne Arbeitsbedingungen, wo die Mitarbeitenden möglichst geringer Belastung ausgesetzt sind und somit auch genügend Zeit für ihre Patienten haben. Bei uns ist eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter während des Dienstes für maximal sechs Kunden verantwortlich. Das ist sensationell gut.

Lohnt sich die Investition in die Digitalisierung?

Diese Frage hat für mich zwei Seiten. Fakt ist, dass wir jüngst eine entsprechende Abteilung ins Leben gerufen haben.

Wenn wir alternative Trends setzen möchten und über den Tellerrand hinausblicken, dann müssen wir Digitalisierung konsequent über alle Bereiche ausrollen.

Es fängt bei der Kommunikation mit den Mitarbeitenden, Angehörigen, Partnern und anderen an, dazu nutzen wir aktuell die gängigen Social-Media-Kanäle, also Instagram, Facebook sowie Linkedin, aber auch zusätzlich Formate wie beispielsweise die Video News. Damit können wir Neuigkeiten zu verschiedenen Themen aus moderner, persönlicher und wertschätzender Sicht transportieren.

Dann geht es weiter zu den Bereichen der Digitalisierung von Prozessen, wo wir noch einiges an Nachholbedarf haben, aber sehr gut vorankommen. Wir fokussieren uns dabei auf entlastende Innovationen wie zum Beispiel der Einsatz von intelligenter Sensorik, welche Verhaltensmuster und Pflegerisiken überwacht, erkennt und bei Auffälligkeiten sofort die Pflegekräfte informiert.

Als Betriebswirt würde ich also mit einem „na ja“ antworten – als Visionär beantworte ich die Frage mit einem eindeutigen „ja“.

Wir danken Herrn Markov für dieses Gespräch.

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