Online-Beratung in der Therapie eine zunehmend ernstzunehmende Alternative

Noch bis vor einigen Jahren galten Beratungsleistungen auf psychologischem und therapeutischem Gebiet als unzureichend bis unseriös, wenn sie nicht in Form eines Präsenzgespräches erfolgen – also unter persönlicher Anwesenheit von Therapeut*in und Klient*in. Doch angesichts der aktuellen Situation – insbesondere auch unter dem Eindruck der coronabedingten psychologischen Entwicklung in der Bevölkerung – entwickelt sich die Akzeptanz digitaler Formen der therapeutischen Beratung, und das in wachsendem Ausmaß.

Zunehmend gewinnen alternative Beratungsformen über das Internet an Bedeutung. Neben den durch die pandemische Lage und die hohe Nachfrage entstandene Mangelsituation bei materiellen Therapieplätzen spielt dabei auch die Erkenntnis eine Rolle, dass die Wirksamkeit von Online-Beratungskonzepten längst wissenschaftlich erwiesen ist.

Online-Beratung – nicht nur eine Mangelerscheinung

Der Mangel an Therapieplätzen in Deutschland war schon vor Ausbruch der Corona-Epidemie eklatant. Das Missverhältnis zwischen Hilfesuchenden und Therapeut*innen hat alarmierende Ausmaße angenommen. So stehen beispielsweise den rund sechs Millionen Betroffenen, die an einer unipolaren Depression erkranken, nur etwa 28.000 Therapeut*innen gegenüber.

Es liegt auf der Hand, dass diesem Mangel kurzfristig nur über alternative Beratungsformate beizukommen ist. Über die Zeit hinweg haben sich vor allem diese nicht-körperlichen Kommunikationskanäle etabliert:

Systemvorteil: niedrige Einstiegsschwelle

Die ursprünglich als Mangelersatz aufgefasste Onlineberatung auf psychologischem Gebiet beweist zunehmend eigene systemische Vorteile gegenüber der F2F-Beratung („face to face“). Einer der wichtigsten ist die niedrige Einstiegsschwelle für Klienten, insbesondere bei der ersten Beratung im Leben. Sich von zuhause aus der neuen Erfahrung zu stellen, bedeutet für viele das entscheidende Kriterium, eine Beratung oder Therapie überhaupt erst in Erwägung zu ziehen.

Gleichzeitig erzeugt die Anonymisierung einiger Kommunikationsformen die für eine effiziente Beratung und Therapie so wichtige Distanzierung, um Hemmschwellen abzubauen. Dazu gehören insbesondere die Formen E-Mail und Textchat.

Individuelle Anpassung der Kommunikationswege

Die Vielfalt an Kommunikationswegen vor allem über das Internet erlaubt eine sensible Anpassung an die Problembewältigung beziehungsweise aktuell vorliegende Störung des Klienten. Ist bei der Präsenzberatung nur das F2F-Format möglich, lässt sich online ein abgestufter Prozess unterschiedlicher Intensitätsebenen auf den Weg bringen.

So kann es beispielsweise für die Einstiegsphase von Vorteil sein, sich zunächst auf die anonymen und distanzierten Kanäle wie E-Mail und Textchat zu konzentrieren, um später, nach dem Aufbau einer tragfähigen Vertrauensbasis, zu intensiveren Formaten wie den Videochat zu wechseln. Als weitere Steigerung ist der Einsatz intelligenter, auf einzelne Krankheitsbilder spezialisierter Apps und Online-Anwendungen denkbar.

Zwei Faktoren sind bei der psychologischen Onlineberatung von grundsätzlicher Bedeutung, unabhängig davon, welche Kommunikationsform Anwendung findet: zum einen die strikte Einhaltung der Datenschutzrichtlinien nach der DSGVO zum Schutz von Klient*in und Therapeut*in, zum anderen die konsequente Begleitung aller Maßnahmen durch den oder die Therapeut*in.

Fachkompetenz lässt sich nicht durch alternative Beratungskanäle oder den Einsatz intelligenter Programme ersetzen. Sie ist in jedem Fall die Grundlage für einen erfolgversprechenden Gesamtprozess.

Gute Zukunftsprognosen für therapeutische Onlineberatung und auch Coaching-Angebote

Beratungsleistungen über das Internet werden in den kommenden Jahren massiv an Bedeutung gewinnen – auch nach Ende der Corona-Pandemie. Dabei hat gerade Corona das Bewusstsein für alternative Behandlungsformen geschärft und sie als ernstzunehmende Beratungs- und Therapieleistung etabliert.

Wichtig für die erfolgreiche Umsetzung psychologischer Onlineberatung ist allerdings die mit Augenmaß und Expertise durchgeführte Auswahl der geeigneten Kommunikationskanäle. Nicht jeder Online-Typ eignet sich für jedes Störungsbild und jede Phase der Beratung oder Therapie. Hier jeweils die richtige Kommunikationsform zu wählen und gegebenenfalls im Laufe der weiteren Behandlung auf andere Formen zu wechseln, wird letztendlich über die Erfolgsaussichten der Onlineberatung entscheiden.

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