Wie grün ist grüner Strom wirklich?

Ökostrom ist eine der größten Hoffnungen für die Energiewende und damit für das Erreichen der internationalen Klimaschutzziele. Elektrische Energie, die ausschließlich aus nachhaltigen Quellen stammt, kann spürbar zur Senkung von CO2-Emissionen beitragen – wenn der Strom tatsächlich so öko ist wie vom jeweiligen Produzenten behauptet.

Viele Stromlieferanten verpassen ihrem umweltfreundlichen Stromtarif lediglich einen grünen Anstrich, während der Strom in Wirklichkeit auf fossilen Grundlagen oder umweltschädlichen Verfahren beruht – und das ganz legal. Auf der anderen Seite können viele Lieferanten von echtem Ökostrom diesen aufgrund sperriger gesetzlicher Richtlinien nicht als solchen vermarkten.

Ökostrom: kein geschützter Begriff

Eine wichtige Marke für das, was die Energiewende ausmacht, hat Deutschland laut Erhebungen des Bundesamts für Statistik bereits im ersten Quartal des Jahres 2020 erreicht. In diesem Zeitraum stieg der Verbrauch von grünem Strom erstmals über den aus fossilen und nuklearen Quellen. Das wäre an sich eine erfreuliche Entwicklung – wenn der als grün deklarierte Stromanteil tatsächlich alle Kriterien für Nachhaltigkeit und Klimaschutz erfüllen würde.

Da es für Ökostrom keine offizielle Industrienorm gibt, ist es schwierig, eine allgemeingültige Definition zu finden. Eines der größten Hindernisse für eine eindeutige Einstufung von Energie als Ökostrom entstammt ausgerechnet einer Maßnahme, die den Klimaschutz zum Ziel hat: dem Emissionshandel. Er verschafft Anbietern von herkömmlich erzeugtem Strom die Möglichkeit, ihre Produkte durch den Erwerb von Zertifikaten als Ökostrom zu deklarieren.

Gütesiegel gegen Greenwashing

Unglücklicherweise verändert der Erwerb von Emissionszertifikaten nichts an den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Strommarkt. So verschafft zwar die bei deutschen Energieerzeugern beliebte Zertifikate-Einkaufstour in Norwegen dem skandinavischen Land eine profitable Einnahmequelle – der tatsächliche Anteil an Atom- und Kohlestrom in der Bundesrepublik ändert sich dadurch aber erst einmal nicht.

Gegen das Greenwashing über Umweltzertifikate gibt es allerdings ein Mittel. Einige Gütesiegel weisen Stromerzeuger aus, die echten ökologisch produzierten Strom anbieten. OK Power und Grüner Strom sind beispielsweise Zertifizierungseinrichtungen, die solche Qualitätskontrollen durchführen.

Ein weiteres Kriterium, das durch Öko-Siegel gewährleistet wird, betrifft den Energiemix des Anbieters. So darf der Anteil herkömmlicher Stromquellen einen bestimmten Wert nicht überschreiten – vorzugsweise soll er Null betragen.

Breites Angebot vorhanden

Bereits heute gibt es eine Vielzahl von Anbietern, die echten Ökostrom anbieten. Unter den nachhaltigsten Anbietern befinden sich allerdings kaum die bekannten großen Unternehmen, die ihre traditionelle Basis bei fossilen Energieträgern und Atomkraftwerken haben. Vor allem kleine und junge Unternehmen liefern die grünen Angebote, die den Klimaschutzzielen am besten entsprechen.

Das Handelsblatt Research Institute hat dazu eine Rangliste mit Anbietern erstellt, die zu 100 Prozent auf ökologisch produzierten Strom setzen. Die Liste wird angeführt von BayWa Ökoenergie, Bürgerstrom von Bürgerwerke und energy4u von den Stadtbetrieben Siegburg/Rhenag.

Auch die Umweltorganisation Robin Wood führt eine Empfehlungsliste für Ökostromproduzenten. Als Anbieter mit 100 Prozent Öko-Anteil empfehlen die Umweltaktivisten MANN Strom, Naturstrom, Polarstern und Strom von Föhr.

Immer noch gesetzliche Hindernisse

Bereits heute ist grüner Strom streckenweise zu günstigeren Preisen zu bekommen als herkömmlich produzierter Strom. Doch noch immer haben viele Produzenten große Schwierigkeiten, ihren nachhaltigen Strom als Ökostrom zu vermarkten. Den Grund dafür liefert ausgerechnet das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).

Da die EEG-Umlage auf normalen Strom bereits die Finanzierung des Ökostroms enthält, erhalten die Anbieter ihre Bezahlung auf diesem Weg und nicht über den direkten Vertrieb. Entsprechend ist ihnen nicht gestattet, den Strom als Ökostrom zu deklarieren und auf den Markt zu bringen.

Das führt teilweise zu absurden Auswüchsen. So stammt ein großer Teil des in Deutschland erhältlichen Ökostroms von Anbietern aus Österreich oder Norwegen.

 

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