WhatsApp-Ärger beflügelt Messenger-Pionier ICQ

Vor allem die neuen Nutzungsbedingungen bei WhatsApp dürften der Anlass sein, warum sich viele bisher treue Anhänger des Messenger-Platzhirschen von der beliebten App abwenden und ICQ, einer bereits totgeglaubten Uralt-App zu einem zweiten Leben verhelfen. Ob WhatsApp das verlorene Vertrauen wiedergewinnen kann, wird die Zukunft zeigen.

Dass neben den aktuellen Alternativen wie Threema oder Signal auch eine Uralt-Anwendung massiven Zulauf erhält, erstaunt auch Experten. Die Urmutter aller Messenger, eine Entwicklung des israelischen Startups Mirabilis aus dem Jahr 1996, schien bereits das Zeitliche gesegnet zu haben, kommt nun aber angesichts des WhatsApp-Desasters als icq new zu neuen Ehren.

Lawinenartige Steigerungsraten

ICQ, das in einer Zeit entstand, als von Smartphones noch nichts zu sehen war, ist in seiner ursprünglichen Ausprägung als Desktop-Anwendung ausgelegt. Dennoch zeigen gerade die Smartphone-Varianten derzeit rasant anwachsende Downloadzahlen. Spitzenwerte kann Hongkong verzeichnen: In der Woche vor dem 21. Januar explodierten dort die Downloads um das 35-fache. Auch in anderen Ländern sind Steigerungsraten um ein Mehrfaches zu beobachten.

icq new präsentiert sich in rundum erneuertem, frischen Design. Die App mit dem Buchstabenspiel als Namen (ICQ = I seek you) wartet mit einigen Features auf, die man bei anderen Messengern, insbesondere auch bei WhatsApp, vergeblich sucht:

  • Smart Replies schlagen dem Anwender passende Wörter oder Emojis vor, die im aktuellen Kontext Sinn machen – ähnlich der Worterkennung auf der Smartphone-Tastatur
  • Sprachnachrichten lassen sich in lesbaren Text umwandeln – hilfreich in akustisch sensiblen Situationen wie Sitzungen, Vorträge, etc.
  • Bildung großer Gruppen bis zu 25.000 Mitgliedern, komplett mit Community-Funktionen wie Umfragen und Zugangsbeschränkungen
  • Komprimierungsfunktion für den Versand von Bildern und Videos ohne Qualitätsverlust

Auch ICQ kämpft mit Sicherheitsproblemen

Wer sich durch die Abkehr von WhatsApp optimale Bedingungen bei Privatsphäre und Datensicherheit erhofft, wird bei ICQ enttäuscht. Bedenken, dass der Dienst mit den Daten seiner Nutzer verantwortungsvoll umgeht und Fremdeinwirkungen zuverlässig abschirmt, lassen sich nicht vollständig ausräumen.

Die Qualität des Datenschutzes ist vor allen Dingen eine Frage der Unternehmenskultur des Anbieters. ICQ gehört allerdings seit einigen Jahren zum russischen Internetkonzern Mail.ru, das in den vergangenen Jahren bei Fragen der Datensicherheit wiederholt negative Schlagzeilen gemacht hat.

Ob icq new sich als dauerhafter Nachfolger von WhatsApp etablieren kann, dürfte demnach nicht von den Datensicherheitsstandards abhängen. In diesem Punkt dürfte WhatsApp sogar einen gewissen Vorsprung aufweisen.

Womit ICQ punkten kann, sind Features, die bei WhatsApp und anderen Messengern nicht zu finden sind. Ob der Messenger-Oldtimer damit eine uneinnehmbare Führungsposition einnehmen kann, wird vor allem davon abhängen, wie schnell die Mitbewerber mit ähnlichen Funktionen aufwarten.