Was Unternehmen für ihre ESG-Strategie tun

Für grün orientierte Anleger eine wichtige Informationsquelle bei ihrer Investmententscheidung ist der Blick auf die Unternehmen, die sich dem Wandel zur Nachhaltigkeit verschrieben haben. Das Lippenbekenntnis allein hat noch wenig Aussagekraft. Wichtiger sind die zur Anwendung kommenden Strategien und Prozesse auf dem Weg zur nachhaltigen Unternehmensausrichtung. Das F.A.Z.-Institut hat dazu eine Befragung durchgeführt.

Die Studie im Auftrag der französischen Unternehmensberatung Sopra Steria basiert auf den Aussagen von 322 Führungskräften zu Nachhaltigkeitsbestrebungen im eigenen Betrieb. Die Umfrage umfasst alle drei Bereiche des ESG-Forderungskatalogs, also Initiativen zur Umweltfreundlichkeit, sozialer Ausrichtung und Unternehmensphilosophie.

Erneuerbare Energien an erster Stelle

Auffallend ist in den Unternehmen mit nachhaltigen Ambitionen die hohe Akzeptanz erneuerbarer Energien für den Einsatz im eigenen Geschäftsbetrieb. Etwa die Hälfte der befragten Unternehmen hat den Anteil grüner Energiequellen gesteigert und damit die eigene Emissionsbilanz bei den Schadstoffen verbessert.

Etwa der gleiche Anteil der Befragten berichtet über aktive Bemühungen im eigenen Unternehmen, neben dem Energieverbrauch auch den Einsatz an Materialien zu senken. Auch die Verringerung des allgemeinen Materialbedarfs – sowohl in der Produktion als auch in der Verwaltung – trägt dazu bei, den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens zu verkleinern.

Soziale Verbesserungen sind im Kommen

Derzeit noch auf dem zweiten Platz liegen die Bemühungen der befragten Unternehmen, Verbesserungen der eigenen sozialen Standards auf den Weg zu bringen. Rund 38 Prozent der befragten Unternehmen beschäftigen sich mit Maßnahmen, um die Krankheits- und Unfallhäufigkeit zu senken. Etwa genauso viele Geschäftsleitungen haben Programme zur Steigerung der Frauenquote im Management aufgesetzt.

Da Investoren bei der Evaluierung grüner Anlageprodukte die beteiligten Unternehmen zunehmend auf alle drei ESG-Kriterien hin prüfen, steht zu erwarten, dass in absehbarer Zeit der Anteil der Firmen steigen wird, die neben den Umweltaspekten auch an ihren sozialen Standards arbeiten. Beobachter gehen davon aus, dass bereits im nächsten Jahr mit einer spürbaren Steigerung zu rechnen ist.

Bündige Strategien als Optimierungspotential

Das größte Hindernis auf dem Weg zur nachhaltigen Unternehmensstrategie sehen 52 Prozent der befragten Führungskräfte im Fehlen einer ausgearbeiteten Nachhaltigkeitsstrategie. 47 Prozent vermissen den unmittelbaren ökonomischen Nutzen. 42 Prozent sehen organisatorische Hürden und fehlendes Know-how als Haupthindernis hin zur ESG-Kompatibilität. 27 Prozent schließlich machen das Fehlen gesetzlicher Rahmenbedingungen für ihre stagnierende Nachhaltigkeitsstrategie verantwortlich.

Alle genannten Bereiche weisen im Grunde auf einen identischen Effekt hin: mangelnde Information. So ist eine noch fehlende Nachhaltigkeitsstrategie bei entsprechender Motivation kein unerreichbares Ziel. Der ökonomische Nutzen ergibt sich aus der verbesserten Marktposition und dem Zuspruch der Investoren. Organisatorische Hürden sind in der Regel ein hausgemachtes Problem, das sich mit entsprechendem Einsatz lösen lässt. Und die Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen ist nur eine Frage der Zeit.

Die Motivation für den grünen Wandel hat unterschiedliche Quellen

Noch kommt der Antrieb, den eigenen Betrieb nachhaltiger auszurichten, bei vielen Führungskräften von außen, meist durch gesetzliche Vorgaben. Erst ein Viertel der Befragten entwickelt aus eigenem Antrieb Initiative für nachhaltige Strukturmaßnahmen. Doch die Wahrnehmung und Bereitschaft hin zum grünen Unternehmen nimmt ständig zu, und das aus gutem Grund.

Selbst bei jenen, die vorerst nicht freiwillig aktiv werden, ist das Bewusstsein für Nachhaltigkeit vorhanden. Dass man in Zukunft an ESG im Unternehmen nicht mehr vorbeikomme, bestätigen zwei Drittel der befragten Manager. Etwa die Hälfte der Umfrageteilnehmer berichtet von kulturellen Umbrüchen, die im eigenen Unternehmen bereits zu beobachten seien. Dabei stehen vor allem Investitionen für die Minimierung des Schadstoffausstoßes im Vordergrund. Als weniger groß sehen die Umfrageteilnehmer die Gefahr, dass Kunden und Mitarbeiter wegen unzureichender Nachhaltigkeit abwandern könnten.

Gewinnmaximierung ist bei Nachhaltigkeit sekundär

Nur wenige der befragten Unternehmen investieren in grüne Initiativen, um auf diesem Weg Umsatz und Gewinn zu erhöhen. Dennoch sind diese Effekte vorhanden: Gerade in der verarbeitenden Industrie kann sich die nachhaltige Unternehmensführung positiv auf die Rentabilität auswirken. Auf lange Sicht erwarten etwa 25 Prozent der befragten Führungskräfte Kostenvorteile für das eigene Unternehmen.

Die Erkenntnis, dass sich die Einhaltung von ESG-Kriterien positiv auf die Unternehmenszahlen auswirkt, muss sich im Management und der Geschäftsleitung vielfach erst noch durchsetzen. Börsennotierte Unternehmen erhalten auf diesem Gebiet Schützenhilfe aus unerwarteter Richtung: Aktionäre üben zunehmend Druck auf die Vorstandsetagen aus, mehr in Nachhaltigkeit, Sozialstandards und Governance zu investieren.

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