US-Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Mark Zuckerberg

Fünf Jahre nach der Affäre um Cambridge Analytica möchte Karl Racine, Generalstaatsanwalt von Washington, den Facebook-Gründer Mark Zuckerberg persönlich zur Verantwortung ziehen. Dem Pionier im Bereich sozialer Netzwerke droht eine Strafe in Milliardenhöhe. Die Anklageerhebung gegen Zuckerberg persönlich ist die Erweiterung der Klage gegen Facebook aus dem Jahr 2018.

Wie Karl Racine ausführt, hätten die laufenden Ermittlungen zu dem Datenschutzskandal rund um Cambridge Analytica aufgezeigt, dass der Facebook-Gründer an maßgeblichen Entscheidungen beteiligt gewesen sei. Insgesamt hätte Mark Zuckerberg eine viel aktivere Rolle gespielt als bisher bekannt.

Vorwurf: Irreführung der Nutzer

Die Klage gegen Facebook – und nun auch gegen Mark Zuckerberg – enthält den Vorwurf, Nutzer*innen über die Weitergabe erhobener persönlicher Daten bewusst falsch informiert zu haben. Facebook weist diese Anschuldigungen entschieden von sich: Alle Anschuldigungen gegen Facebook und Mark Zuckerberg seien unbegründet, so ein Firmensprecher gegenüber dem Wall Street Journal.

Die Anschuldigung des Datenmissbrauchs bei Facebook geht auf einen Persönlichkeitstest zurück, denn der Wissenschaftler Aleksandr Kogan in dem sozialen Netzwerk veröffentlicht hatte. Damals haben mehrere Hunderttausend Nutzer den Test absolviert und damit ihre Daten an die Plattform übertragen.

Die Durchführungsbestimmungen von Facebook erlaubten Aleksandr Kogan damals auch, die Daten der Facebook-Freunde aller Testteilnehmer zu erfassen. Insgesamt entstand daraus eine Datenwolke mit Informationen über rund 87 Millionen Facebook-Nutzer.

Der Datenmissbrauch nach Sichtweise des Generalstaatsanwalts begann, als Aleksandr Kogan die erfassten Daten an das Analyseunternehmen Cambridge Analytica verkaufte – und das ohne Wissen und Zustimmung der Testteilnehmer und ihrer Freunde. Insbesondere die Zweckentfremdung der verkauften Daten stellt nach Auffassung der Staatsanwaltschaft einen Verstoß gegen Datenschutzgesetze dar: Cambridge Analytica nutzte die Daten nicht etwa zur Auswertung des Tests, sondern für den anstehenden Wahlkampf der US-Republikaner.

Gezeigte Reue kam zu spät

Als der Vorgang des millionenfachen Datenmissbrauchs zwei Jahre später öffentlich wurde, geriet das soziale Netzwerk unter massiven Druck. In zahlreichen Verlautbarungen versprach das Unternehmen grundsätzliche Änderungen beim Datenschutz. Dennoch konnte Facebook die Anklageerhebung nicht mehr abwenden.

Laut Generalstaatsanwalt Karl Racine wäre es 2010 Mark Zuckerbergs persönliche Idee gewesen, die Technologie des Netzwerks so umzustellen, dass Entwickler von Third-Party-Apps Zugang zu den Nutzerdaten erhalten konnten, und das kostenlos. Diese Entscheidung könnte sich im Nachhinein als kostspieliges Abenteuer erweisen.

Facebook drohen nun 5.000 Dollar Strafe – und das für jeden der rund 300.000 Testteilnehmer, deren Daten an Cambridge Analytica verkauft worden waren. Das alleine würde bereits eine Gesamtstrafe von 1,5 Milliarden Dollar ausmachen, ganz abgesehen von der eventuellen Berücksichtigung der Facebook-Freunde, die mit den Testteilnehmern übertragen wurden.

Warnschuss zu mehr unternehmerischen Verantwortung

Karl Racine will durch die Erweiterung der Klage auf Mark Zuckerberg persönlich eine Botschaft senden – nämlich, dass Firmenchefs für ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden können. Dass die Zeit dafür reif ist, zeigen auch jüngste Entwicklungen beim Mutterkonzern Meta. So trat die frühere Facebook-Managerin Frances Haugen mit der Aussage vor den US-Senat, Facebook sorge sich mehr um seine Profite als um das Wohlergehen der Nutzer.

Ob eine Strafe von 1,5 Milliarden Dollar ein Multi-Milliarden-Unternehmen wie Meta allerdings dazu bewegen kann, seine auf radikale Gewinnoptimierung ausgerichtete Compliance grundsätzlich zu verändern, bleibt abzuwarten.