Starker Anstieg bei Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder laut neuer Kriminalstatistik

„Deutschland ist zum Drehkreuz bei der Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen geworden“, so die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) Kerstin Claus zur Veröffentlichung der aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2021 zu Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche.

Die Zahlen und Erkenntnisse der neuesten PKS wurden von Kerstin Claus und Holger Münch, dem Präsidenten der Bundeskriminalamtes (BKA), Ende Mai 2022 öffentlich vorgestellt und sind äußerst besorgniserregend.

Im Jahr 2021 ist die Zahl der Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch auf über 15.500 gestiegen – ein Anstieg von 6,3 %. Einen ebenso extremen wie erschreckenden Anstieg um 108,8 % gab es bei den Missbrauchsdarstellungen von Kindern – die Zahl der Fälle lag 2021 bei über 39.000. Ein enormer Wert, vor allem wenn man bedenkt, dass die Dunkelziffer durch nicht bekannte und gemeldete Vorfälle noch um ein Vielfaches größer ist. Laut Schätzungen kommen in Deutschland auf jede Schulklasse etwa ein bis zwei Schülerinnen und Schüler, die auf unterschiedliche Arten Opfer sexueller Gewalt geworden sind.

Europa als Zentrum der Verbreitung illegaler Darstellung sexueller Gewalt gegen Kinder

Doch nicht nur in Deutschland, sondern auch auf internationaler Ebene nimmt die sexuelle Ausbeutung von Kindern im Internet zu. So berichtet die britische Internet Watch Foundation (IWF) von 252.194 Websites mit entsprechendem Material wie Bildern und Links – ein Anstieg von 64 % im Vergleich zu 2020. Bei etwa 38 % der Websites wurden Vergewaltigungen oder sexualisierte Folter von Kindern gefunden, 62 % zeigten andere Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen.

Auch in den USA gingen 2021 laut dem National Center for Missing & Exploited Children und der Meldestelle CyberTipline knapp 29,3 Mio. Hinweise auf Missbrauchsdarstellungen von Kindern ein – etwa 35 % mehr als im Vorjahr. Trotz der negativen Entwicklung auf internationaler Ebene ist Europa mittlerweile zum Zentrum der Verbreitung von illegalen Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder geworden: Mehr als 60% des entdeckten Materials werden auf europäischen Servern gehostet.

Der Präsident des BKA, Holger Münch, kommentiert die Erkenntnisse der Polizeilichen Kriminalstatistik wie folgt: „Das gestiegene Hinweisaufkommen trägt wesentlich zur Aufhellung des großen Dunkelfeldes im Bereich sexueller Missbrauch von Kindern bei. Wir begrüßen das sehr: Schwerste Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche als schwächste Mitglieder der Gesellschaft sind besonders zu ächten, zu verfolgen und zu beenden.“

Münch weiter: „Deshalb tun wir alles, um einen möglicherweise noch andauernden Missbrauch frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Die steigende Zahl an Hinweisen bedeutet auch enorme digitale Datenmengen, die polizeilich ausgewertet werden müssen. Wir arbeiten deshalb im BKA ebenso wie in den Länderdienststellen mit Hochdruck daran, unsere technischen sowie personellen Ressourcen auszubauen und unsere Verfahrensabläufe im polizeilichen Verbund weiter zu verbessern.“

Hoffnungen und konkrete Zukunftspläne im Kampf gegen sexuellen Kindsmissbrauch

Die Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus betonte zudem ihre Hoffnung auf die baldige Umsetzung des geplanten Zentrum der Europäischen Union zur Prävention und Bekämpfung sexueller Gewalt gegen Kinder. Man benötige besonders bei der Strafverfolgung eine gemeinsame Strategie und ein unter den Ländern abgestimmtes Vorgehen sowie zentrale Datenbanken zum schnellen Abgleich von Informationen und der Entlastung der nationalen Strafverfolgungsbehörden.

Betroffenen soll zudem zukünftig ermöglicht werden, sich nach eventuell im Internet verbreitetem Material von ihnen zu erkundigen. Sie sollen auch darüber informiert werden, wenn entsprechende Fotos oder Videos aufgespürt und gelöscht werden.

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