Staat und Versicherungsbranche können bei Green Invest kooperieren
In einem Interview des Brancheninformationsdienstes DUP erläutern Grünen-Politiker Anton Hofreiter und Martin Gräfer, Vorstandsmitglied der Versicherungsgruppe Die Bayerische, welche Möglichkeiten Regierung und Versicherungswesen haben, über nachhaltige Investments Klimaneutralität und Umweltschutz zu fördern. Dabei wird schnell klar: Der Eine kann nicht ohne den Anderen. Insbesondere die Schaffung eines effizienten Ordnungsrahmens durch die Regierenden ist Voraussetzung dafür, dass nachhaltiges Investieren einen konkreten Steuerungseffekt entwickelt.
Vor allem in einem stimmen Ampelkoalition und Versicherungswesen überein: Die Genehmigungsprozesse müssen einfacher und schneller werden, besonders wenn es um den Ausbau der erneuerbaren Energien geht. Eine der Basisvoraussetzungen dafür sind transparente Rahmenbedingungen – doch da liegt sowohl auf Bundesebene als auch europaweit noch einiges im Argen, da sind sich die beiden Interviewpartner einig.
Bundesregierung würdigt die Bedeutung des privaten Investments
Aus Sicht der Regierung stellt sich die Definition des privaten Sektors etwas anders dar als allgemein üblich. Anton Hofreiter zählt auch Investitionen von Kommunen und Gemeinden dazu – ein möglicherweise diskussionswürdiger Ansatz. Ansonsten sieht der Politiker die eigentliche Handlungsmacht bei privaten Investoren. Sie sind es vor allem, die Windkraft- und Photovoltaikanlagen errichten und betreiben.
Eine große Zukunft sieht Anton Hofreiter auch im Ausbau der Wasserstoffnetze, wenn es darum geht, das bundesdeutsche Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Zwar gebe es dafür auch öffentliche Investitionen, doch der Löwenanteil der aufzubringenden Gelder müsse aus der Privatwirtschaft kommen. Und das erfordere die Gestaltung von Rahmenbedingungen, die private Investments lohnend machen. Zentrale Maßnahme: die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren.
Bürokratischer Aufwand heute noch jenseits von Gut und Böse
Welche enorme Anstrengung es heute bedeutet, eine Anlage für nachhaltige Energieerzeugung auf den Weg zu bringen, beschreibt Martin Gräfer. Für eine Windkraftanlage seien nicht selten Unterlagenstapel erforderlich, die mühelos zwanzig Aktenordner füllen. Haupthemmnis sei dabei das deutsche Baurecht, das bei Aufwand und Umfang weltweit an der Spitze steht. Doch nachhaltiges und energieeffizientes Bauen erfordere schlanke, effiziente und vor allem zügige Vorgehensweisen.
Man brauche keinen Subventionen, betont der Versicherungsunternehmer, genauso wenig Rahmenbedingungen für die Regelung von Investitionsabläufen. Was den Protagonisten wirklich auf den Nägel brenne, sind schnelle und überschaubare Abläufe. Das sei nicht die Aufgabe einer Regierung alleine – es müsse ein Ruck durch die gesamte Gesellschaft gehen.
Andreas Hofreiter verweist auf bereits Erreichtes
Grundsätzlich stimmt der Grünen-Politiker den Forderungen aus der Wirtschaft zu, betont aber auch Initiativen, die bereits auf dem Weg sind und schon Wirkung entfaltet haben. Dazu gehöre beispielsweise das Wind an Land-Gesetz, das bereits in Kraft ist. Auch gebe es bereits eine Reihe von Verfahren zur Planungsbeschleunigung und -vereinfachung.
Ein Haupthindernis für Windkraftanlagen sieht Anton Hofreiter in einem zu dogmatisch ausgelegten Naturschutz. Darf eine Anlage nicht für den Tod eines einzigen Vogels verantwortlich sein, bedeutet das vielfach eine nicht zu überwindende Hürde für das Genehmigungsverfahren. Würden solche Maßstäbe beispielsweise an den Bau von Straßen angelegt werden, wäre der Neubau unmöglich – ganz zu schweigen vom Betrieb bestehender Straßen.
Naturschutz muss in der Gegenwart ankommen
Mit anderen Worten: Beim Genehmigungsrecht werde derzeit mit zweierlei Maß gemessen. Paradox sei, dass das Recht bei der Genehmigung von gesellschaftlich relevanten Themen wie dem Klimaschutz straffer ausgelegt wird als in anderen, weniger wichtigen Gebieten.
“Wir müssen wieder das tun, worauf es im Naturschutz ankommt: Populationen erhalten”, sagt Anton Hofreiter. “Aber wir können nicht garantieren, dass nicht ein einzelnes Tier stirbt.” Das nährt die Hoffnung, dass bei den Regierenden im Zusammenhang mit grünen Investments in Sachen Genehmigungsrecht letztendlich die Vernunft siegt.