Spotify bald in 178 Ländern aktiv

Nachdem Spotify seit dem Start im Jahr 2006 sein Angebot bis heute auf 93 Länder ausgeweitet hat, plant der Streaming-Anbieter für die nahe Zukunft den Betriebsbeginn in weiteren 85 Ländern. Damit wäre das Unternehmen in über 90 Prozent aller Staaten dieses Planeten präsent.

Aktuell verzeichnet der schwedische Streamer 345 Millionen Nutzer, von denen 155 Millionen das Bezahl-Abo nutzen. Das macht Spotify zum unbestrittenen Marktführer für gestreamte Audio-Inhalte, noch vor Apple und Amazon.

Rekorderlöse im Visier

Nach einer Untersuchung des schwedischen Unternehmens werden die Erlöse der gesamten Branche für das Audio-Streaming bis 2023 auf 56 Milliarden Dollar anwachsen. Neben den Abo-Zahlungen werde auch die Werbung zunehmend an Bedeutung gewinnen, so Werbechefin Dawn Ostroff. Das ist gerade für Spotify ein strategisch wichtiger Aspekt: Mehr als die Hälfte der Anwender nutzen Spotify kostenlos und nehmen dafür Werbeeinschaltungen in Kauf.

Das Thema Werbung spielt neben der Musik auch beim zweiten Standbein des Streaming-Anbieters eine Rolle: Bei den Podcasts sind ständig steigende Nutzerzahlen zu beobachten. Derzeit denkt man bei Spotify darüber nach, Werbung auch in die gesprochenen Inhalte einzubetten. Mehrere Abmachungen mit Podcast-Betreibern seien bereits unter Dach und Fach, so Dawn Ostroff. Darunter befinden sich auch Vereinbarungen mit Global Playern wie Warner und DC.

Streamer als Weltarchiv

Einer der Hauptgründe für das rasante Wachstum von Musik-Streamingdiensten ist das breite Angebot, das gegenüber materiellen Tonträgern einen uneinholbaren Vorsprung aufweist. Mit rund 60 Millionen Musikstücken aller Genres stellt das Spotify-Repertoire quasi ein globales Archiv der Musik des Planeten dar – das geht weit über die Rolle eines Abspieldienstes für aktuelle Chart-Buster hinaus.

Das umfassende Angebot ist ein wirksames Instrument bei der Kundengewinnung. Die meisten Spotify-Abonnenten lernen den Streaming-Anbieter über das kostenlose Nutzermodell kennen und schätzen. Rund die Hälfte wechselt später in das Bezahlmodell über – vielfach wegen der immensen Angebotsbreite und -tiefe.

Gewinnmarke noch nicht in Sicht

Trotz des starken Wachstums gestaltet sich das Geschäft mit gestreamten Inhalten schwierig. Bis heute verzeichnet das Unternehmen keinen Gewinn. Den sprudelnden Einnahmen stehen hohe Abgaben für Rechteinhaber gegenüber, gepaart mit umfangreichen Investitionen in neue kundenfreundliche Funktionen.

Einen großen Teil der eingefahrenen Erträge investiert das Unternehmen in die Marktstarts in neuen Ländern. Für die geplanten 85 Länder dürften die Überschüsse mehrerer Jahre erforderlich werden. Ist das Hauptwachstum allerdings abgeschlossen, entsteht voraussichtlich eine äußerst profitable Gesamtsituation, ähnlich der Entwicklung von Facebook nach Abschluss seiner Investitionsphase.

Diskrepanzen mit Künstlern bergen Konfliktpotenzial

Noch ist der spektakuläre Rückzug internationaler Stars bei Spotify eher die Ausnahme. Dennoch weist das auf ein fundamentales Problem des Geschäftsmodells hin: die extrem niedrigen Tantiemen pro gespieltem Musikstück. Musiker, Komponisten und Interpreten beklagen, dass Streamingdienste hier unverblümt ihre Marktmacht ausspielen und den Kreativen unvorteilhafte Konditionen aufzwingen.

Streaming erzielt nur für bekannte Stars nennenswerte Einkünfte, die auf Abspielraten im zweistelligen und dreistelligen Millionenbreich beruhen. Künstler, die nicht den Mainstream bedienen, haben das Nachsehen. Ob sich die Situation für sie in der Zukunft durch das angestrebte Wachstum verbessern wird, ist heute noch nicht abzusehen.

Streaming – das neue Radio?

Aktuell hört rund ein Viertel der Spotify-Nutzer regelmäßig Podcasts. Für den Chef des schwedischen Unternehmens Daniel Ek ist das ein deutliches Indiz für eine Verlagerung des Nutzungsprofils vom reinen Musikanbieter zum Radio.

Ist das der Fall, erschließen sich gewaltige neue Märkte: Von den Milliarden Menschen, zu denen Spotify nach der Ausbreitung auf 178 Länder Zugang hat, verfügt rund die Hälfte über einen Internetzugang. Nach Daniel Eks Überzeugung werden sich die Milliarden an Radiohörern nach und nach von den Funkwellen verabschieden und sich den gestreamten Inhalten zuwenden.

Ob das den Tod des Radios bedeutet, das 2020 seinen hundertsten Geburtstag feierte, bleibt abzuwarten.