Softwarepionier John McAfee begeht Selbstmord

Die jahrelange Flucht des Erfinders der Antivirus-Software fand nun in spanischer Auslieferungshaft ihr trauriges Ende: Beamte einer Haftanstalt in Barcelona fanden John McAfee leblos in seiner Zelle – nur wenige Stunden, nachdem das Gericht dem Auslieferungsbegehren der amerikanischen Strafbehörden stattgegeben hatte.

Der frühere Antivirus-Spezialist sollte sich vor einem amerikanischen Gericht wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung verantworten. Aus Sicht des Beschuldigten sind die Vorwürfe allerdings politisch motiviert, wie John McAfee bei einer Auslieferungsanhörung erklärte. Insbesondere seine Pläne, aktiv in die amerikanische Politik einzusteigen, hätten auf Regierungsebene Widerstände erzeugt.

Todesursache wird untersucht

Die derzeit laufenden Untersuchungen erbrachten bisher nur Hinweise auf einen freiwillig herbeigeführten Tod. Das jedenfalls ist die bisherige Erkenntnis der Justizverwaltung der Region Katalonien. Endgültige Gewissheit soll eine Autopsie erbringen.

Die eingehende Untersuchung der Todesursache ist insbesondere angesichts der Einlassungen des Softwarepioniers von Bedeutung. So hatte John McAfee mehrfach den Vorwurf geäußert, die amerikanische Regierung hätte ein Interesse daran, den 75-Jährigen nicht mehr lebend aus der Gefängniszelle zu entlassen.

Auslieferungsgesuch wegen Steuerflucht

Wegen Steuerhinterziehung mit anschließender Flucht aus dem Geltungsbereich amerikanischer Behörden hatte eine US-Strafbehörde das Auslieferungsgesuch an die spanische Regierung gestellt. Dem kam der Oberste Gerichtshof in Spanien am Mittwoch nach und genehmigte die Auslieferung in die Vereinigten Staaten.

Vor dem amerikanischen Gericht hätte sich der Softwareentwickler mit amerikanischen und britischen Wurzeln neben den steuerrechtlichen Anschuldigungen auch wegen Verschwörung zur Geldwäsche und Betrugs mit Kryptowährungen verantworten müssen. Das geht aus den Gerichtsdokumenten hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurden.

Nach Jahren der internationalen Suche identifizierten katalanische Polizeikräfte John McAfee im Oktober auf dem Flughafen El Prat in Barcelona und nahmen ihn auf Antrag der amerikanischen Behörden fest. Seither saß der Antivirus-Experte in einer Haftanstalt bei Barcelona ein.

Beruflicher Rückzug und ein ausschweifendes Leben

Die Gründung der eigenen Firma zur Verbreitung seines Antivirenprogramms McAfee in den 1980er-Jahren ließ den Softwareexperten zum vielfachen Millionär werden. Bereits während seiner aktiven Zeit als Pionier der Virenbekämpfung auf Computern lebte John McAfee auf großem Fuß und präsentierte sich als schillernde Persönlichkeit.

Der Grund für das ausgeprägte Geltungsbedürfnis dürfte in John McAfees Kindheit und Jugend zu suchen sein. Aus einem Interview mit dem Magazin Wired gehen die schwierigen Lebensumstände hervor, unter denen das spätere Softwaregenie aufwuchs. Das Umfeld war offenbar von zerrütteten Familienverhältnissen geprägt, insbesondere durch den gewalttätigen Vater. Der beging Selbstmord, als John gerade einmal 15 Jahre alt war.

Der Antiviren-Experte durchlebte Phasen ausgiebigen Drogenkonsums, hauptsächlich Alkohol und Kokain. Nach und nach zog er sich aus dem aktiven Berufsleben zurück und begann eine ausschweifende Lebensphase in seinem ausgedehnten, von Sicherheitskräften bewachten Anwesen in Belize.

Nachrichten über John McAfee aus dieser Zeit hatten nichts mehr mit Antivirenprodukten zu tun. Vielmehr präsentierte sich der Millionär als erfolgreicher Liebhaber im Range eines Hugh Hefner und erregte allenfalls durch Skandale Aufsehen, letztens durch eine Razzia auf dem Anwesen wegen illegalen Waffenbesitzes.

Erfolglose politische Ambitionen

Zuletzt erregte John McAfee Aufsehen, als er vergeblich versuchte, bei den US-Präsidentschaftswahlen 2020 als Kandidat der Libertarian Party anzutreten. Seine Bemühungen, der Partei sein Anliegen – die Förderung von Kryptowährungen – als Hauptwahlkampfthema anzudienen, scheiterten zwangsläufig. Die wesentlichen Interessen der US-Libertären gehen vor allem in Richtung Turbokapitalismus durch eine sich selbst regulierende Marktwirtschaft, geschützt durch das Recht auf freien Waffenbesitz.

Die Frage, ob John McAfee in diesem Umfeld tatsächlich seine politische Heimat gefunden hätte, bleibt nun unbeantwortet.