Selbständigkeit – auch eine Frage der Persönlichkeit

Geschäftsidee, Businessplan und Finanzierung sind die elementaren Faktoren jeder Unternehmensgründung. Dennoch existiert ein viertes Kriterium, das über Wohl und Wehe der eigenen Zukunft als Unternehmer mitentscheidet, und das in nicht geringem Ausmaß. 

Ideen und Zahlen können noch so günstig und vielversprechend aussehen – wenn der oder die Gründer*in nicht das erforderliche unternehmerische Potential aufweist, ist das Projekt Selbständigkeit in der Regel zum Scheitern verurteilt. Damit sind nicht nur die Fähigkeiten gemeint, die sich auf Wirtschaftsakademien oder Universitäten erlernen lassen – es geht vielmehr auch um die ganz persönlichen Eigenschaften wie soziale Kompetenz und die charakterliche Ausprägung. Sie erst entscheiden darüber, ob aus einem aussichtsreichen Unternehmenskonzept ein real erfolgreiches Unternehmen werden kann. Ein Überblick.

Vision

Normale Menschen sehen, so weit der Blick reicht. Unternehmer sehen auch um die nächste Ecke. Dieses Bild beschreibt, welche Eigenschaft den Unternehmer im Grunde ausmacht: das zu sehen, was andere (noch) nicht sehen können.

Die Fähigkeit, aufkommende Strömungen zu erfassen, zukünftige Entwicklungen vorauszuahnen und die gewonnenen Erkenntnisse in aktuelle Entscheidungs– und Handlungsmuster umzusetzen – das unterscheidet Unternehmer von Menschen, die gewohnt sind, auf Anweisung zu handeln.

Vision bedeutet, den Weg zu einem Ziel zu bereiten, das für andere noch nicht erkennbar ist.

Durchsetzung

Ein Mitarbeiterteam auf die gemeinsame Arbeit für ein Ziel einzuschwören, das für die meisten Teammitglieder nicht nachvollziehbar ist, erzeugt naturgemäß Widerstände und Reibungsverluste. Sie zu überwinden, ist eine weitere wesentliche Unternehmereigenschaft.

Der Unternehmer muss in der Lage sein, seine Vision glaubhaft und überzeugend zu vermitteln, sollen die synergetischen Kräfte des Teams in vollem Umfang wirksam werden. Das kann sich zu einer kräftezehrenden Herausforderung entwickeln, denn die Fähigkeit zur Vision ist nicht jedem gegeben.

Mit anderen Worten: Durchsetzungsvermögen ist in vielen Fällen die Quadratur des Kreises: eine Vision an Menschen weiterzugeben, die nicht gewohnt sind, visionär zu denken und zu handeln.

Ausdauer

Mit Misserfolg produktiv umgehen – auch das ist eine zentrale Eigenschaft von Unternehmertum. Für viele ist es sogar die wichtigste Eigenschaft überhaupt, denn der Misserfolg ist ein häufiger Begleiter selbständiger Betätigung.

Die Fähigkeit, sich nach Rückschlägen wieder aufzurichten und auf den Weg zum gesetzten Ziel zu machen – das unterscheidet Unternehmer von denjenigen, die nach wenigen Versuchen aufgeben. Nur sehr wenige erfolgreiche unternehmerischen Projekte sind das Ergebnis des ersten Versuchs. In der Regel liegt eine Reihe missglückter Anläufe hinter dem letztendlich tragfähigen Konzept.

Engagement

Für sein Konzept brennen – das ist der einzige Weg zum unternehmerischen Erfolg. Ein Unternehmen lässt sich nicht nebenher auf die Beine stellen, vor allem dann nicht, wenn Gründer und Gründerinnen nicht mit voller Überzeugung und vollem Engagement dahinter stehen.

Damit ist nicht gemeint, dass sich eine neue selbständige Existenz nicht begleitend zu einer anderen Erwerbstätigkeit starten ließe. Doch gerade die Doppelbelastung aus Broterwerb und Unternehmensgründung erfordert unbedingte Hingabe zur eigenen Unternehmensidee. Anders lässt sich die Motivation, sich das anzutun, nicht auf Dauer aufrecht erhalten.

Courage

Sich selbstständig zu machen, bedeutet, von sicherem Boden auf eine schwankende Hängebrücke zu wechseln. Viele soziale Errungenschaften, die für abhängig Erwerbstätige ganz selbstverständlich sind, fallen bei der selbständigen Tätigkeit weg, allen voran die Lohnfortzahlung bei Krankheit, Urlaub und Mutterschaft.

Auch im Falle des Arbeitsplatzverlustes – hier das Scheitern des Unternehmens – gibt es kein Sicherheitsnetz wie sie die Bundesagentur für Arbeit für Lohn– und Gehaltsempfänger darstellt. Das gleiche gilt für aus dem Lohn heraus finanzierte Beiträge zu Krankenversicherung und Rente, an denen sich der Arbeitgeber beteiligt.

Mit anderen Worten: Wer sich selbständig macht, nimmt sein Leben vollständig in die eigenen Hände, mit allen Konsequenzen. Dass das Mut erfordert, versteht sich von selbst. Die Perspektiven im Falle des Erfolgs sind ein Leben in Wohlstand und Selbstbestimmung. Ob dieses Ziel den Einsatz wert ist, muss jede*r für sich selbst entscheiden.

 

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