Schwerer Rückschlag für Bayer im Glyphosat-Streit

Die Hoffnung des Chemieriesen Bayer, mit einem Berufungsverfahren gegen das Urteil zugunsten des an Krebs erkrankten Klägers Edwin Hardeman vorzugehen, hat sich zerschlagen. Nach einer Anfrage des Supreme Court beim US-Justizministerium rät dieses dem obersten Gericht, die Annahme der Berufung zu verweigern. Der Aktienkurs von Bayer sackte daraufhin um bis zu sechs Prozent ab. Damit scheint ein Ende der Affäre in ferner Zukunft zu liegen.

Das Urteil des Supreme Court richtet sich gegen den amerikanischen Chemieproduzenten Monsanto, der von Bayer 2018 übernommen worden war. Die Frage der Schadenersatzleistungen im Zusammenhang  mit dem Unkrautvernichter Glyphosat bleibt weiterhin unbeantwortet. Edwin Hardemann hatte Monsanto verklagt, weil er die glyphosathaltigen Produkte des Unternehmens für seine Krebserkrankung verantwortlich macht. In dem Urteil war ihm 2019 eine Schadensersatzsumme in Höhe von 25 Millionen Dollar zugesprochen worden.

Hohe Rechtsrisiken durch Präzedenzwirkung

Sollte das Urteil in Fall Edwin Hardemann Bestand haben, wird sich das zweifellos auf eine große Zahl weiterer Ansprüche gegenüber Monsanto und Bayer auswirken. Die Gefahr einer existentiellen Krise steht also weiterhin im Raum. Insbesondere dem Argument des Chemiekonzerns, wonach das Bundesrecht Schadensersatzregelungen in einzelnen Staaten verhindere, wollte der oberste Gerichtshof nicht folgen.

“Wir sind noch immer davon überzeugt, dass es stichhaltige rechtliche Argumente für den Supreme Court gibt, den Fall Hardeman zu prüfen und das Urteil zu korrigieren”, so die Verlautbarung aus der Bayer-Chefetage.

Angeblich gibt es auch eine große Zahl von Stellungnahmen mit der gleichen Auffassung, die bei Gericht eingegangen sind. Der Konzern beruft sich insbesondere auf die amerikanische Umweltschutzbehörde EPA, die festgestellt haben soll, dass sich Herbizide auf der Basis von Glyphosat sicher einsetzen lassen und keinen Krebs auslösen.

Kläger begrüßt das Urteil

Mit großer Zustimmung nahm die Klägerseite das Urteil auf. “Wir waren von Anfang an sicher, dass das Recht auf unserer Seite ist. Und jetzt stimmt auch die Regierung zu”, so die Anwältin des Klägers, Jennifer Moore, gegenüber verschiedenen US-Medien. Es sei ein guter Tag für Krebsopfer in den USA, die versuchen, Täter wie Monsanto zur Verantwortung zu ziehen.

Edwin Hardemann war im Jahr 2015 an Lymphdrüsenkrebs erkrankt. Die Klage begründete sich vor allem auf den Umstand, dass Monsanto nicht ausreichend auf die Gesundheitsrisiken von Glyphosat hingewiesen habe. Die Risiken sollen sogar ausdrücklich verschwiegen worden sein.

Den zahlreichen Klagen gegen Bayer und Monsanto in den USA halten beide Unternehmen eine Reihe von Studien entgegen, die bei vorschriftsmäßiger Anwendung keine Gefahr durch Glyphosat ausmachen. Dem steht insbesondere das Urteil der Internationalen Krebsagentur entgegen, auf die sich der Kläger beruft. Nach Einschätzung der Agentur ist Glyphosat für Menschen “wahrscheinlich krebserregend”.

Regulierungsphase mit offenem Ende

Kommt es nicht zu einem Berufungsverfahren, wird Bayer mit großer Wahrscheinlichkeit seine im letzten Jahr gebildeten Rückstellungen über 4,5 Milliarden Dollar aktivieren, um damit in den kommenden 15 Jahren mit den Forderungen neuer Anspruchsteller umzugehen. Darüber hinaus hat das Unternehmen einen Fünf-Punkte-Plan vorgelegt, der sich ebenfalls mit künftigen Klagen befassen soll. Dafür stehen weitere zwei Milliarden Dollar bereit.

Bisher hat Bayer 96.000 Klagen im Gesamtwert von 9,6 Milliarden Dollar durch außergerichtliche Vergleiche beigelegt. Noch offen sind jetzt 31.000 anstehende außergerichtliche Einigungen, die ihn den insgesamt 138.000 eingereichten oder angedrohten Klagen enthalten sind.