Scarlett Johansson klagt gegen Disneys Streamingpolitik

Einen Bruch geltender Verträge sieht Hauptdarstellerin Scarlett Johansson in der Veröffentlichungsstrategie ihres neuen Films “Black Widow”. Nach Ansicht des Hollywoodstars führt der gleichzeitige Start im Kino und auf der Streaming-Plattform Disney+ für sie zu massiven Einnahmeverlusten.

In der von Scarlett Johansson angestrengten Klage interpretiert die Schauspielerin das Vorgehen des Medienkonzerns als Verstoß gegen  getroffene Vertragsabsprachen. Darin sei von einer exklusiven Kinopremiere die Rede gewesen, nicht von einem gleichzeitigen Streamingstart.

Das Kino ist für Schauspieler die Haupteinnahmequelle

Dass die Hollywood-Ikone derart drastisch gegen die neuartige Vertriebsstrategie von Disney vorgeht, hat seinen guten Grund. Schauspieler beziehen den überwiegenden Teil ihrer Einnahmen aus den Einspielergebnissen der Lichtspielhäuser. Dagegen betragen die Bezüge, die sich aus dem Streaming auf Plattformen wie Disney+, Netflix oder Amazon Prime ergeben, nur einen Bruchteil dessen, was im Kino gang und gäbe ist.

Die Schauspielerin argumentiert, dass durch den gleichzeitigen Start des Films auf der Streaming-Plattform ein wesentlicher Teil der Einnahmen aus dem Kinogeschäft wegbreche, da viele Fans auf die für sie preisgünstigere Alternative des Streamens zurückgreifen. Davon ausgehend, verlangt die Darstellerin die Summe von Disney erstattet, die ihr durch den Wegfall der exklusiven Kino-Phase entgeht.

Scarlett Johansson beschuldigt Disney, sich auf ihre Kosten bereichern zu wollen. Durch den gleichzeitigen Start auf Disney+ habe der Unterhaltungskonzern ihren Vertrag erheblich entwertet. Einnahmen der Streamingplattform verblieben größtenteils im Unternehmen und helfen auch noch dabei, die Abonnentenzahlen zu steigern. Von diesem Mehrwert stehe der Schauspielerin ein Anteil zu, so heißt es laut Wall Street Journal in der Klageschrift.

Disney bestreitet Fehlverhalten

Erwartungsgemäß sieht Disney für die Klage keinen Grund. Man habe die vertraglichen Bestimmungen exakt eingehalten, heißt es in einer offiziellen Erklärung. So biete die gleichzeitige Veröffentlichung des Films auf Disney+ sogar zusätzliche Einnahmequellen, die zu denen aus dem Kinostart hinzukämen. Auf diese Weise seien bereits jetzt deutlich höhere Einnahme als die bereits bezahlten 20 Millionen Dollar entstanden.

Welche Bedeutung Streamingdienste für Filmproduktionsfirmen mittlerweile haben, belegen die Einspielzahlen. Drei Tage nach dem Start am 9. Juli waren in den Kinos 158 Millionen Dollar zusammengekommen. Auf Disney+ hatten sich in der gleichen Zeit stattliche 60 Millionen Dollar angesammelt.

Es dürfte für Disney nur schwer glaubhaft zu machen sein, dass alle Betrachter des Films auf Disney+ auf den Genuss des lang ersehnten Black-Widow-Films verzichtet hätten, wäre er in der Startphase nur im Kino gelaufen. Dieser Umstand scheint der Klage von Scarlett Johansson einige Substanz zu verleihen – und einer Reihe weiterer zu erwartender Klagen in gleicher Sache ebenfalls.

Disneys Strategiewechsel ist Corona-bedingt – aber nicht nur

Die Figur der Black Widow, die Scarlett Johansson zuvor bereits mehrfach in Avengers-Filmen verkörpert hatte, soll mit dem ersten gleichnamigen, als Prequel angelegten Film ihren Solo-Start hinlegen. In früheren Zeiten wäre das im Rahmen einer wochenlangen, möglicherweise monatelangen exklusiven Kinophase erfolgt, bevor der Film für das Streaming zur Verfügung gestanden hätte.

Vor allem die weltweiten massiven Auswirkungen von Corona-Lockdowns auf die Lichtspielhäuser haben Konzerne wie Warner und Disney veranlasst, die Ausfälle durch den gleichzeitigen Start auf den Streamingkanälen auszugleichen. Das Vorgehen von Disney beim Start von Black Widow weist angesichts der sich entspannenden Lage bei den Lichtspielhäusern darauf hin, dass möglicherweise mehr dahinter steckt. 

Branchenkenner halten es für möglich, dass die Filmstudios durch Corona die Möglichkeit sehen, ihre Vertriebsmodelle substanziell und dauerhaft in Richtung Streaming zu öffnen. Sollte das der Fall sein, dürfte die anstehende Kontroverse zwischen Scarlett Johansson und Disney nur der Beginn einer lang anhaltenden und umfangreichen Konfliktphase sein.

 

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