Palastrevolte bei Apple gegen zurückkehrende Präsenzpflicht

Das hybride Arbeitsmodell, dass Apple nach zwei Jahren Homeoffice an seinem Hauptstandort einführen möchte, kommt bei der Belegschaft nicht so gut an wie erhofft. Der Widerstand ist so groß, dass es bereits zu Kündigungen gekommen ist – auch ein Star auf dem Gebiet des maschinellen Lernens ist mit dabei.

Nach nur drei Jahren bei Apple wirft der international bekannte Machine Learning-Spezialist Ian Goodfellow das Handtuch. Grund: Apples Anweisung, in zwei Wochen wieder mindestens drei Tage pro Woche in den Betriebsräumen des Unternehmens zu arbeiten. “Ich bin fest davon überzeugt, dass mehr Flexibilität das Beste für mein Team gewesen wäre”, kommentiert der KI-Spezialist seinen Schritt in einem Rundschreiben an seine Kolleg*innen.

Apples Strategie scheint an der Realität vorbeizugehen

Dabei hatte sich die Exekutivebene des Elektronikriesen die Rückkehr zur Büroarbeit so vorteilhaft vorgestellt: Unter dem Aktionsnamen “Back to Work” wollte das Unternehmen seine in die eigenen Heimbüros versprengte Mitarbeiterschaft wieder unter dem gemeinsamen Dach vereinen.

Doch die Absicht kommt bei vielen Mitarbeitern nicht gut an, insbesondere bei denen, die in den beiden vergangenen Jahren die Vorteile der Heimarbeit erkannt haben. Auch das Motto stößt so manchem Homeoffice-Mitarbeiter sauer auf: Back to Work – als ob sie zuhause auf der faulen Haut gelegen hätten.

Apple setzt bei der Heimholung in den eigenen Standort auf ein stufenweises Vorgehen. Seit Mitte April ist ein Tag Präsenz pro Woche vorgeschrieben, seit 2. Mai zwei Tage. Ab dem 23. Mai sollen alle Mitarbeiter wieder mindestens dreimal wöchentlich im Apple-Gebäude auftauchen.

Bei den Mitarbeitern formiert sich organisierter Widerstand

Aus Protest gegen die Rückholaktion der Unternehmensführung hat sich mittlerweile unter den Mitarbeitern die Aktionsgruppe “Apple Together” gebildet. Die Gruppe hat sich in einem offenen Brief an die Geschäftsleitung gewandt und fordert ein Umdenken bei der Präsenzpflicht.

In dem in vier Sprachen abgefassten Text sprechen die Mitarbeiter sechs Punkte an, die gegen eine Rückkehr zur obligatorischen Präsenzpflicht sprechen. Der vollständige Text ist hier zu finden. Das Schreiben trägt über 3.180 anonyme Unterschriften, darunter 1.440 von derzeitigen oder früheren Mitarbeitern.

Nach Ansicht der Präsenzgegner ist Büroarbeit die Technologie des letzten Jahrhunderts. Noch fühle man sich dem Unternehmen weiterhin verpflichtet, doch erweise sich immer deutlicher, dass die Vorstellungen der Mitarbeiter über die Zukunft der Arbeit immer stärker von denen der Führungsebene abweichen.

Vor allem die fehlende Flexibilität bemängeln die Protestierer bei einer verordneten Präsenzpflicht. Diese Form der Arbeitsorganisation stamme aus der Zeit vor dem Internet, als es noch keine technischen Mittel wie Videoanrufe oder interne Gruppenchats gab. “Die Zukunft wird uns mit Menschen vernetzen, die relevante Beiträge haben, egal wo sie sind”, heißt es in dem offenen Brief.

Votum gegen die Kontrollsucht der Unternehmensführung

Eine der Forderungen von Apple Together lautet, dass Manger aufhören sollen, kontrollieren zu wollen, wer wie oft im Büro anzutreffen ist. Es sei im Grunde eine Frage des Vertrauens – und genau damit scheint es in der Führungsebene bei Apple nicht weit her zu sein.

Apple Together sieht bei der neuen Präsenzpflicht auch ein Problem bei der Inklusion. Besonders junge, weiße und männliche Personen hätten mit der verordneten Drei-Tage-Regelung die geringsten Probleme. Das würde letztendlich zu einem entscheidenden Kriterium bei künftigen Neueinstellungen werden – anstatt die Frage, wer die beste Qualifikation für den Job mitbringt.