Neuralink darf Gehirn-Computer-Schnittstelle am Menschen testen

Ein gewaltiger Markt würde sich für Startup Neuralink und seine Mitbewerber auftun, würden sich ins Gehirn eingepflanzte Chips auf breiter Ebene durchsetzen. Besonders im medizinischen Bereich würden dadurch völlig neuartige Behandlungsansätze bei teilweise bisher unheilbaren Krankheiten möglich. Auf diesem Weg scheint Neuralink durch die Genehmigung der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA für Versuche am Menschen einen wichtigen Schritt weitergekommen zu sein.

Eigenen Angaben zufolge konnte Neuralink die Behörde nun von ihren ursprünglichen Bedenken abbringen, die noch zu Beginn 2022 zu einer Ablehnung des Antrags führte – im Wesentlichen wegen Sicherheitsbedenken. Vor allem die integrierte Lithiumbatterie und die Drahtverbindungen bereiteten den Prüfern Sorgen, ebenso die Frage, wie sich der Chip ohne Schädigungen des Gehirns wieder entfernen lasse. Welche Argumente und Verbesserungen nun zur Genehmigung beigetragen haben, ist bisher nicht bekannt.

Neue Heilungsansätze durch direkte Hirnsteuerung

Nähere Details zu der geplanten Studie hat Neuralink bisher nicht veröffentlicht. Dennoch ruhen große Hoffnungen auf der Gehirn-Computer-Schnittstelle. So sollen beispielsweise Gelähmte auf diesem Weg wieder das Laufen lernen. Auch eine Reihe neurologischer Erkrankungen sollen durch neurale Computerverbindungen heilbar werden. Nach Angaben des Unternehmens stehen nach der FDA-Genehmigung nun die Türen für erste Einpflanzungen in die Gehirne menschlicher Probanden offen, um praxisnahe Versuche zu starten.

Selbst psychische Erkrankungen wie Depressionen oder sogar Schizophrenie will Neuralink über Gehirn-Computer-Links behandeln. Andere Anwendungsgebiete sollen die Suchtbekämpfung und eine Therapie gegen Fettleibigkeit sein. Ein anderer Typ des Chips ist zur Implantation in die Augen vorgesehen. Er soll nicht weniger als die Wiederherstellung des Sehvermögens bei Blinden ermöglichen.

Doch die Visionen bei Neuralink gehen noch einen Schritt weiter: Angedacht ist eine direkte neuronale Verbindung von Gehirn zu Gehirn – was nicht mehr und nicht weniger bedeuten würde als erste Anfänge von Telepathie.

Weitere Anwendungen über alle Lebensbereiche hinweg

Dass sich Firmengründer Elon Musk nicht allein auf medizinische Anwendungen beschränken würde, war abzusehen. So soll die Gehirn-Computer-Schnittstelle im Endeffekt dazu führen, die technische Hürde zwischen Mensch und Computer zu überwinden. Vor allem die bisherigen Interaktionsformen wie das Tippen auf einer Tastatur, Steuerung über die Computermaus oder die Eingabe von Befehlen per Sprache behindern nach Meinung zahlreicher Experten die effiziente Nutzung von Computern.

Besonders künstliche Intelligenz könne sich bei ihrer Fortentwicklung als unvorhersehbare Größe darstellen. Überschreitet sie die Grenzen menschlicher Intelligenz – und das wird von der Mehrzahl der Experten als realistisches Szenario gesehen – lässt sich auf konventionellen Wegen keine sinnvolle Interaktion mit Computern mehr herstellen. Hier wird es auf die direkte neuronale Verbindung mit dem Hirn ankommen, um die Potentiale von Computern noch sinnvoll nutzen zu können.

Bisher nur Versuche mit Tieren

Bisherige Versuche fanden bei Neuralink an Tieren statt, wobei diese zu Ermittlungen zweier Behörden geführt haben. So wurden Affen Chips eingepflanzt, über die sie angeregt wurden, Computerspiele zu spielen oder mit der Computermaus vorgegebene Bewegungen auf dem Bildschirm zu vollführen.

Allerdings scheint Neuralink dabei geltende Vorschriften verletzt zu haben. So soll es zu Verstößen gegen das Tierschutzgesetz gekommen sein. Auch soll das Startup bakteriell befallenes Material nicht ausreichend gesichert haben. Angesichts dieser Verstöße erscheint die jetzt ausgesprochene Genehmigung der FDA zumindest überraschend. Sollte sie den Tatsachen entsprechen, sind von dem Startup allerdings vielversprechende Entwicklungen zu erwarten.