Neue Virus-Varianten schicken CureVac-Kurs in den Keller

Der Corona-Impfstoff des Tübinger Biotech-Startups CureVac steht nach neuesten Tests massiv unter Beschuss. In einer spätabendlichen Erklärung am Mittwoch sah sich das Unternehmen anlässlich eines Zwischentests gezwungen, für den Impfstoffkandidaten CVnCoV eine Wirksamkeit von lediglich 47 Prozent zu bestätigen. Die Nachricht führte an der Börse zu starken Kursverlusten.

Die Wirksamkeit von 47 Prozent gelte bei Corona-Erkrankungen jeglichen Schweregrades, hieß es von Seiten des Unternehmens. Die erforderlichen statistischen Erfolgskriterien seien nicht erreicht worden. Damit geht die seit Dezember andauernde finale 2b/3-Studienphase mit einem Misserfolg zu Ende. Ob es jemals zur Auslieferung des Impfstoffs kommen wird, ist nicht sicher.

Widersprüchliche Ankündigungen in den letzten Monaten

Aktionäre und Analysten erlebten in letzter Zeit ein ständiges Hin und Her in der Nachrichtenlage des Tübinger Impfstoffproduzenten. So verkündete CureVac noch Anfang Juni, man gehe von einer EU-weiten Zulassung spätestens im zweiten Quartal 2021 aus. Nur wenig später berichtete das Biotech-Unternehmen von Verzögerungen, die sich auf den Starttermin auswirken. Danach kamen Vermutungen auf, es könne im August zum Auslieferungsstart kommen.

Auch die Lieferprognose der Bundesregierung, die an CureVac Anteile hält, war von widersprüchlichen Aussagen geprägt. So hatte das Bundesgesundheitsministerium den Impfstoff ursprünglich für die zweite Jahreshälfte eingeplant. Auf der neuesten Liste des Ministeriums zur Lieferplanung verfügbarer Impfstoffe war CureVac dann nicht mehr aufgeführt.

Mutationen verursachen verminderte Wirksamkeit

„Wir bekämpfen eigentlich ein anderes Virus“, sagte Franz-Werner Haas, Vorstandsvorsitzender bei CureVac anlässlich einer Telefonkonferenz am Donnerstag. Der ursprüngliche Ausgangstyp des Virus ließe sich letztens nur in knapp einem Prozent der Infektionsfälle nachweisen. Alle anderen Fälle beträfen neue Varianten.

Dennoch verkündet CureVac Optimismus – auch nach den negativen Testergebnissen. Anlass zur Verlangsamung der Abläufe sieht Franz-Werner Haas nicht. Das gelte sowohl für die laufende Forschung als auch für die Produktionsvorbereitungen.

Besonders von der endgültigen Auswertung der Studiendaten in etwa zwei bis drei Wochen erhofft sich CureVac eine deutlich bessere Bewertung. Die Einbeziehung weiterer Krankheitsfälle soll dann zu einer deutlich besseren Wirkquote führen, hieß es von Seiten des Biotech-Unternehmens.

Bundesregierung steht weiterhin zu CureVac

Trotz des Rückschlags bei der Entwicklung eines wirksamen Corona-Impfstoffs hält die Bundesregierung an ihrer Beteiligung an CureVac fest. Als Grund gibt das Bundeswirtschaftsministerium gesundheits- und industriepolitische Ziele an. Es gehe nicht nur um mehr Impfstoffe, sondern auch um die Unterstützung der Forschung in Deutschland.

Der Bund setzt auch auf die zusätzlichen Effekte der Forschung um die Corona-Epidemie. So sei die mRNA-Technologie, die auch in Impfstoffen von Moderna und BioNTech/Pfizer zur Anwendung kommt, von universeller Bedeutung. Sie spiele in einer Reihe von Anwendungsfällen eine Rolle, nicht zuletzt auch in der Krebsforschung.

Die Staatsbeteiligung bei CureVac ist nicht unumstritten. Insbesondere aus den Reihen der FDP kommt harsche Kritik. Demnach sei der Einstieg des Bundes bei dem Biotech-Startup ein „Indiz für die verfehlte Beteiligungspolitik von Wirtschaftsminister Altmaier“, so Reinhard Houben, wirtschaftspolitischer Sprecher der freien Demokraten.

Einen „Staatseinstieg ohne Not“ nennt der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr, die Beteiligung des Bundes. Nach Ansicht des Wirtschaftswissenschaftlers sei die Bundesrepublik ohne Not in ein Unternehmen eingestiegen, das bereits im Frühjahr 2020 genügend private Investoren gefunden habe.

„Der Fall CureVac zeigt wieder einmal, dass Politiker keineswegs die besseren Investoren sind“, kommentiert der IfW-Chef das Vorgehen der deutschen Regierung.