Netflix-Aktie enttäuscht Anleger

Trotz gesteigerter Ertragslage sind Analysten und Anleger vom eben vorgelegten Geschäftsbericht des Streaming-Anbieters für das erste Quartal enttäuscht. Vor allem bei den Kunden-Neuzugängen zeigt das Unternehmen deutliche Schwächen. Das führte nachbörslich zu einem Kursverlust von über acht Prozent.

Beobachter waren davon ausgegangen, dass die anhaltenden Lockdown-Effekte der Pandemie auch in diesem Jahr wieder für deutliche Zuwachsraten bei den Abonnenten führen würden. Aktienexperten erwarteten einen Zuwachs von sechs Millionen Nutzern in den ersten drei Monaten. Real stießen aber nur knapp vier Millionen Neukunden zum Streaming-Branchenführer.

Aktie glänzt mit guter Rendite

Im ersten Quartal wies die Netflix-Aktie einen Gewinn von 3,75 US-Dollar aus, gegenüber einem Gewinn von 1,95 Dollar im Vergleichszeitraum im Jahr zuvor. Das überraschte die Analysten, die lediglich 2,97 Dollar erwartet hatten.

Auch die Umsatzentwicklung verlief positiv. Der Wert stieg von 5,77 auf 7,16 Milliarden Dollar und lag damit über den Erwartungen der Analysten, die von 7,14 Milliarden Dollar ausgegangen waren.

Neukundengeschäft zeigt Verschleißerscheinungen

Dass sich die Zahlen bei den Neukunden nicht erwartungsgemäß entwickeln, hat unterschiedliche Gründe, die sich auch in der Zukunft als trendweisend darstellen. So gibt auch der unternehmenseigene Ausblick wenig Anlass zur Euphorie. Für das zweite Quartal sieht der Streaming-Anbieter lediglich einen Zuwachs um eine Million Neukunden, und das gegenüber erwarteten 4,4 Millionen.

Der Boom bei den Zuwachsraten, wie er sich bei Ausbruch der Corona-Pandemie im vorigen Jahr gezeigt hatte, weist mittlerweile deutliche Erosionserscheinungen auf. Beobachter sehen dafür unterschiedliche Gründe.

Zum einen scheint die Tendenz bei Netflix, Serien nach nur einer weniger erfolgreichen Staffel gnadenlos abzuwürgen, für massive Frustrationen bei dem Fans geführt zu haben. Hinzu kommen Corona-bedingte Produktionsprobleme, die sich hemmend auf die Erscheinungshäufigkeit neuer Filme und Serien auswirken. Firmensprecher deuten an, dass erst in der zweiten Jahreshälfte wieder mit einer größeren Zahl an Neuproduktionen zu rechnen ist.

Und schließlich macht Netflix auch die ständig wachsende Konkurrenz zu schaffen. Als Hauptkonkurrent profiliert sich der 2019 gestartete Disney-Streamingdienst Disney+, der im März bereits die 100-Millionen-Linie bei den Bezahl-Abos durchstoßen hatte.

Zwar ist Netflix noch immer doppelt so groß wie sein Herausforderer. Doch der Abstand schrumpft: Zum einen glänzt Disney+ mit aggressiven Zuwachsraten. Zum anderen liegen beim Herausforderer noch eine Menge stille Reserven bereit. So hat der Unterhaltungskonzern seinen Start in vielen wirtschaftlich wichtigen Ländern und Regionen noch gar nicht eingeläutet.

Mögliche Defizite bei der Kundenorientierung

Wenn ein Unternehmen Misserfolge beim eigenen Firmenergebnis mit Kritik an den Mitbewerbern bemäntelt, ist zumindest ein aufmerksamer Blick auf die Unternehmenskultur angebracht. So weist der Netflix-Geschäftsbericht deutliche Seitenhiebe auf Disney+ auf, dessen hohe Zuwachszahlen nach Ansicht des Marktführers auch auf zahlreiche Werbe- und Rabattkampagnen zurückgingen.

Abgesehen von dem Umstand, dass derartige Aktivitäten auch Netflix offen stehen, scheint die Argumentation auf einen gewissen Orientierungsverlust bei der Kundenzentrierung hinzudeuten. Statt sich mit offensiven Maßnahmen zur Neukundengewinnung zu beschäftigen, tat sich der Platzhirsch unter den Streaming-Anbietern in den letzten Monaten lieber mit Preiserhöhungen und restriktiven Maßnahmen gegen das Teilen von Passwörtern hervor.

Dass sich das Unternehmen mit derartigen Aktionen nicht gerade Freunde in seiner Anhängerschaft macht, ist leicht nachvollziehbar. Über die viralen Auswirkungen solcher Strategien hätte sich der Streaming-Anbieter allerdings bereits im Vorfeld klar sein müssen. Empfehlungsmarketing lässt sich mit dieser Firmenpolitik jedenfalls nicht erfolgreich betreiben.