Nachhaltigkeit gewinnt bei der Immobilienbewertung an Bedeutung

Der Trend weg von Risikoanlagen und Investments abseits des Kapitalmarkts nimmt unvermindert zu, insbesondere angesichts der teilweise unübersichtlichen Lage zu Beginn der vierten Pandemiewelle. Der werterhaltende Effekt von Immobilien wird für viele Anleger zum zentralen Kriterium ihrer Vermögensplanung – dabei gewinnen nachhaltige Faktoren immer mehr an Bedeutung.

Standen bisher vor allem Argumente wie Rentabilität, Vermietbarkeit und Kostenstruktur im Vordergrund, gewinnt der Nachhaltigkeitsaspekt zunehmend an Boden, nicht zuletzt auch durch die Erwartungshaltung der Investoren. Gerade die Aspekte Rentabilität und Vermietbarkeit hängen in Zukunft vornehmlich davon ab, wie nachhaltig der Bau und Betrieb der Immobilie gestaltet ist.

Klimaziele als strategische Komponente

Die nationalen Klimaziele – aber auch der Green Deal der Europäischen Union – wachsen sich unaufhaltsam zum Game Changer in der Immobilienwirtschaft aus. Bauwerke der Bereiche Wohnen und Arbeiten werden ihre Marktfähigkeit in Zukunft hauptsächlich durch ihre Fähigkeit beweisen müssen, den ökologischen Forderungen in Bezug auf Umwelt und Klimaschutz gerecht zu werden.

Insbesondere das Thema Heizen wirkt sich markant auf die Ökobilanz einer Immobilie aus. Hier warten sowohl beim Neubau als auch bei der Renovierung große herausforderungen auf Bauträger und Immobilienentwickler.

Laut der Studie “Net-Zero Deutschland” der Unternehmensberatung McKinsey werden Immobilienunternehmen nicht darum herumkommen, ihren gesamten Bestand nach energetischen Aspekten zu optimieren, soll das Portfolio dauerhaft marktfähig bleiben. Global gesehen ist die deutsche Immobilienwirtschaft bereits auf einem guten Weg: Innerhalb der letzten 30 Jahre konnten Bauträger mehr als 40 Prozent der bisherigen Emissionen vermeiden. Doch das ist nur ein Teilerfolg.

Abschied von fossilen Energieträgern unumgänglich

Der Einsatz nachhaltiger Technologien bei Anlagen zur Wärme- und Warmwasserversorgung wird entscheidend dazu beitragen, Gebäude nachhaltig zu gestalten. Lag der Fokus bisheriger Initiativen vor allem auf Isolierung und Dämmung, geht es jetzt vor allem darum, die Wärmeerzeugung selbst ökologisch effektiv zu machen.

Hier kann der zügige Ausbau des Fernwärmenetzes Abhilfe schaffen. Wo das nicht möglich ist, sind ortsgebundene Technologien angebracht, allen voran Photovoltaik und Wärmepumpen. Auch der Einsatz fortschrittlicher Brennstoffe wie beispielsweise grüner Wasserstoff oder Biogas wird in naher Zukunft deutlich an Bedeutung gewinnen, so die McKinsey-Studie.

Neue Aufgaben für Emittenten

Auf die Gestalter von Immobilienfonds warten seit dem Bedeutungszuwachs von Nachhaltigkeit neue Herausforderungen. Die Bewertung von Immobilien, die Bestandteil eines nachhaltigen Fonds werden sollen, muss in großen Zügen völlig neuen Kriterien folgen.

Zentrales Element der Wertschöpfung bei nachhaltigen Immobilienfonds müssen Umweltaspekte sein. Dabei geht es nicht nur um den Einsatz ökologischer Baustoffe und Verfahren, sondern auch um die Öko-Bilanz des Bauwerks, ausgedrückt durch den Einsatz klimafreundlicher Energiesysteme. Aber auch Fragen wie Sonnenschutz, Verschattung oder die Qualität der Raumluft gehören in diesen Themenkreis.

Nachhaltigkeit ruht auf mehreren Kriterien

Daneben sind auch soziale Faktoren Teil des Nachhaltigkeitskonzepts. Neben der Lebensqualität der Bewohner sind hier auch Fragen der Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs und die Anbindung an den örtlichen Nahverkehr von Bedeutung.

Schließlich spielt auch die Nachhaltigkeit unter wirtschaftlichen Aspekten eine Rolle, beispielsweise die Zukunftsfähigkeit und Reparaturanfälligkeit des Bauwerks. Zu den Qualitätskriterien eines Immobilienfonds gehören auch die Ausschlusskriterien bei der Nutzung des Gebäudes, insbesondere bei Gewerbeimmobilien. So weisen zahlreiche Fonds Sperrklauseln für bestimmte Branchen aus, beispielsweise Spielcasinos oder Waffenhersteller und -händler.

Die Qualität eines nachhaltigen Immobilienfonds bemisst sich aus dem Zusammenspiel aller Kriterien, nicht aus der Betonung eines Teilbereichs, um Schwächen oder Kompromisse auf anderen Gebieten zu bemänteln. Ein nachhaltiger Immobilienfonds, der seinen Namen verdient, bietet das beste aus allen Bereichen. Umweltbewusstsein, soziale Kriterien und Wirtschaftlichkeit müssen sich durchaus nicht gegenseitig ausschließen.