Mode und Stil im Berufsalltag – Wie man visuell Kompetenz vermittelt
Ob bereits in der frühen Schulzeit, im Studium oder spätestens im Berufsleben: Kleidung und Ausdrucksweise eines Individuums spielen, ob bewusst oder nicht, eine große Rolle bei der Bildung eines eigenen Stils und der visuellen Vermittlung von Kompetenz. Doch wie wirken sich teils marginale Details im eigenen Modestil und dem Verhalten oder auch sogenannte Statussymbole eigentlich auf das kommunizierte Außenbild aus?
Business Formal, Business Casual, Smart Casual, Semi Formal – die Liste der unterschiedlichen Kleidungsstile für den Arbeitsplatz, zum Beispiel das klassische Büro, erscheint auf den ersten Blick nicht gerade leicht verständlich. Viele Arbeitnehmer kennen das Problem, dass jeden Tag aufs Neue entschieden werden muss, welche Kleidung am Arbeitsplatz getragen werden soll. Menschen mit vorgeschriebener Arbeitskleidung, etwa Köchinnen und Köche in Restaurants oder Angestellte am Bankschalter, mögen kaum Flexibilität haben, aber eben auch nahezu keine Probleme bei der Wahl der täglichen Arbeitskleidung.
Gerade ohne oder nur mit wenigen Einschränkungen erweist sich diese Wahl durch die schiere Menge an möglichen Optionen laut Umfragen für mehr als ein Drittel aller Arbeitnehmer als überaus schwierig. Dabei vermittelt ein solches Outfit mehr, als man zunächst annehmen könnte: So wird nicht nur die Unternehmenskultur repräsentiert; auch der eigene Status innerhalb der Firma und im sozial-kollegialen Umfeld wird über Mode und den eigenen Stil visuell kommuniziert.
Der erste Eindruck ist im Leben, wie hinlänglich bekannt, essenziell für die Meinungsbildung beim Gegenüber. Etwa 30 und 60 Sekunden reichen aus, um sich, zumindest unterbewusst, eine Meinung zu bilden. Die Zeit, etwas über sich selbst mittels visueller Kommunikation zu vermitteln, etwa bei Vorstellungsgesprächen oder dem ersten Kundenkontakt, ist also entsprechend kurz. Die getragene Kleidung, eventuelle Accessoires oder die sogenannten Statussymbole helfen dabei, Aufschluss über sich zu geben und bestimmte Aspekte, die vermittelt werden sollen, zu beeinflussen.
Trotz mehr oder weniger vordefinierter Dresscodes sollte allerdings bedacht werden, dass gewisse Aspekte des eigenen Kleidungsstils die Wahrscheinlichkeit teils deutlich erhöhen können, das gewünschte Selbstbild zu vermitteln. Allerdings gibt es dabei keine Garantien, denn gerade in Bezug auf Kleidung – nicht nur am Arbeitsplatz – sind die damit verbundenen Assoziationen höchst subjektiv.
Beispielsweise kann das Tragen sehr bunter, knalliger Farben als mutig und selbstbewusst interpretiert werden – oder auch als dezent kindisch und zu verspielt. Der Fokus auf bekannte, oftmals teure Markenkleidung kann bei einem Menschen als trend- und qualitätsbewusst gedeutet werden – oder er wird als zu egozentrisch und oberflächlich wahrgenommen. Das Tragen hoher Schuhe wird von gewissen Personen als selbstsicher und stolz gewertet, von anderen jedoch auch schnell als arrogant und geltungssüchtig angesehen.
Auch Verhandlungsexperten betonen die Bedeutung der visuellen Kompetenzvermittlung
Der bekannte Verhandlungsspezialist Prof. Dr. Jack Nasher, Gründer des Münchener NASHER-Verhandlungsinstituts und mehrfacher Autor diverser Spiegel-Bestseller, erläutert auf seinem offiziellen YouTube-Kanal in mehreren Beiträgen das komplexe Thema der Vermittlung beziehungsweise Ausstrahlung von Kompetenz auf visueller, nonverbaler Ebene. Auch in seinem Buch Überzeugt! Wie Sie Kompetenz zeigen und Menschen für sich gewinnen (Campus Verlag, 2017; Taschenbuch bei Goldmann Verlag, 2019) geht Nasher mehrfach auf die Demonstration der eigenen Kompetenz über die eigene Körpersprache ein.
In seinem YouTube-Video Wie wirst Du visuell als kompetent wahrgenommen? (der Winkel) geht der Kommunikationsexperte dabei auf scheinbar marginale Details ein, welche sich in der unterbewussten Wahrnehmung der meisten Menschen allerdings stark auf die wahrgenommene Kompetenz und den Status einer Person auswirken. Neben der Wahl der Arbeitskleidung spielen dabei etwa auch die Körperhaltung und die Sitzposition eine Rolle. So werden Menschen, die sich beim Sitzen um etwa 30° angewinkelt positionieren, von ihrer Umgebung unterbewusst am kompetentesten wahrgenommen. Aus genau diesem Grund würde auch zahlreiche Politiker oder Manager auf ihren Portraits genau diese Kopf- und Körperausrichtung wählen.
Jack Nasher erwähnt zudem auch, dass Status und Statussymbole auch heutzutage noch eine besonders wichtige Rolle einnehmen, obwohl viele eher egalitär eingestellte Menschen denken, dass diese in der Gegenwart keine besonders relevante Rolle mehr spielen. Dazu zählen auch noch die „klassischen“ Elemente wie ein eleganter Anzug samt entsprechender Armbanduhr oder einer modernen Smartwatch. Als besonderes Phänomen und „bewusster Stilbruch“ der bekannten, erwarteten Dresscodes wird außerdem der sogenannte Red-Sneakers-Effekt genannt.
Wie schon erwähnt können besonders kräftige, auffällige Farben bei der eigenen Arbeitskleidung als besonders selbstbewusst und mutig interpretiert werden, aber eben auch als zu verspielt, kaum ernst zu nehmen und besonders für Menschen an der Spitze einer Unternehmenshierarchie unpassend. Doch der eigene Status kann durch den bewussten, unangepassten und scheinbar rebellischen Bruch dieser Erwartungshaltungen noch erhöht werden. So etwa fällt ein Bill Gates oder Mark Zuckerberg mit knallroten und sportlichen Sneakers besonders auf – nicht nur im eigenen Unternehmen, sondern zum Beispiel auch zu offiziellen Gerichtsanhörungen.
Dieses Verhalten muss man sich allerdings, so Nasher, auch erst einmal erlauben können. Als Gründer und CEO eines internationalen und milliardenschweren Unternehmens hat man logischerweise weniger Gegenwind bei der Wahl einer eher extrovertierten Arbeitskleidung zu befürchten als etwa ein regulärer Angestellter, der mit neonpinken Adiletten zu einem wichtigen Kundenmeeting erscheint. Wie so oft im Leben ist hier, auch in Bezug auf modische Accessoires und Körperschmuck am Arbeitsplatz, das Motto Weniger ist mehr ein äußerst empfehlenswerter Ratschlag.