Mercedes startet ins autonome Zeitalter – teilweise

Als erster Hersteller in Deutschland startet Mercedes den Verkauf von Fahrzeugen mit echtem autonomen Fahrbetrieb auf Level 3. Vom vollständig selbstfahrenden Auto ist das System mit Namen DrivePilot allerdings noch weit entfernt: Der autonome Fahrbetrieb ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

Dennoch bedeutet der Verkaufsstart einen wichtigen Schritt in den autonomen Fahrzeugmarkt, insbesondere als Kampfansage gegen Tesla. Als Marke mit dem Nimbus des deutschen Qualitätsautos, kombiniert mit autonomem Fahren, dürfte Mercedes bei selbstfahrenden Systemen in Kürze ganz vorne mitmischen.

Autonom nur unter bestimmten Bedingungen

Der autonome Fahrbetrieb unter Level 3 ist nur auf der Autobahn und bei niedrigen Geschwindigkeiten zulässig, beispielsweise bei Stauverkehr. Dennoch macht das selbsttätige Fahren unter diesen Bedingungen Sinn: Gerade bei stockendem Verkehr ist das manuelle Fahren ermüdend und anstrengend. Der autonome Modus entlastet den Fahrer und gibt ihm Gelegenheit, sich anderen Aufgaben zuzuwenden oder sich einfach nur auszuruhen.

Der autonome Modus bei Mercedes bedeutet einen wichtigen Schritt über bisherige Fahrassistenzsysteme hinaus. Spurhaltung oder Abstandsregelung gibt es schon seit einiger Zeit, doch alle herkömmlichen Assistenzsysteme erforderten die anhaltende Aufmerksamkeit des Fahrers, um bei Bedarf die Kontrolle selbst zu übernehmen. Der autonome Modus unter Level 3 erlaubt es dem Fahrer erstmals, die Kontrolle vollständig an das Fahrzeug zu übergeben.

Fundamentale Änderungen beim Haftungsrecht

Beim autonomen Fahrbetrieb – auch bereits unter Level 3 – geht die Verantwortung für unfallfreien Betrieb auf das Fahrzeug, beziehungsweise den Hersteller über, zumindest unter den für den autonomen Fahrbetrieb gegebenen Voraussetzungen.

Das hat markante Auswirkungen auf die Rechtslage, wenn es zu einem Unfall kommt. Bei einem eingeschalteten Fahrassistenzsystem liegt die Verantwortung – und damit die Haftung – im Schadensfall grundsätzlich beim Fahrer. Der Grund: Auch bei aktivem Betrieb des Assistenzsystems muss der Fahrer immer bereit zur Übernahme des manuellen Fahrbetriebs sein, wenn es die Situation erfordert.

Anders beim autonomen Fahren. Hier geht die Verantwortung auf das Fahrzeug, beziehungsweise den Hersteller über, der die autonomen Fahrfunktionen programmiert und die erforderliche Hardware bereitgestellt hat. Bei autonomen Systemen unterhalb von Level 5 gelten allerdings die durch den Level vorgegebenen Betriebsvoraussetzungen.

Für Level 3 bedeutet das: Nur, wenn sich das Fahrzeug auf der Autobahn befindet und mit geringer Geschwindigkeit fährt, trifft die Haftungspflicht im Schadensfall den Hersteller. Hat der Fahrer den autonomen Fahrbetrieb bei höheren Geschwindigkeiten oder abseits von Autobahnen aktiviert, trifft ihn bei Unfällen selbst die Schuld.

Erstes echtes autonomes Fahrsystem

Mit DrivePilot startet Mercedes weltweit das erste für die Straße zugelassene autonome Fahrsystem, das auch haftungstechnisch die Verantwortung übernimmt. Selbst das Assistenzsystem Autopilot von Tesla erfordert die ungeteilte Aufmerksamkeit des Fahrers einschließlich ständiger Lenkbereitschaft.

Nach Angaben von Mercedes überwacht DrivePilot selbsttätig die Einhaltung der Betriebsvoraussetzungen. So lässt sich das System nur auf Autobahnen aktivieren, und dort auch nur bei Geschwindigkeiten bis maximal 60 Stundenkilometern.

Auch den Abstand zum Vordermann überwacht das System. Ist er gering genug, um auf Kolonnenverkehr zu schließen, lässt sich das System aktivieren. Wächst der Abstand wieder an, interpretiert das System das als Übergang in den fließenden Verkehr und verlangt vom Fahrer die Übernahme der Steuerung innerhalb von zehn Sekunden.

Abbau der Einschränkungen: ein fließender Prozess

Es gibt weitere Einschränkungen, die den autonomen Fahrbetrieb unterbrechen, beispielsweise das Durchfahren von Baustellen oder das Passieren eines Autobahnkreuzes. Für die Zukunft erwartet Mercedes die Ausweitung des rechtlichen Rahmens, um solche Unterbrechungen zu vermeiden. Zunächst ist allerdings der Aufbau von Vertrauen in das neue Fahrzeitalter erforderlich.

DriveNow kostet für die S-Klasse mit Verbrennungsmotor 5.000 Euro plus Mehrwertsteuer. Bei Elektroautos beträgt der Preis rund 7.400 Euro, weil hier der zusätzliche Einbau eines Fahrassistenzpakets erforderlich ist.