Kulturbranche zeigt erste Öffnungseffekte
Obwohl die Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland und Europa zu den dynamischsten Wirtschaftszweigen überhaupt gehört, blieb die Branche während der Corona-Pandemie weitgehend auf sich allein gestellt. Nun zeigen sich erste Anzeichen, dass der fast vollständige Stillstand zu Ende gehen könnte. Ein Testkonzert in Barcelona lässt die Hoffnung aufkommen, dass Großveranstaltungen in absehbarer Zeit wieder möglich sein könnten.
Mit rund 174 Milliarden Euro volkswirtschaftlicher Gesamtleistung gehörte die Kultur- und Kreativbranche noch 2019 zu den wichtigsten Wirtschaftsfaktoren in Deutschland. Mit dem Ausbruch der ersten Pandemiewelle im März 2020 ging für die meisten Kulturschaffenden und die Angehörigen von Kreativberufen fast das gesamte Geschäftsvolumen verloren. Nun sind erste Projekte auf dem Weg, die einen Weg zurück zum geregelten Kultur- und Kreativbetrieb weisen könnten.
Ein Signal der Hoffnung aus Barcelona
Nach eine Testkonzert der Band „Love of Lesbian“, das Ende März im Palau Sant Jordi in Barcelona vor 5.000 begeisterten Fans stattfand, liegen nun die Analyseergebnisse vor. Im Mittelpunkt der Untersuchungen stand das Hygienekonzept der Veranstaltung und die Wirkung, die von ihm ausging.
Voraussetzung für den Besuch des Konzerts war das Tragen einer FFP2-Maske und die Vorlage eines negativen Corona-Tests. Auch von Veranstalterseite gab es Vorkehrungen: So sorgte eine eigens installierte Lüftungsanlage für die erforderliche Luftzirkulation.
Dass es keine Vorgaben zur Einhaltung von Mindestabständen gab, war ein zentrales Element der Tests. Nur so lassen sich Großveranstaltungen mit Tausenden von Besuchern durchführen. Einschränkungen bei der Besucherdichte sahen die Verantwortlichen – eine Kooperation mehrerer Konzert- und Festivalveranstalter sowie einem Krankenhaus – lediglich in sensiblen Bereichen wie beispielsweise den Toiletten vor.
Die Testergebnisse sind ermutigend
Aus den Daten der staatlichen Gesundheitsbehörde lassen sich auch zwei Wochen nach dem Konzert keine Anzeichen auf Übertragungen des Corona-Virus während der Veranstaltung ableiten, so der am Test beteiligte Arzt Josep Llibre.
Das bedeutet allerdings nicht, dass es unter den Zuschauern keine positiven Corona-Befunde gegeben hätte. Sechs Besucher waren in den Anschlussuntersuchungen positiv auf Corona getestet worden. Bei keinem von ihnen zeigten sich allerdings Krankheitssymptome.
Bei vier der sechs Fälle konnten die Testleiter mittlerweile zweifelsfrei feststellen, dass die Ansteckung nicht während des Konzerts erfolgt ist. Nur bei zwei von 5.000 Besuchern liegt ein positiver Befund vor, dessen Ursache bislang nicht bekannt ist.
Informationsdefizit bei Nachfolgetests
Das Testprojekt beinhaltet keine Erhebungen darüber, wie viele Konzertbesucher in den zwei Wochen nach der Veranstaltung einen Corona-Test absolviert haben. Theoretisch ist also möglich, dass es noch weitere positive Fälle ohne Symptome gibt. Auch bei diesen Ansteckungen ist nicht bekannt, ob sie auf das Konzert zurückgehen oder andere Ursachen haben.
Insgesamt gesehen lässt sich im Infektionsbild der Region seit dem Testkonzert keine markante Erhöhung der üblichen Verläufe feststellen. Die Verantwortlichen gehen davon aus, dass von einer unter strikten Hygienevorschriften abgehaltenen Großveranstaltung keine wesentliche Gefahr für die Infektionslage in der Bevölkerung ausgeht.
Ein Testprojekt mit Signalwirkung
Für die internationale Kultur- und Kreativindustrie bedeutet das positive Ergebnis des Testkonzerts in Barcelona eine Perspektive, um in absehbarer Zeit wieder zu geregelten Verhältnissen zurückzufinden. Mit Stolz weist Jaume Collboni, Vize-Bürgermeister von Barcelona, auf die Vorreiterrolle seiner Stadt hin: „Einmal mehr sind Barcelona und seine Kulturszene Pioniere in einer nie dagewesenen Situation, bei der es darum geht, kulturelle Aktivitäten und gesundheitliche Aspekte in Einklang zu bringen.“
Nach Ansicht der Stadtverwaltung von Barcelona ist nun die Zeit gekommen, Restriktionen zu lockern und kulturelle Aktivitäten wieder aufleben zu lassen. Ob andere Regionen sich in absehbarer Zeit dieser optimistischen Sichtweise anschließen, bleibt abzuwarten.