Kryptowährungen – die neuen Offshore-Konten?

Wenn eine Bitcoin-Transaktion im Wert von über einer Milliarde Dollar über die Blockchain läuft und niemand nachvollziehen kann, wer die Urheber dieser Überweisung sind, ist das ein deutliches Indiz dafür, dass digitale Währungen gute Voraussetzungen für kriminelle Handlungen eröffnen. Allerdings ist der Anteil der illegalen Transaktionen im Vergleich zum Gesamtvolumen geringer als vermutet.

Cybercoin-Kriminalität kann auf unterschiedliche Weise ablaufen. Vor allem der Umstand, dass die Geldströme nicht von einer Zentralbank überwacht und reguliert werden, öffnet unkontrollierbaren Geldströmen Tür und Tor. Im Grunde ist alles möglich – bis die Eigner ihr digitales Geld in echte Währung umtauschen wollen.

Kapitalflucht am Schlüsselbund

War der Transfer von Schwarzgeld ins Ausland früher mit einem hohen Entdeckungsrisiko verbunden, sieht das mit Bitcoins & Co. ganz anders aus. Hinter dem Fahrzeugdach-Himmel verborgene Banknotenbündel oder unauffällig platzierte Brillantendepots gehören im Zeitalter der Kryptowährungen der Vergangenheit an. Heute lassen sich auch Millionenbeträge auf einem unauffälligen USB-Stick am Schlüsselbund transportieren.

Dennoch ist diese Form der Kapitalflucht nicht völlig risikofrei. Zwar lassen sich die Eigner der Krypto-Wallets in den meisten Fällen nicht feststellen. Allerdings laufen alle Transaktionen über ein öffentliches, allen zugängliches Protokoll, die Blockchain. In ihr lassen sich wiederholte Geldströme bestimmter Wallets nachverfolgen. Befindet sich die zugehörige Handelsbörse in Deutschland oder einem Land, mit dem ein Rechtshilfeabkommen besteht, sind die Urheber der Geldströme auf diesem Weg relativ einfach ausfindig zu machen.

Schwerpunkt von Krypto-Kriminalität: Steuerdelikte

Die vielfach kolportierten Berichte von Waffen- und Drogengeschäften über das Darknet, die mittels Bitcoin und Co. finanziert und abgewickelt werden, stellen in der Gesamtsicht nur einen verschwindend kleinen Anteil am kriminellen Gesamtvolumen dar. Die überwiegende Mehrheit der Straftatbestände geht auf Verstöße gegen das Steuerrecht zurück.

Hier geht es vor allem um Steuerhinterziehung für Spekulationsgewinne. Zwar sind Gewinne für Privatpersonen nach einer Haltefrist von einem Jahr steuerfrei. Allerdings führt die hohe Volatilität der meisten Kryptowährungen zu erheblich kürzeren Handelsphasen und zu einer hohen Rate von nicht gemeldeten, steuerlich relevanten Profiten.

Regulierung schafft Abhilfe in begrenztem Umfang

Vor allem für Anbieter von Geschäftsmodellen, die auf Kryptowährungen basieren, wird das Eis dünner. Sie sehen sich in Europa einem regulativen Rahmen gegenüber, der kriminelle Auswüchse erheblich erschwert oder auch ganz unmöglich macht.

Auch Käufer und Verkäufer von Cybercoins agieren zunehmend nicht mehr im freien Raum. In vielen Ländern ist die Eröffnung eines Kontos auf einer Kryptogeld-Plattform mit der Vorlage des Personalausweises verbunden. Auch die international tätigen Börsen wie Kraken haben mittlerweile die Ausweispflicht eingeführt.

Dennoch bleibt noch genügend Freiraum für Akteure, die dunkle Absichten haben. Online-Handelsplattformen in Ländern ohne Rechtshilfeabkommen mit Deutschland bieten den Nutzern einen gewissen Freiraum. Diesen bezahlen die Investoren allerdings mit einem teilweise erheblichen Risiko: So manche Plattform in einem unregulierten Umfeld hat sich über Nacht in nichts aufgelöst – und mit ihr alle auf ihr deponierten Vermögen.

Rund 3,5 Milliarden Dollar lassen sich laut einer Untersuchung des Krypto-Analyseinstituts CipherTrace im Jahr 2020 mit kriminellen Machenschaften in Verbindung bringen. Das erscheint auf den ersten Blick als gewaltige Summe, die sich allerdings im Verhältnis zum Gesamtmarkt relativiert: Kriminelle Transaktionen stellen gerade einmal ein Prozent des gesamten Krypto-Handelsvolumens dar.