Krisenstimmung bei Zalando

Mehrere Hundert Arbeitsplätze gehen in nächster Zeit bei Mode-Onlinehändler Zalando verloren. Die Tatsache, dass darunter auch viele Managerposten in Führungsposition zu finden sind, belegt, wie tiefgreifend die strukturellen Probleme des E-Commerce-Pioniers sind. Wie bei vielen anderen Onlinehändlern zeigt sich nun auch bei dem Modeunternehmen die Ernüchterung nach den Sondereffekten der zu Ende gegangenen Pandemie.

Eine deutlich abgeschwächte Kauflaune nennen die Zalando-Chefs David Schneider und Robert Gentz in einem Schreiben an die Zalando-Belegschaft als Grund für den massiven Stellenabbau. Noch ist nicht öffentlich bekannt, um wie viele Kündigungen es sich handelt. Dass aber mehrere Hundert Mitarbeiter ihren Abschied nehmen müssen, gilt als gewiss.

Ernüchterung nach Sonderkonjunktur

Mit seinen rund 17.000 Mitarbeitern erlebte der Onlinehändler während der Corona-Pandemie drei äußerst erfolgreiche Jahre. Trotz Lockdown-bedingtem Boom beim Onlinehandel kamen die Zuwächse teilweise unerwartet: Da sich das öffentliche Leben auf dem Rückzug befand, war durchaus nicht abzusehen, dass die Verbraucher sich trotzdem aktiv mit neuer Kleidung ausstatten würden.

Dass dieses teilweise nicht nachvollziehbare Konsumverhalten und der daraus entstandene Absatzschub nicht ohne Folgen bleiben würde, belegt die aktuelle Situation. Offenbar haben sich viele Verbraucher während der Pandemie im Modebereich überversorgt, was die aktuelle Kaufzurückhaltung weiter befeuert.

Auch inflationäre Effekte drücken auf die Stimmung

Als weiteren Auslöser für den Absatzeinbruch sieht Zalando die Auswirkungen der Inflation auf das Konsumverhalten. Dabei geht es nicht in erster Linie um die direkten Effekte, also die Teuerungsraten bei Modeartikeln. Vielmehr sind es die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten, – allen voran bei Strom und Heizung –, die auf die Kauflaune schlagen.

Sich mit neuer Mode auszustatten, rückt auf der Prioritätenliste der Menschen einige Plätze nach hinten. Der Effekt wird wohl auch durch die vorhin erwähnten Sondereffekte beim Kaufverhalten während der Pandemie verstärkt. Nicht wenige Menschen dürften wenig oder gar nicht getragene Kleidungsstücke im Schrank hängen haben, die sie sich während der akuten COVID-19-Phase zugelegt haben.

Entwicklung seit Monaten absehbar

Dass sich das Blatt wendet, zeichnete sich bereits im Juni 2022 ab. Zu diesem Zeitpunkt kam es bereits zur ersten Abkehr von den ursprünglich gesetzten Absatzzielen. Konkreter wurde das Unternehmen dann bei der Präsentation der Quartalszahlen im November. Nun hieß es, dass die für 2025 gesetzten Umsatzziele wohl nicht erreicht werden könnten.

Offenbar hat sich die postpandemische Trendumkehr in den Monaten danach fortgesetzt, was schließlich zu dem jetzt verkündeten personellen Rückbau geführt hat. Dennoch versucht Zalando, mit der schmerzhaften Maßnahme die eigene Qualitätskultur nicht zu gefährden: So sollen die Filialen, die Kundenbetreuung und die Logistikzentren von Entlassungen verschont bleiben.

Zalando sieht den Stellenabbau als Gesundschrumpfung

Es sei ein harter, aber notwendiger Schritt, erklärt die Zalando-Führung in ihrem Mitarbeiterschreiben. „In den letzten Jahren haben sich einige Teile unseres Unternehmens zu sehr vergrößert, und wir haben ein gewisses Maß an Komplexität in unsere Organisation eingebracht, was unsere Fähigkeit, schnell zu handeln, beeinträchtigt“, heißt es in dem Brief.

Man sei noch nicht da, wo man sein müsse, daher sei entschlossenes Handeln erforderlich – so erklärt die Unternehmensführung die anstehenden Entlassungen. Das Unternehmen versucht offenbar, Dysbalancen zwischen Absatz und Ressourcen auszugleichen, denn die Basiszahlen lassen sich durchaus sehen. 

So bediente Zalando alleine im letzten Jahr in 25 Märkten über 50 Millionen Kunden. Im dritten Quartal 2022 wuchs die Zahl der Bestellungen auf über 58 Millionen an. Im gleichen Quartal stieg der Umsatz um drei Prozent auf etwa 2,35 Milliarden Euro. Dennoch explodierte der Verlust von 8,4 auf 35,4 Millionen Euro. Dieses Manko soll der nun anberaumte Personalabbau zumindest teilweise ausgleichen.