Karstadt und Kaufhof segeln bald unter neuer Flagge

Nach und nach werden sich aus vielen deutschen Städten zwei der wichtigsten Symbole des deutschen Nachkriegs-Wirtschaftswunders verabschieden: Die Schriftzüge der beiden größten Kaufhausketten, Karstadt und Galeria Kaufhof, weichen einem gemeinsamen, neuen Namen – Galeria. Gemeinsam mit dem neuen Markenauftritt sollen tiefgreifende strukturelle Änderungen den schleichenden Niedergang des deutschen Warenhauses aufhalten.

Das kürzlich veröffentlichte neue Logo visualisiert die radikale Neuausrichtung: statt der Markennamen in fetten Blockbuchstaben signalisiert eine stilisierte Blüte mit einem darin enthaltenen g die neue Richtung. Kontinuität vermittelt das darunter in Großbuchstaben platzierte Galeria.

Aufbegehren gegen ein sterbendes Geschäftsmodell

Nach Insolvenz, Zusammenschluss und Corona-bedingtem Schutzschirm wagt der Konzern nun den Neuanfang unter veränderten strukturellen Bedingungen. Nachdem 2020 62 der ursprünglich 172 Filialen den Betrieb einstellten, sollen die übrig gebliebenen Häuser nun ein neues Konzept der Warenhauses im dritten Jahrtausend auf den Weg bringen.

Dennoch bleiben Zweifel. Die Idee der Einkaufsstätte, die alles unter einem Dach vereinigt, war so lange tragfähig, so lange es nicht eine erheblich konsequentere Umsetzung dieses Gedankens gab: das Internet. Um das größte Kaufhaus des Planeten zu betreten, müssen Kund*innen nicht einmal mehr das Haus verlassen – das Einschalten des Computers oder Smartphones genügt.

E-Commerce macht das Kaufhaus teilweise obsolet

Kein noch so großes Kaufhaus kann mit dem Warenangebot gleichziehen, das der Onlinehandel bereit hält. Die physische Präsenz des Sortiments legt das größte Manko des Geschäftsmodells Warenhaus offen: Um ein reichhaltiges Sortiment zu präsentieren, sind Verkaufs- und Lagerflächen erforderlich – und die sind im innerstädtischen Bereich besonders teuer.

Das Kaufhaus kann nur einen kleinen Ausschnitt des tatsächlich verfügbaren Warenangebots darbieten, selektiert und zusammengestellt von Einkäufern, die der fast unlösbaren Aufgabe gegenüberstehen, den Geschmack des kaufkräftigsten Kundensegments vorauszusehen. Dass es hier zu starken Streuverlusten kommt, ist im Geschäftsmodell des Warenhauses quasi generisch enthalten.

Das hat bis zum Siegeszugs des Internets genügt, um Rekordumsätze zu generieren – die Konsument*innen hatten kein besseres Angebot. Nun sind neue Strategien gefragt, um der großen Verkaufsstätte im städtischen Bereich eine Zukunft zu geben. Galeria will genau das erreichen.

Massive Investitionen in die Neuausrichtung

Rund 600 Millionen Euro will das Unternehmen in die Hand nehmen, um alle verbliebenen Häuser Zug um Zug auf das neue Profil umzustellen. 400 Millionen Euro gehen dabei in die Renovierung, der Rest finanziert umfangreiche Umbaumaßnahmen.

Auch die Umstellung auf den neuen Markenauftritt verläuft sukzessive. Nach der offiziellen Präsentation des Logos bei der Eröffnung der Showcase-Filialen am 27. Oktober ersetzt das Logo die alten Schriftzüge jeweils im Rahmen der Renovierung, beziehungsweise des Umbaus der einzelnen Häuser. Die Namen Karstadt und Galeria Kaufhof werden also noch einige Jahre im Stadtbild präsent bleiben.

Drei Warenhaustypen geplant

Drei unterschiedliche Warenhauskonzepte sollen sich an die jeweiligen Bedingungen vor Ort anpassen: das Weltstadthaus, der regionale Magnet und das lokale Forum. Wie die Konzepte der drei Typen genau aussehen, war bisher nicht zu erfahren.

Details dürften bei der Eröffnung der drei Pilotfilialen in Frankfurt, Kassel und Kleve bekannt werden. Die unterschiedliche Größe der Städte lässt darauf schließen, dass das Unternehmen hier je einen Vertreter der drei Typen an den Start bringen wird.

Allen drei Warenhaustypen wird jedoch eines gemein sein: die Schaffung von Erlebnisinhalten. Das ist die stärkste Waffe, die der stationäre Handel gegen den Onlinehandel in Stellung bringen kann.