Jeff Bezos wird Astronaut in eigener Sache

Einen kräftigen Popularitätsschub für sein Raumfahrtunternehmen Blue Origin erhofft sich Amazon-Gründer Jeff Bezos von dem für den 20. Juli anberaumten Flug ins All. Auf dem will der engagierte Weltraum-Fan selbst mitfliegen, gemeinsam mit seinem Bruder Mark und drei weiteren Reisenden. Wer der sechste Mann oder die sechste Frau in der Kapsel sein soll, klärt sich in diesen Tagen.

Spötter kommentieren den geplanten elfminütigen Ausflug ins All als Ruhestandseffekt. „Rentner kommen auf die seltsamsten Ideen“, sagt dazu eine ungenannte Person aus dem persönliche Umfeld und bezieht sich damit auf den jüngst erfolgten Rückzug von Jeff Bezos aus der Amazon-Geschäftsführung.

Ein Kindertraum wird wahr

„Ins Weltall zu fliegen war mein Traum, seit ich fünf Jahre alt war“, beschreibt Jeff Bezos das anstehende Abenteuer. Diesen Traum will sich der Unternehmer nun gemeinsam mit seinem Bruder erfüllen, und sei es nur für etwa elf Minuten. Diese Zeit soll die Raumkapsel außerhalb der international festgelegten Grenze zum Weltall in 100 Kilometer Höhe – der Kármán-Linie – zubringen.

Eine Rakete des Typs New Shepard wird die Kapsel RSS First Step Crew Capsule in ihre Endposition bringen. Am Zielpunkt erleben die Astronauten einige Minuten völlige Schwerelosigkeit. Dann ist es auch schon wieder vorbei: Getragen von einem Bremsfallschirm wird die Kapsel in der texanischen Wüste eine sanfte Landung vollziehen.

Jeff Bezos und seine Crew betrachten den ersten bemannten Raumflug als Vorhaben mit kalkuliertem Risiko. Schließlich hat die Kapsel bereits 15 erfolgreiche Flüge über die 100-Kilometer-Grenze hinaus absolviert.

Auktion um den sechsten Platz vor dem Abschluss

Bis zum 19. Mai dauerte die Meldefrist für Interessenten, die sich online um den heiß begehrten letzten Platz in der Raumkapsel bewerben konnten. Seither läuft die Endphase der Auktion, in der die stärksten Bewerber gegeneinander antreten.

Am 12. Juni findet das Finale in Form einer live übertragenen Schlussauktion statt. Der Betrag, den der Sieger für seine Mitfahrgelegenheit bezahlt, fließt als Spende an den Club for Future, eine Organisation, die junge Talente für Karrieren im MINT-Bereich gewinnen will (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik).

Komplexe Teilnahmebedingungen

Für den Mitflug bewerben konnte sich nicht jeder oder jede mit den entsprechenden finanziellen Mitteln. Die Bewerber*innen mussten eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen, um Zugang zur Versteigerung zu erhalten. Grundvoraussetzungen waren unter anderem die Volljährigkeit, kein Eintrag auf Fahndungs- und Sanktionslisten und die Möglichkeit, legal zum Standort in Texas reisen zu können – was immer das auch bedeuten mag. Zudem mussten Bewerber die Hygienebedingungen im Rahmen der Corona-Pandemiebekämpfung erfüllen und eine Verschwiegenheitserklärung mit Haftungsverzicht unterzeichnen.

Das war allerdings nur die Vorstufe. Konkreter wurde es bei den Raumfahrt-bezogenen Kriterien, etwa einer Körpergröße zwischen 152 und 193 Zentimeter und einem Körpergewicht zwischen 50 und 101 Kilogramm. Auch die Konditionsanforderungen konnten sich sehen lassen: Die Treppen des sieben Stockwerke hohe Startturms mussten die Aspiranten in drei Minuten erklimmen. Daran schloss sich der Test in der Zentrifuge an. Hier mussten die Prüflinge zwei Minuten lang eine Beschleunigung von 3 g überstehen, gefolgt von einigen Sekunden bei 5,5 g.

Weitere Tests hatten zum Ziel, eventuelle Höhenangst oder Platzangst bei den Bewerbern auszuschließen. Auch die Blasenstärke spielte eine Rolle: 90 Minuten ohne Toilettengang waren Voraussetzung.

Schließlich ging es noch um den Zustand des Gehörs und ausreichende Englischkenntnisse, um die Funkkommunikation auch bei 100 Dezibel Umgebungsgeräusch aufrechterhalten zu können. Abschließend mussten die Aspiranten beweisen, dass sie den Raumanzug eigenhändig anziehen und sich damit auch über unebenen Boden bewegen können.

Auktionstermin mit Symbolkraft

Dass Blue Origin den Starttermin für die Auktion um den sechsten Platz in der Kapsel auf den 5. Mai legte, hatte seinen guten Grund. An diesem Tag vor 60 Jahren startete Alan Shepard als erster Amerikaner zu einem bemannten Flug ins All. Genau zehn Jahre später war es ebenfalls Alan Shepard, der mit Apollo 14 auf dem Mond landete.