Investorengruppe IIGCC: Fossiles Gas ist nicht nachhaltig

Die Gruppe Institutional Investors Group on Climate Change (IIGCC) hat in einem offenen Brief gefordert, fossiles Gas von der Liste nachhaltiger Investitionen zu streichen. Die Investorengruppe mit einem Anlegervermögen von insgesamt 50 Billionen Euro, ein Zusammenschluss mehrerer Vermögensverwaltungen und Pensionsfonds, warnt davor, dass die Einstufung zu viel Kapital in Anlagen lenke, die mit den europäischen Klimazielen nicht vereinbar sind.

Die aktuelle Liste nachhaltiger Investitionen der EU soll in Zukunft Erdgas und Atomkraft mit einschließen, wenn auch unter strengeren Kriterien. So ist die Nachhaltigkeit nur gegeben, wenn das Projekt noch umweltschädlichere Anlagen ersetzt und die Abgaswerte unter dem Branchendurchschnitt liegen.

Taxonomie unterläuft europäische Klimaschutzziele

Die Bewertungskriterien der Liste nachhaltiger Investitionen unterläuft nach Ansicht zahlreicher Experten und Investoren die von der EU gesetzten Klimaschutzziele, da sie auch Projekte unterstützt, die klimatechnisch ineffektiv, teilweise sogar kontraproduktiv sind. 

Die IIGCC fordert, die Taxonomie der Nachhaltigkeitsliste konsequent am Ziel Netto-Null-Emissionen auszurichten. Auch die Hinwendung zu wissenschaftlich basierten Bewertungskriterien gehört zum Forderungskatalog der mächtigen Investorengruppe.

Gas als Brückenlösung ungeeignet

Nach Sicht der IIGCC kann fossiles Gas die angedachte Rolle als Brücken-Energieträger zwischen Kohle und nachhaltigen Energiequellen nicht in dem Maß erfüllen, wie das in der Liste nachhaltiger Energien vorgesehen ist. Es dennoch in die Liste mit aufzunehmen, bezeichnet die Gruppe als irreführend.

Die Einbeziehung von Erdgas gefährdet die Glaubwürdigkeit der Nachhaltigkeitsliste als Ganzes, so die Investorengruppe. Auch das strategische Ziel, Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, werde dadurch untergraben.

„In einer Zeit, in der wir Klarheit brauchen, schafft die Einbeziehung von Gas einen wenig hilfreichen Präzedenzfall und verwirrt die Investoren, die das Richtige tun wollen”, meint dazu IIGCC-Geschäftsführerin Stephanie Pfeifer.

Meinungsbildung über Atomkraft noch nicht abgeschlossen

Die jetzt bekannt gewordene Positionierung der IIGCC gegen Erdgas hängt mit der großen Bedeutung dieses Energieträgers für die Mitglieder der Gruppe zusammen. Dennoch ist das Thema Atomkraft eigenen Aussagen zufolge noch nicht vom Tisch.

Die Frage der Einbeziehung von Atomkraft in die Liste der nachhaltigen Energien könnte in nächster Zeit zu einem Tagesordnungspunkt der Gruppe werden. Ob es allerdings tatsächlich dazu kommt, ist derzeit noch ungewiss.

„Grüne“ Atomkraft gerät zunehmend in die Kritik

Andere Organisationen sind bei ihrer Haltung zur Atomkraft als Posten auf der Liste nachhaltiger Investitionen schon erheblich weiter. So hat sich der Club of Rome unmissverständlich gegen die Aufnahme von Erdgas und Atomkraft ausgesprochen.

Nach Ansicht des Clubs, eines Zusammenschlusses renommierter Wissenschaftler, Ex-Politiker, Ökonomen und Unternehmerpersönlichkeiten, missachtet der Schritt vier Jahre strenger wissenschaftlicher und finanzieller Analysen, so Sandrine Dixson-Declève, Co-Präsidentin der Organisation. Es gehe darum, Kapitalströme von Stranded Assets und Greenwashing-Projekten hin zu CO2-armen und nachhaltigen wirtschaftlichen Alternativen zu lenken.

„Die Bestrebungen, Erdgas und Kernenergie als grün zu bezeichnen, da es sich um Übergangslösungen handelt, sind völlig irreführend“, sagt Sandrine Dixson-Declève. Gleichzeitig führt sie Beispiele aus anderen Wirtschaftszonen an. So habe China in seiner Taxonomie fossiles Gas ausgeschlossen und Südkorea Atomkraft.

Die Strategie der Europäischen Union, die eigenen Regeln für nachhaltiges Investieren zu konterkarieren, hat weltweit unter zahlreichen NGOs und Umweltorganisationen Bestürzung ausgelöst. So weist Greenpeace darauf hin, dass die Aufnahme von fossilem Gas in die europäische Nachhaltigkeitsliste dessen verheerende Wirkung auf das Klima noch weiter verstärken werde.

Auch die Aufnahme von Atomkraft ist laut Greenpeace ein Schritt in die falsche Richtung. Bis zum heutigen Tag gibt es keine langfristige Lösung für die Entsorgung von Atommüll. Dieses Manko mit einem grünen Siegel zu versehen, läuft den Klimazielen direkt zuwider.