Internationale Abkehr vom Sorgenkind Golden Globes

Die Zukunft des international bekannten Filmpreises der amerikanischen Auslandspresse, der Golden Globes, hängt am seidenen Faden. Massive Vorwürfe über Korruption und Rassismus in den Reihen der Ausrichter haben dem Preis bereits jetzt massiven Schaden zugefügt. Soll der Award noch eine Zukunft haben, sind grundlegende Veränderungen erforderlich.

Fahrt nahmen die Proteste gegen den Filmpreis zu Wochenbeginn auf, als Tom Cruise als Zeichen seiner Abneigung gegen die Handlungsweisen der Hollywood Foreign Press Association HFPA seine drei Golden Globes zurückgab. Damit legte der Skandal um die Machenschaften innerhalb des Presseverbands einen Gang zu.

Massive Proteste aus der Branche

Pikant ist die Aktion des Hollywood-Stars insbesondere unter dem Aspekt, dass Tom Cruise in seiner Funktion als Operierender Thetan (OT) seit Jahrzehnten das Aushängeschild von Scientology ist – eine Organisation, die Ausbeutung und Menschenverachtung zum Geschäftsgegenstand erhoben hat. Neben Tom Cruise, der seine Globes für die Filme „Geboren am 4. Juli“, „Jerry Maguire“ und „Magnolia“ zurückgab, ist nur einer von mehreren Stars, die Proteste gegen die Organisation anmelden, zusammen mit einer Reihe von Studios, Produzenten, Journalisten und Branchengrößen.

Ausgangspunkt der Protestwelle war ein Artikel in der Los Angeles Times. Darin wurden die Probleme innerhalb des Presseverbands, verbunden mit grundegenden strukturellen Defiziten, zum ersten Mal der Öffentlichkeit zugänglich.

Nominierung – nur gegen Cash

Ein zentraler Angriffspunkt ist die grassierende Korruption innerhalb der HFPA. Juroren mit Stimmrecht ließen sich nicht selten ihre Entscheidung, Filme oder Akteure zu nominieren, mit klingender Münze honorieren. Doch selbst bei einer regulären Nominierung war nach Angaben von Branchenkennern nicht viel gewonnen – viele Juroren weisen wenig bis gar keine Fachkenntnis auf. „Da war es schon besser, sich eine Nominierung zu kaufen“, berichtet ein nicht genannt werden wollender Insider.

Dass es beim Auswahlkomitee des Presseverbands qualitative Mägel gibt, war allerdings schon seit langem bekannt. Insbesondere in Verbindung mit der Bestechlichkeit zahlreicher Juroren entstand daraus ein Giftcocktail aus Inkompetenz und Korruption, der eine aussagekräftige und relevante Preisverleihung quasi unmöglich macht.

Golden Globes – der Club der weißen Männer und Frauen

Erst jetzt wurde bekannt, dass sich unter den 87 HFPA-Mitgliedern keine einzige dunkelhäutige Person befindet – und das bereits seit zwanzig Jahren. Diversity war und ist in dem Presseverband kein Thema, nicht einmal nach der Ermordung von George Floyd und der daraus entstandenen Debatte.

Der latente Rassismus innerhalb des Verbands erstaunt umso mehr, als eine Organisation, die die internationale Presse innerhalb der USA repräsentiert, im Grunde auch für alternative ethnische Hintergründe stehen müsste. Offenbar sieht sich der Auslandspresseverband ausschließlich als Vertreter weißer Länder.

Studios gehen auf Abstand

Eine Reihe großer Studios und Produktionsgesellschaften hat mittlerweile angekündigt, die Golden Globes nicht weiter zu unterstützen, darunter Warner Media, Amazon und Netflix. NBC, der Sender, der die Golden Globes seit den Neunziger-Jahren ausstrahlt und die HFPA über die Jahre hinweg mit rund 60 Millionen Dollar unterstützt hat, kündigte an, 2022 auf die Übertragung zu verzichten.

Seltsam ruhig bleibt es allerdings bei den Giganten der Branche wie Universal, Sony, Paramount und Disney. Proteste oder Boykott-Ankündigungen aus dieser Richtung waren bisher nicht zu vernehmen. Ob sich bei den Golden Globes tatsächlich etwas ändern wird, hängt vor allem davon ab, ob die Leuchtturm-Unternehmen Hollywoods eindeutig Stellung beziehen.

Bislang besteht für die einstmals glamourösen Awards nur wenig Hoffnung. Wenn HFPA-Präsident Philip Berk in einem für die Los Angeles Times bestimmten Artikel über die Black Lives Matter-Bewegung als “rassistische Hassgruppe” schwadroniert, fällt es schwer, für die Golden Globes eine positive Prognose abzugeben.